Babys und Tiere
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Die tierpsychologische Beraterin Verena Grünig erklärt im folgenden Interview, was werdende Eltern wissen müssen, wenn sie ein Haustier halten oder anschaffen wollen.

Wie können werdende Eltern ihr Tier auf die Ankunft eines Babys vorbereiten?

Am besten überlegen sie sich früh, was die Geburt des ersten Kindes für das Tier bedeutet. War der Hund oder die Katze für das Paar bis jetzt sein Ein und Alles, das nun plötzlich von seinem Thron gestossen werden wird? Gerade in diesem Fall ist es wichtig, das Tier gut auf die Veränderungen vorzubereiten. Wollen die werdenden Eltern zum Beispiel nicht, dass das Tier Zugang zum Kinderzimmer hat, sollte ihm dieser schon während der Schwangerschaft verwehrt werden. So kann sich der Hund oder die Katze allmählich an die neuen Regeln gewöhnen. Das Tier soll in dieser Zeit auch nicht speziell verwöhnt werden, mit dem Hintergedanken, nachher habe man nicht mehr viel Zeit für den Vierbeiner. Ganz im Gegenteil: Das Tier soll früh auf freundliche, aber bestimmte Art erfahren, dass es Zeiten gibt, zu denen nicht auf es eingegangen wird.

Wie erreicht man am besten, dass der Hund oder die Katze das Neugeborene akzeptiert?

Jetzt zahlt es sich aus, wenn man zusammen mit einem jungen Hund alle Gelegenheiten genutzt hat, ihn an Kinder und vor allem an Babys zu gewöhnen. Sicher schadet es auch nicht, ein vom Baby getragenes Kleidungsstück aus dem Spital mitzubringen, damit der Hund oder die Katze es beschnuppern kann.

Bei der Heimkehr habe ich unseren Tieren unser Baby jeweils immer ruhig und aus der Nähe gezeigt. Auch wenn die Tiere nicht jedes Wort verstehen, habe ich ihnen jeweils gesagt, dass das Kleine jetzt zu uns gehört. Es geht darum, dass sie diese Botschaft spüren. Wichtig ist, dass die Eltern beim ersten Zusammentreffen gelassen bleiben, da sich Nervosität auf das Tier übertragen kann.

Was können Tierhalter*innen tun, damit der Hund oder die Katze nicht eifersüchtig reagiert?

Für die Tiere ist es am einfachsten, wenn ihr gewohnter Alltag so gut wie möglich beibehalten wird. Wenn ein liebevoller Tonfall bis jetzt immer für das Haustier galt, ist es nicht verwunderlich, wenn es sich bei zärtlichen Worten der Eltern für ihr Baby angesprochen fühlt und sich vordrängt. Wie bei einem älteren Geschwister muss man sich bei der Ankunft eines Babys auch bei einem Tier in seine Situation versetzen. Damit es sich während der Babypflege nicht ausgeschlossen fühlt, hilft bereits ein freundlicher Blick, ein aufmunterndes Wort oder kurzes Streicheln. Auch wenn die jungen Eltern am Anfang oft müde sind – das Haustier hat es verdient, dass es zwischendurch volle Zuwendung erhält.

Warum sollen Eltern ihr Baby nie mit ihrem Tier allein lassen?

«Nicht nur Babys, sondern auch kleinere Kinder dürfen nie mit einem Tier allein gelassen werden! Bei jedem Klingeln an der Haustür muss daran gedacht und entsprechend gehandelt werden!»
Verena Grünig
Dipl. tierpsychologische Beraterin

Kinder und Tiere sind unberechenbar, schnell entstehen auch Missverständnisse. Kleine Kinder können schmerzhaft zupacken. Auch wenn ein Hund oder eine Katze den menschlichen Nachwuchs schnell ins Herz schliesst, dürfen Baby und Tier nie ohne Aufsicht zusammen sein. Ein schreiender Säugling kann insbesondere bei Hunden zuerst den Beschützerinstinkt wecken. Hört das Baby aber nicht auf zu weinen, ist das eine Stresssituation für den Hund und er könnte aggressiv reagieren.

Viele Kinder wünschen sich ein Haustier. Worüber müssen sich die Eltern vor der Anschaffung Gedanken machen?

Wenn sich nicht mindestens ein Elternteil für ein Tier begeistern lässt, rate ich von der Anschaffung ab. Tiere sind eigene Persönlichkeiten und nicht einfach ein Spielzeug für Kinder. Es ist eine grosse Aufgabe und Verpflichtung, ein Haustier möglichst artgerecht zu halten. Man muss sich über seine Bedürfnisse informieren, damit es seine angeborenen Verhaltensweisen so gut wie möglich ausleben kann. Die Tierhaltung bedeutet neben viel Freude auch Arbeit, Zeitaufwand und Kosten. Viele Tiere leben lange. Sie müssen auch dann gut betreut werden, wenn die anfänglich grosse Begeisterung der Kinder anderen Interessen Platz macht.