Der Körper scheidet über die Nieren, die Haut und über weitere Organe regelmässig schädliche Stoffe aus. Auch die Psyche muss sich von Zeit zu Zeit entlasten können.

Gefühle sind ansteckend

«Ich ertrug meinen Mann immer weniger», erzählt Bettina Fisch (Name geändert). «An allem hatte er etwas auszusetzen.» Ihre Ermahnungen, nicht ständig eine schlechte Stimmung zu verbreiten, fruchteten wenig. Die Situation in der Ehe spitzte sich mehr und mehr zu. Wutentbrannt warf die temperamentvolle Bettina Fisch ihrem Mann an den Kopf, er solle endlich aufhören, ständig seinen Frust an ihr abzureagieren, sie sei nicht sein Blitzableiter. «Mit seinem permanenten Genörgel verunsicherte er mich immer mehr. Ich merkte, wie er mir mit der Zeit die ganze Unbeschwertheit nahm.» Schliesslich war die Beziehung so zerrüttet, dass eine Trennung unausweichlich schien. Nachträglich wurde deutlich, dass sich der Mann damals in einer Lebenskrise befand.

«Gefühle und Stimmungen wirken sehr ansteckend, Begeisterung kann sich leicht übertragen, aber auch Frustration und Trauer.»
Adrian Zeller

Die Wissenschaft vermutet, dass spezialisierte Zellen im Gehirn wie ein Resonanzinstrument funktionieren; sie werden als Spiegelneuronen bezeichnet. Was Personen in ihrer Umgebung an Gefühlen und an Verhaltensweisen wahrnehmen, spielt sich in abgeschwächter Form in ihrem Gehirn ab. Dies verdeutlichen Theater und Film, gute Schauspieler*innen bewirken, dass das Publikum emotional mit ihnen mitgeht. Doch bei den Gefühlslagen anderer gilt die bewährte Regel: Allzu viel ist ungesund.

Optimismus wird untergraben

Ist der Alltag aus viel Leid von Mitmenschen geprägt, kann dies mit der Zeit die Stimmung untergraben. Wenn beispielsweise Schmerzen, Krankheit, Medikamente, Spitalaufenthalte nahezu das einzige Gesprächsthema sind, kann dies mit der Zeit die Lebensfreude beeinträchtigen. Auch ständige Klagen, böswillige Gerüchte sowie Lästereien bewirken mit der Zeit eine pessimistische Grundhaltung.

Wie aus der Forschung bekannt ist, können beispielsweise Burn-out-Betroffene auf ihr Umfeld am Arbeitsplatz sehr ansteckend wirken. In einem fortgeschrittenen Stadium äussern sich ausbrennende Menschen oft sarkastisch oder gar zynisch. In ihrer Verbitterung versprühen sie eine Art mentales Gift, indem sie sich über vieles abschätzig und entwertend äussern. Sie können sich über nichts mehr freuen und bringen sich kaum mehr konstruktiv ein. Ihr ständiges Schlechtreden kann die Personen in der Umgebung mit der Zeit demotivieren.

Menschen lassen sich durch die Meinung anderer weit mehr beeinflussen als viele annehmen. Ein Beispiel: Man schwärmt bei Bekannten von einem Restaurant, das man kürzlich besucht hat. Doch während des Gesprächs kommen einem immer mehr Zweifel auf, ob das Essen in der Gaststätte tatsächlich so toll war. Denn die Bekannten bringen einige kritische Einwände vor, so soll etwa das Preis-/Leistungsverhältnis nicht überzeugen. Und die Wartezeit auf das Essen dauere viel zu lang. Der Service sei zu wenig freundlich. Die eigene positive Sichtweise schwächt sich zugunsten einer sehr kritischen Beurteilung ab. Ständige Negativkommentare wirken verunsichernd.

Die Gründe für übermässiges Genörgel sind vielfältig: Neid und Missgunst sind mögliche Motive, im weiteren Frustration, die sich ein Ventil sucht. Neben einem — vorher erwähnten — Burn-out-Syndrom kann auch eine Depression eine destruktiv verzerrte Weltsicht bewirken. Die Aufmerksamkeit fixiert sich vermehrt auf das Fehlerhafte und das Enttäuschende.

Negativmeldungen führen zu Stress

Wie die Forschung zeigt, werden durch zahlreiche negative Informationen und Kommentare vermehrt Stresshormone ausgeschüttet. Unangenehme Meldungen signalisieren dem Organismus Gefahr, er baut eine erhöhte Grundspannung auf.

Mögliche Folgen von Dauerstress und fehlender Entspannung sind Herz- und Kreislaufbeschwerden, Kopf-, Nacken-, Rückenschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Schlafstörungen, chronische Müdigkeit, Hautprobleme sowie erhöhte Ängstlichkeit, Konzentrationsprobleme, Gereiztheit und übermässiger Konsum von Alkohol und von Medikamenten.

Stresshormone reduzieren zudem die Widerstandskraft gegen Krankheitserreger. Wissenschaftler haben im Blut von entspannten und optimistisch eingestellten Personen eine erhöhte Menge von Abwehrzellen gegen Krankheitskeime nachgewiesen, bei Pessimisten war sie deutlich geringer.

Die Massenmedien veröffentlichen häufig Meldungen von Erdbeben, Wirbelstürmen, Terroranschlägen und Flüchtlingselend. Diese nahezu tägliche Portion an beunruhigenden Neuigkeiten beeinflusst die allgemeine Befindlichkeit. Wie eine Untersuchung in den USA zeigte, beurteilen Menschen, die häufig Medien konsumieren, ihre Umgebung als wesentlich unsicherer als Personen, die kaum Nachrichtensendungen verfolgen. Der Geist und die Psyche verhalten sich ähnlich wie der Bauch: Manches liegt schwer auf, einiges verdirbt den Appetit und weiteres ist nur schwer verdaulich. Durch die Nachrichtensendungen kann sich der Eindruck verfestigen, auf der Welt herrschten Gewalt, Flüchtlingselend und Umweltkatastrophen vor.

Denkmuster positiv beeinflussen

So wie man auf bekömmliche und nährende Speisen achtet, sollte man auch den Kopf und das Herz einigermassen ausgewogen und gesund ernähren, und nicht wahllos und unbeschränkt Medien konsumieren. Zum Ausgleich der beunruhigenden Negativmeldungen ist es wichtig, immer wieder die Schönheit der Natur, der Musik und der bildenden Kunst zu erleben. Zudem wirken Kontakte zu wohlwollenden, gut gelaunten und wertschätzenden Personen entspannend und bereichernd. Angenehme Beziehungen sowie wohltuende Erlebnisse sorgen dafür, dass die Welt als vielfältig und nicht nur von ihrer schwierigen Seite wahrgenommen wird.

Das Gehirn besteht aus rund 100 Milliarden Zellen, sie kommunizieren untereinander mit 100 Billionen Verbindungen. Wie Forscher festgestellt haben, entwickeln sich oft benützte Verknüpfungen zu einer Art Datenautobahn. Dagegen verkümmern wenig beanspruchte Leitungen. Mit anderen Worten:

«Eingefahrene Denkmuster und Haltungen lassen sich nicht unmittelbar verändern, geduldiges Üben bringt Erfolg.»
Adrian Zeller

So wie man keimende Pflanzen hegt und pflegt, sollte auch die innere Freude regelmässig kultiviert werden, damit sich negative Grundhaltungen nicht zu sehr verfestigen.

Neben seinem bewussten Gedächtnis verfügt der Mensch auch über ein unbewusstes Erinnerungszentrum, das vor allem Gefühlserfahrungen speichert. Wenn es immer wieder mit wohltuenden und erfreulichen Erfahrungen angereichert wird, stabilisiert sich eine positive und optimistische Grundstimmung.

Denkmuster ändern – drei Übungen

Positives aktiv wahrnehmen

Positives aktiv wahrnehmen

Eine einfache Übung, um negative Denkgewohnheiten zu verändern, sind tägliche Notizen über angenehmen Erfahrungen: beispielweise eine freundliche Verkäuferin, ein duftender Blumenstrauss oder ein toller Song im Radio. Durch die Notizen werden die positiven Eindrücke intensiver gespeichert. Man kann sie später immer wieder nachlesen.
Negatives ausatmen

Negatives ausatmen

Eine weitere Technik, um negative Einflüsse auf den Geist — etwa Verletzungen, dumme Gerüchte und Frustrationen und so weiter — abzumildern ist, sie auszuatmen. Man stellt sich vor, dass sich alles Negative im Brustraum ansammelt und von dort über die Nase nach aussen abgegeben wird. Im nächsten Schritt werden der Körper und der Geist in der Fantasie von einem hellen Licht durchflossen, das sie von Altlasten reinigt.
Vorstellungskraft nutzen

Vorstellungskraft nutzen

In einer anderen mentalen Technik benutzt man die Vorstellung, der Körper sei von einer reflektierenden Schutzhülle umgeben, die alles Negative zurückwirft. In der Fantasie kann man sich auch einen Blumengarten im Herzen anlegen, den man hegt und pflegt. Dadurch werden unangenehme Einflüsse und Erfahrungen abgeschwächt und die Freude wird kultiviert.