30. September 2022

Gehirnerschütterung erkennen und behandeln

Gehirnerschütterung erkennen und behandeln
Lesezeit ca. 4 min

Eine Gehirnerschütterung tritt meist als Folge eines Sturzes auf und zählt zu den häufigsten Kopfverletzungen. Sportler*innen sowie Kinder sind von dieser Art von Verletzung besonders häufig betroffen. Die Diagnose ist selbst für Fachpersonen nicht immer einfach zu stellen. Klar ist: Eine Gehirnerschütterung ist keine Bagatelle.

Diagnose nicht einfach

Bei Zusammenstössen oder Schlägen auf den Kopf bietet die Schädeldecke einen gewissen Schutz von aussen vor Hirnverletzungen. Doch eine heftige Erschütterung, wie zum Beispiel bei einem Unfall oder einem Sturz, kann dazu führen, dass das Gehirn, das in der Hirnflüssigkeit schwimmt, von innen an den Schädelknochen prallt. Dadurch können Schwellungen und Blutungen im Gehirngewebe entstehen. In der Fachsprache spricht man von einem Schädel-Hirn-Trauma. Solche gravierenden Verletzungen sind in einem Computertomogramm gut zu erkennen.

«Bei einer Gehirnerschütterung, die leichteste Form eines Schädel-Hirn-Traumas, sind in der Regel keine Verletzungen des Gehirns zu erkennen. Das Computertomogramm einer verletzten Person sieht also aus wie jenes eines gesunden Menschen.»
Susanna Steimer Miller

Bei einer Gehirnerschütterung kann es aber zu kleinsten Verletzungen der Nervenzellen kommen, die für den Informationsaustausch im Gehirn verantwortlich sind. Einzelne Nervenzellen können sogar abreissen. Für eine Diagnose stützt sich die Ärztin oder der Arzt auf das Gespräch und verschiedene Untersuchungsmethoden, wie zum Beispiel die Messung des Blutdrucks, der Körpertemperatur oder auf ein EKG. Beurteilt wird auch, ob die verunfallte Person klar im Kopf ist und zum Beispiel weiss, ob es Morgen oder Nachmittag ist.

Wann zum Arzt

Nach einem Kopfstoss begeben sich längst nicht alle in medizinische Behandlung.

Symptome einer Gehirnerschütterung

Wer bei einem solchen Unfall einen kurzen Moment bewusstlos wird, verwirrt ist, Erinnerungslücken hat, an Übelkeit leidet oder erbricht, starke Kopfschmerzen, Schwindel oder Lähmungen hat, sollte die Verletzung nicht auf die leichte Schulter nehmen und eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Diese Empfehlung gilt auch, wenn Wesensveränderungen und anhaltende Gedächtnis- und Sprachstörungen auftreten. Bei einer schweren Gehirnerschütterung sind auch epileptische Anfälle möglich.

Für die Diagnosestellung einer Gehirnerschütterung ist die Einschätzung der medizinischen Fachperson wichtig. Manche Betroffenen werden während 24 Stunden im Spital beobachtet, um bei Komplikationen wie inneren Blutungen schnell reagieren zu können. Diese treten zwar selten und meist innerhalb eines Tages auf, können aber gefährlich sein. Eine Blutung muss chirurgisch versorgt werden.

Langsame Regeneration

Mikroverletzungen nach einer Gehirnerschütterung können den Gehirnstoffwechsel über Tage und manchmal sogar über Wochen verändern. Betroffene sollten sich in der ersten Zeit nach dem Unfall ausruhen und nicht überfordern. Gegen Kopfschmerzen hilft ein Schmerzmittel.

«In der Regel heilt eine Gehirnerschütterung nach ein bis zwei Wochen ab.»
Susanna Steimer Miller

Fünf Prozent der Verunfallten sind selbst drei Monate nach einer Gehirnerschütterung noch arbeitsunfähig. Sie empfinden einen Druck im Kopf, leiden häufig an Kopfschmerzen, haben Gedächtnisstörungen und können sich schlecht konzentrieren. Manche brauchen viel Schlaf und Ruhe, andere schlafen schlechter als vor dem Unfall.

Langzeitfolgen

Ob jemand auch Monate nach einer Gehirnerschütterung noch an den Folgen leidet, hängt davon ab, ob kleinste Blutungen oder andere Verletzungen in der Anfangsphase übersehen wurden. Psychische Faktoren spielen ebenfalls eine gewisse Rolle.

Bei Langzeitpatientinnen und -patienten kann sich eine Rehabilitation, die auch ein Fitnesstraining einschliesst, positiv auf die körperliche und geistige Belastbarkeit auswirken. Heilung ist also möglich und wahrscheinlich.

Bei Menschen, die häufig eine Gehirnerschütterung erleiden, wie zum Beispiel Boxer*innen, kann es langfristig zu einer Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit kommen. Im Extremfall kann durch viele heftige Schläge auf den Kopf eine Demenz entstehen.