30. September 2022

Wenn das Becken aus der Balance gerät

Wenn das Becken aus der Balance gerät
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Das Becken bildet die elastische Schnittstelle zwischen dem oberen und dem unteren Teil des menschlichen Körpers. Verschiedene Ursachen können es in einen Schiefstand bringen.

Das Becken ist eine einflussreiche Zone im menschlichen Körper, es ist an verschiedenen Vorgängen beteiligt. Starke Muskeln sowie Bänder und Gelenke sorgen für die erforderliche Kraft und zugleich Beweglichkeit. Sie ermöglichen beispielweise das Joggen, Treppensteigen, Velofahren oder auch Tanzen. Auch der Schneidersitz sowie seine Steigerung, der Lotossitz, sind dank der grossen Flexibilität der Anatomie im Becken möglich. Im Weiteren ist es Sitz der Harnblase, der Geschlechtsorgane sowie eines Teils der Verdauung. Während der Schwangerschaft und der Geburt wird es ganz besonders gefordert.

Auswirkungen auf den Oberkörper

Seitlich befinden sich die Hüftgelenke, die das Gehen ermöglichen. Im Idealfall sind die beiden Gelenke in einer genau waagrechten Linie.

«Expertenschätzungen gehen allerdings davon aus, dass rund die Hälfte der Menschen ein leichtes Ungleichgewicht in der Position des Beckens aufweist.»
Adrian Zeller

In den meisten Fällen ist die Abweichung vom Idealzustand so gering, dass sie von blossem Auge nicht erkennbar ist. Zudem führt sie auch kaum zu Beschwerden.

Die Ursachen für einen Schiefstand sind sehr unterschiedlich. Dazu gehören etwa Differenzen im Wachstum. Bei vielen Menschen sind nicht beide Körperhälften absolut identisch entwickelt, es kann zu geringen Abweichungen in der Struktur der Knochen sowie der Muskeln kommen. Im Weiteren werden Körperhälften zum Teil beim Sport, bei der Arbeit, beim Sitzen und auf langen Autofahrten unterschiedlich gefordert. Auf diese Weise können sich mit der Zeit leichte muskuläre Spannungsunterschiede ausbilden, die sich auf die Position des Beckens auswirken. Zudem kann Bewegungsarmut die Muskeln und die Bänder mit der Zeit schwächen, sie können in der Folge ihre Halte- und Stützfunktion nur unzureichend ausführen: Das Becken wird nicht mehr in einer stabilen Position gehalten. Eine Ursache für einen Schiefstand sind auch unterschiedlich lange Beine. Oft beträgt die Differenz lediglich einige Millimeter. Die Auswirkungen sind kaum spürbar.

Anders dagegen ist dies bei einer ausgeprägten Abweichung von der Horizontallinie. Bei ihr wird die Statik speziell des Oberkörpers in Mitleidenschaft gezogen. Eine leichte Verkrümmung der Wirbelsäule sowie eine Spannungsdifferenz in den Rückenmuskeln sind mögliche Folgen.

Nackenverspannungen, Schulter- und Kopfschmerzen sowie Kieferprobleme haben gelegentlich ihre Ursache in einer leichten Fehlstellung des Beckens, weil dadurch die Statik des Körpers verzogen wird. Auch Knieprobleme können dort ihren Ursprung haben, indem die Kniegelenke unterschiedlich gefordert und belastet werden.

Muskeln aktiv halten

Ein Beckenschiefstand kann von der Ärztin oder dem Arzt auf unterschiedliche Weise diagnostiziert werden. Wenn die Abweichung zur Waagrechten gering ist, braucht es Röntgenaufnahmen oder andere bildgebende Verfahren. Auch Messungen der Beinlängen sind aussagekräftig.

Die Behandlung ist abhängig von den Beschwerden. Oft kann mit Physiotherapie eine Korrektur und ein Ausgleich in der Muskelspannung erreicht werden. Zudem kann je nach Situation eine Sohleneinlage oder ein orthopädisch angepasster Schuh eine Verbesserung bewirken. Bei ausgeprägten Formen des Schiefstandes kann eventuell mit einem chirurgischen Eingriff eine Verbesserung erreicht werden.

«Um einem muskulär verursachten Beckenschiefstand vorzubeugen, ist ausreichend Bewegung im Alltag wichtig.»
Adrian Zeller

Damit wird die Muskulatur immer wieder gefordert und trainiert und behält ihre Kraft und Beweglichkeit. Bei sitzenden Tätigkeiten sollte man immer wieder Pausen einlegen und sich bewegen. Flexible Sitzunterlagen, wie etwa ein Gymnastikball, sorgen beispielsweise beim Fernsehen dafür, dass die Muskulatur in ihrer Halte- und Stützfunktion trainiert wird.