Gesunde Kalorienfallen?
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Inzwischen kennen wir sie alle, die Gesundheitskampagne «Fünf am Tag», die uns zum regelmässigen, genügenden Konsum von Früchten und Gemüsen animieren will. Wenn man sich daran orientiert, kann man ja gar nichts falsch machen – oder vielleicht doch?

Können Gemüse oder Früchte wirklich «Sünde» sein? Zu dieser meiner Einstiegsfrage meint Cornelia Eiberli, Drogistin und Ernährungsberaterin: «Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass alles, was in der Natur wächst, nicht ‘schlecht’ sein kann; wenn die Produkte frisch und reif sind, enthalten sie auch nicht so viel Zucker. Was uns die Natur schenkt, würde ich nicht einschränken.»

Früchte seien dabei eher in der Diskussion als Gemüse, würden oft ein bisschen «verteufelt» wegen vieler Kalorien und viel Fructose (Fruchtzucker); man vertrage sie schlecht, Smoothies mit vielen Früchten seien ungesund und anderes mehr.

Ganze Früchte, nicht nur Saft

«Fakt ist, dass uns Früchte sehr viele Antioxidantien und die ganzen Vitamine liefern – und wenn man sie als Ganzes verwertet, sind auch die gesamten Ballaststoffe mit enthalten. Klar lässt der enthaltene Fruchtzucker den Blutzuckerspiegel ansteigen; je nachdem, wie viele und welche Smoothies man trinkt oder vorgefertigte Säfte, die nur aus gepressten Früchten bestehen. Solche Produkte sättigen auch nicht, haben viel zu viel Zucker und Kohlenhydrate.

Ein selber gemachter Smoothie hingegen, der die gesamten Bestandteile der Früchte und Gemüse enthält – und beispielsweise angereichert ist mit Gerstengras- oder Spirulinapulver und Samen – ist dickflüssig und sättigt viel besser, dank der Ballaststoffe. Das steht in keinem Vergleich zu einem Fertigsaft und ist durch die Kombination der verschiedenen Komponenten auch besser verdaulich.»

Frisch, reif, saisonal und regional …

Auch der oft zitierte Glykämische Index (gibt an, wie schnell ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt) sei für die meisten Früchte relativ gut, «insbesondere bei  frischen, reifen Früchten, die den Zucker eher abbauen. Die Werte etwa für Weissbrot sind im Vergleich deutlich schlechter. Ich empfehle eine grössere Fruchtmahlzeit am Tag, natürlich nicht fünf Portionen Früchte, die Menge ist auch entscheidend. Weil Früchte viel Wasser enthalten, eignen sie sich sehr gut als Frühstück, wenn die Entgiftungsprozesse noch im Gange sind; oder als Zwischenmahlzeit.»

… und die Alternativen?

«Wenn es nicht anders geht, sind Tiefkühlprodukte die bevorzugte Alternative, weil sie so gut wie frisch geerntet sind.

«Ganz anders sieht es bei Dosenfrüchten aus: Diese sind in aller Regel gezuckert und so stark bearbeitet, dass auch die Ballaststoffe fehlen – also besser darauf verzichten.»
Cornelia Eiberli

Durch den Wasserentzug haben auch Trockenfrüchte viele Kalorien. Als Powersnack vor dem Sport sind sie aber der perfekte ‚Energiebooster’, insbesondere Feigen und Datteln; sie liegen nicht auf und haben viele Ballaststoffe. Auch als kleine Zwischenmahlzeit oder Zutat im Müesli oder beim Kochen – einfach in Massen – spricht nichts dagegen. Aber bei Verdauungsproblemen wegen Fructose und bei Diabetikern ist Vorsicht geboten.»

Gilt auch fürs Gemüse

Das bisher Gesagte lässt sich eins zu eins aufs Gemüse übertragen, so Cornelia Eiberli weiter: «Klar haben gewisse Gemüse mehr Kalorien als andere, etwa die Avocado. Aber weil der Gemüsekonsum sowieso oft eher (zu) niedrig ist, rate ich hier dazu, sich quer durch die ganze farbige Vielfalt durchzuprobieren, um seine persönlichen Favoriten zu finden. Wertvoll ist insbesondere Gemüse, das reich an Ballaststoffen ist: etwa Wurzelgemüse, das unter dem Boden wächst. Auch hier stehen regional und saisonal im Vordergrund, möglichst reif – und in verschiedenen Farben für die Antioxidantien.

«Zudem sind fermentierte Gemüse sehr interessant; sie bauen Kohlenhydrate ab.»
Cornelia Eiberli

Bei viel Abwechslung gibt es bezüglich Kalorien auch kaum Vorbehalte. Ein ganz anderes Thema sind die Zubereitungsarten: Viel Fett beim Anbraten, viel Öl auf dem Ofengemüse, Frittieren, Panieren, reichhaltige Dips und Saucen, Mayonnaise – da liegen die wahren Kalorienfallen!»

Ann-Brita Dähler