Der Verlust des Geruchssinns vermindert die Lebensqualität und kann gefährlich sein.

Steigt uns der Duft von frisch gebackenem Brot in die Nase, bekommen wir Appetit. Riechen wir bei einem Waldspaziergang den feuchtmodrigen Boden, entspannt sich unsere Seele. Riechen wir Rauch, vermuten wir einen gefährlichen Brand in unserer Nähe. Gerüche gehören wie selbstverständlich zu unserem Leben, und nur zu oft schenken wir ihnen zu wenig Beachtung. Doch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist der Geruchssinn in unser Bewusstsein gerückt. So selbstverständlich ist das Riechen-Können also doch nicht.

Wichtiges Riechorgan

In unseren Nasenhöhlen liegen diejenigen Zellen, mit denen wir riechen können. Das sind besondere Nervenzellen, die Duftmoleküle wahrnehmen und einen entsprechenden Nervenimpuls ans Gehirn, genauer gesagt an den Hippocampus und ans limbische System, weiterleiten.

Das ist deshalb so besonders wichtig, weil eben dort unsere Erinnerungen und Emotionen verankert sind. Düfte sind von hohem emotionalem Wert. Riechen wir beispielsweise frisches Stroh, erinnern wir uns plötzlich wieder an die schönen Aufenthalte auf dem Bauernhof unserer Kindheit. Mithilfe von Düften lassen sich schöne innere Bilder in uns wecken, die mit Wohlgefühl und Geborgenheit verbunden sind.

«Was immer wir riechen, weckt Erinnerungen und Gefühle.»
Judith Dominguez

Unangenehme Düfte warnen uns vor einmal erlebten Gefahren oder vor verdorbenen Lebensmitteln. Gerade bei traumatischen Erlebnissen bleibt nicht selten der Duft als wichtigste Erinnerung in unserem Gehirn bestehen und ruft beim wieder Riechen die Schreckensbilder erneut hervor. Der Geruch ist in diesem Fall ein Trigger für Flashbacks.

Geht der Geruchssinn verloren, fehlt uns nicht nur die Orientierung, was gut oder nicht gut für uns ist, sondern auch die Freude über Wohlgerüche.

Aromen und Nuancen

Bei gewissen Produkten ist das Aroma das ausschlaggebende Markenzeichen. Beim Wein zum Beispiel. Kenner können beim Degustieren feinste Nuancen unterscheiden. Ebenso bei gustatorischen Beurteilungen von Käsesorten. Die Gerüche werden in einem Aromarad festgehalten, welches aus verschiedenen Kategorien zusammengesetzt ist. Es gibt tierische Aromen wie der Geruch nach Leder, milchige, fruchtige, blumige, geröstete, würzige oder pflanzliche Aromen. Mithilfe dieser Einteilung bilden Fachleute Geruchsprofile, mit denen sie Lebensmittel, Kosmetika oder andere Duftstoffe beschreiben.

Unser Leben wird rund um von Düften begleitet, eine eigene Welt von Sinneseindrücken gleich dem Seh- oder Gehörsinn. Fehlt dieser, ist das ein grosser Verlust und eine Einbusse an Lebensqualität.

Ursachen von Riechstörungen

Wer nicht sehen kann, ist blind und wer nichts hört, taub.

«Für das Nicht-Riechen-Können jedoch gibt es keine Bezeichnung. Vielleicht, weil wir dem Riechen schlicht zu wenig Wert beimessen.»
Judith Dominguez

Doch «riechblind» oder «riechtaub» zu sein, schränkt das Lebensgefühl erheblich ein.

Es gibt unterschiedliche Ursachen für einen Riechverlust. Das können virale Infektionen sein, chronische Entzündungen, Veränderungen im Riechepithel oder Hirnschädigungen.

Ist der Verlust vollständig, bezeichnen Fachleute das als Anosmie.

Ein langsamer, teilweiser Verlust des Geruchssinns ist mit zunehmendem Alter ebenso häufig wie die Abnahme der Sehkraft oder der Hörfähigkeit. In diesem Fall spricht man von einer Dysosmie, einer teilweisen Riechstörung.

Behandlung von Riechstörungen

Die Behandlung von Riechstörungen ist schwierig, es sei denn, man kann die Ursache heilen.

Hilfreich sollen Riechtrainings sein, auch bei Menschen mit Long Covid. Man schnuppert regelmässig an intensiv riechendem Material, wie zum Beispiel an einer frischen Zitrone, und soll so die Riechfähigkeit verbessern können. Weitere Behandlungsmöglichkeiten werden derzeit noch erforscht.