08. April 2020

Essen in Eile

Essen in Eile
Lesezeit ca. 8 min

Schnellgerichte sind praktisch und besonders beliebt sind gesunde Alternativen.

Essen unter Zeitdruck

Ganz offensichtlich ist unser Alltag von Leistungsdruck und Schnelligkeit geprägt. Während in früheren Zeiten die Hausfrauen und Köchinnen stundenlang am Feuer standen, um Mahlzeiten für die Familien zuzubereiten, bleibt dem modernen Menschen kaum Zeit zum Essen. Wir stehen unter Druck und müssen durch die Tage eilen.

Diesem Trend kommt die Lebensmittelindustrie mit immer mehr Schnellgerichten und Imbissbuden entgegen. Das Wort Mahlzeit sagt es bereits deutlich. Es ist aus zwei Wörtern zusammengesetzt, aus dem Mahl und der Zeit. Essen muss der Mensch, aber Zeit dafür haben wir heute kaum mehr. Niemand muss sich mehr mit Gemüse rüsten, mit langen Kochzeiten und aufwändigen Zubereitungen abmühen. Nur Freizeitköche, die mit Leidenschaft ihrem Hobby nachgehen, kochen hin und wieder ganz slow. Diese gebräuchlichen Ausdrücke sind aus dem Englischen übernommen worden: slow für langsame, traditionelle Zubereitung und Fast Food für die Schnellgerichte. Das sind Massenprodukte, die für den schnellen Verzehr bestimmt sind.

Während man sich früher zu festgelegten Zeiten zusammen an einen Tisch zum Essen setzte, isst der moderne Mensch im Stehen, Gehen, auf dem Reiseweg in der Bahn oder während der Arbeit vor dem Bildschirm. Gemütliches Essen auserlesener Speisen im sozialen Kontakt mit Freunden oder Familie ist nur noch am Wochenende und im Urlaub möglich. Die Schnellgerichte sind deshalb nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken. Typischer Vertreter dieser Essgewohnheiten sind die Hamburger oder gebratenen Hühnerflügel, Fisch und Chips oder Pommes frites.

Es waren die Amerikaner, die mit der Grossproduktion von Fast Food begannen und diesen Ernährungstrend nach Europa brachten. Seit den sechziger Jahren hat sich dadurch die Ernährungskultur nachhaltig verändert; und ohne die schnelle Art, sich zu verpflegen, können wir nicht mehr auskommen. Aber wie jeder Modetrend ist auch dieser immer in Entwicklung und passt sich den Lebensgewohnheiten und Vorlieben der Menschen an.

Bild eines Fast-Food-Drive-Ins aus den Fifties

Alte Geschichte: Fast Food seit der Antike

Schnellgerichte sind nicht so neu, wie wir das vielleicht annehmen. Bereits in der Antike und über alle Jahrhunderte hinweg gab es mal mehr oder weniger Fastfood im Angebot.

«Aus der Literatur der alten Griechen und Römer wissen wir, dass es auf den Märkten Essbuden gab, die Fertiggerichte feilboten. Diese waren zwar noch nicht in Massen industriell hergestellt, aber können doch als Vorläufer der heutigen Schnellgerichte bezeichnet werden.»
Judith Dominguez

Auch die Archäologen bestätigen das; denn sie fanden in verschiedenen alten, ausgegrabenen Städten solche Überreste von Imbissstuben.

Das französische Bistro ist ursprünglich ebenfalls zu dieser Kategorie zu zählen. Das Wort kommt nämlich aus dem Russischen und heisst nichts anderes wie schnell. Man nimmt an, dass russische Soldaten im Befreiungskrieg gegen Napoleon in Eile waren und nach schneller Bedienung mit dem Wort «bystro» gerufen haben.

Hochkonjuktur nach Zweitem Weltkrieg

Nach dem zweiten Weltkrieg begannen die ganz grossen Fast-Food-Ketten sich auf der ganzen Welt zu verbreiten. Es war eine Zeit des Aufbruchs, des Aufbaus und der Hochkonjunktur. Die Industrien blühten und die Arbeiter mühten sich in Fabrikhallen und auf Baustellen ab. Da die wenigsten Arbeitnehmenden in ihren Betrieben sich in einer betriebseigenen Kantine verpflegen konnten, waren die Fast-Food-Ketten besonders für ein schnelles Mittagessen geeignet. Hastig wurden die fertigen Gerichte in den Lagerhallen heruntergeschlungen, um nicht unnötig Zeit zu verlieren. Die Laufkundschaft war entsprechend gross, und wo sich viele Menschen aufhielten, wurden weitere Imbissbuden mit Schnellgerichten aufgemacht. Die Stände wurden besonders an Bahnhöfen, auf dem Markt oder an Häfen eröffnet.

Wandel durch Reisen und Fernseher

Hinzu kam der Trend zum Reisen. Erst in den Sechzigerjahren verfügten auch die weniger gut Verdienenden über genug finanzielle Ressourcen, um sich eine Ferienreise zu gönnen. Da Restaurantbesuche teuer sind, gehörten die neuen Touristen zu den Kunden der Schnellimbissbuden. Während es in früheren Zeiten unanständig war auf der Strasse zu essen, wurde diese Gewohnheit zur gesellschaftlichen Norm.

Ausserdem eroberten in dieser Zeit die Fernseher die Stuben. In vielen Familien ass man nicht mehr am Tisch, sondern sah während den Mahlzeiten fern. Auch für diese Gewohnheit eigneten sich Fertiggerichte, die man auf dem Heimweg von der Arbeit noch schnell einkaufte. Da in dieser Zeit auch die Anzahl Einpersonenhaushalte zunahmen und viele den Aufwand für sich allein zu kochen scheuten, wich man auf Fertigprodukte aus. Man kann deshalb davon ausgehen, dass das Angebot an Fast Food unsere Nahrungskultur nachhaltig veränderte.

Bild einer Familie aus den Sechzigern, die einen Röhrenfernseher aufstellt

Ungesunde Anfänge

Die in der Industrie hergestellten Massenprodukte waren, in der Anfangszeit alles andere als gesund. Schnelligkeit war das Ziel und die Gesundheit blieb unbeachtet. Die Speisen trieften geradezu von ungesunden Fetten. Während in der traditionellen Küche gekocht wird, frittierte man die schnellen Speisen.

Im späten 19. Jahrhundert wurde Fish and Chips in England sogar zum Nationalgericht, mindestens bei den finanziell schwächeren Gesellschaftsschichten. Bis heute beliebt sind Pommes frites, die mit billigem Fritieröl vollgesogen sind. Ganz offensichtlich veränderten sich die Vorlieben, von gekochten Speisen zu den Gebratenen.

Fertiggerichte bestanden hauptsächlich aus industriellen Fertig- oder Halbfertigprodukten.

«Sie enthielten viele Zusatzstoffe zur Konservierung und Geschmacksverstärker. Kein Wunder, dass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Problem Übergewicht in vielen europäischen Ländern zum Gesundheitsproblem Nummer eins wurde.»
Judith Dominguez

Über Jahre wurden die vielen ungesunden Fast Foods dafür verantwortlich gemacht.

Zunehmendes Gesundheitsbewusstsein

Die Menschen heute hingegen sind sehr viel gesundheitsbewusster geworden. Die Kundschaft wünscht sich nach wie vor eine schnelle Verpflegung, ja sie ist geradezu darauf angewiesen. Die Mittagspausen sind kurz und die traditionellen Hausfrauen, die es sich leisten können in der Küche zu stehen und für die Kleinen gesunde Mahlzeiten auf den Tisch zu zaubern, sind rar geworden. Der Schnellimbiss soll gleichzeitig aber auch vollwertig und gesund sein. Der Kunde will schnell mit gesunden Produkten versorgt werden. Den Inhaltsstoffen und Produktionsweisen wurde plötzlich grosse Beachtung geschenkt.

Das hat die Grosskonzerne zu einem Umdenken veranlasst.

«Um dem schlechten Ruf, dickmachende Produkte anzubieten, entgegen zu wirken, kamen Lightprodukte auf den Schnellimbissmarkt.»
Judith Dominguez

Diese boten allen, die Angst vor dem Zunehmen haben, eine Alternative. Damit war die Rückbesinnung auf eine gesunde Schnellernährung jedoch noch lange nicht abgeschlossen.

Bild gesunder Take-Away-Gerichte

Mehr Gemüse, weniger Zucker

Es ist heute ein klarer Trend weg von Fertigprodukten mit Fleisch zu beobachten. Inzwischen gehören Salate, fertig zubereitet, die bequem im Zug oder am Bürotisch verzehrt werden können, zum Standard.

Die Globalisierung und die damit verbundenen, Völkerwanderung brachte eine Fülle von fremdländischen Fertiggerichten nach Europa. Chinesische gebratene Nudeln mit Gemüse zum Beispiel oder türkische Bides. Alle diese Fertiggerichte, auf die wir in unserem hektischen Alltag nicht verzichten wollen, haben zu einem vielfältigen und vor allem gesünderen Angebot von Fast Food geführt.

In den letzten Jahren versuchen die Hersteller von Fast Food, ihren Produkten weniger oder gar keinen Zucker mehr zuzusetzen. Zucker dient sowohl als Geschmacksverstärker als auch als Konservierungsmittel. Ein wahrlich positiver Trend, der hoffentlich in den nächsten Jahren zu noch gesünderen Fertigprodukten führen wird.