08. Oktober 2020

Blind in die Nacht

Blind in die Nacht
Lesezeit ca. 4 min

Die Augen vieler Menschen vermögen in der Nacht zu wenig erkennen. Dies erhöht das Unfallrisiko massiv.

Nächtliche Sehstörung oder Nachglühen

Manche Menschen verlassen Geburtstagsfeiern oder andere gesellige Runden frühzeitig: Sie wollen noch bei Tageslicht zu Hause sein, denn die Dunkelheit bedeutet für sie erheblichen Stress. Tatsächlich sehen viele Menschen in der Nacht sehr schlecht.

Dies hat Folgen: Jeder dritte Verkehrsunfall ereignet sich in der Dämmerung oder in der Nacht. Kontraste sind dann weniger gut sichtbar, Distanzen lassen sich schlechter einschätzen. Fussgänger in dunkler Kleidung sowie schlecht oder nicht beleuchtete Velofahrer erhöhen das Unfallrisiko zusätzlich. Im Weiteren können auch vom Regen nasse Fahrbahnen und Autofenster die Gefahr erhöhen: Sie streuen das Licht, es blendet, dadurch kann die Sicht für Augenblicke eingeschränkt sein.

Um im Dunkeln die Dinge besser erkennen zu können, sind die Pupillen nachts weit geöffnet. Wenn dann plötzlich eine grosse Menge Licht auf die Netzhaut trifft, reagiert diese durch das Blenden überfordert. Es kann auch zum sogenannten «Nachglühen» kommen; damit sind kurze, geisterhaft wirkende Nachbilder gemeint, die das Klarsehen zusätzlich stören. Das Erkennen von Personen, Tieren oder Hindernissen ist in dieser Zeit kaum möglich. Verkehrsteilnehmer sind für einige Meter nahezu blind unterwegs.
Um wieder richtig sehen zu können, müssen die Sehzellen mit frischem Vitamin A versorgt werden – dies dauert einige Sekunden.

Gelegentlich kann die Sehfähigkeit mit einer Brille mit Spezialbeschichtung auf den Gläsern wieder erhöht werden, sie reduziert den Blendeffekt. Eine Sonnenbrille sollte man keinesfalls als Notlösung aufsetzen: Durch sie verschwinden die Kontraste, die räumliche Orientierung fällt schwerer.

Getrübte Linse

Bei eingeschränkter Sicht bei Tag und auch bei Nacht kann der Graue Star eine wichtige Rolle spielen. Nach 60 ist ungefähr die Hälfte der Bevölkerung von ersten Anzeichen dieser Linsentrübung betroffen. Da sie sich meistens sehr langsam entwickelt, bemerken viele Menschen die sich verschlechternde Sehfähigkeit lange nicht. Generell nimmt ab 50 die Sehfähigkeit in der Nacht bei fast allen Menschen altersbedingt leicht ab. Nach Schätzungen von Fachleuten sehen rund 12 Prozent der Menschen zwischen 50 und 59 in der Nacht nicht mehr genügend, um fahrtauglich zu sein. Ab 60 ist es ein Fünftel, ab 70 sind es 35 Prozent.

Mögliche Ursachen von Nachtblindheit

Neben der altersbedingten Reduzierung des Sehvermögens können verschiedene weitere Ursachen zu nächtlicher Seheinschränkung führen.

Verschiedene Gendefekte sind mögliche Gründe für die Nachtblindheit, für sie gibt es kaum Behandlungsmöglichkeiten. Im Weiteren können die Sehzellen auch durch die Zuckerkrankheit beeinträchtigt werden. In der Schweiz gelten rund 500 000 Personen als Diabetiker. Krankhaft verminderte Sicht in der Dunkelheit kann einerseits das ganze Gesichtsfeld betreffen, aber auch zu einem sehr eingeengten, röhrenartigen Blick führen. Auch Leber- sowie Darmerkrankungen sind weitere mögliche Auslöser: Durch sie kann der Organismus Vitamin A und Zink weniger gut aufnehmen – beide spielen beim Sehvorgang eine entscheidende Rolle.

Erhöhter Augeninnendruck, der zu Grünem Star führen kann, ist ebenfalls möglicher Auslöser für Nachtblindheit. Bei dessen Entstehung kann beispielsweise Bluthochdruck sowie Diabetes eine Rolle spielen.

«Oft muss die auslösende Grundkrankheit – wie Diabetes, Darmkrankheit oder Bluthochdruck – medizinisch angegangen werden, um das nächtliche Sehvermögen wieder zu verbessern.»
Adrian Zeller

Wenn man in der Dunkelheit immer weniger erkennen kann, ist ein baldiger Besuch des Augenarztes in jedem Fall sehr ratsam.