«Wer hat an der Uhr gedreht?», ist ein Spruch des rosaroten Panthers Paul. Er trifft den Nagel auf den Kopf: Über vier Jahrhunderte ist es nun her, dass die damalige «Deutsche Apotheke» in Bern ihre Pforten öffnete und den Bürger*innen als Anlaufstelle für Gesundheitsfragen diente. Zusammen mit Dr. Stefan Fritz drehe ich an der Uhr und begebe mich auf eine Zeitreise, die ihresgleichen sucht.
Im Jahre 1571, in dem Baumeister Daniel Heinz den Weiterbau des Berner Münsters in Angriff nahm, wütete die Pest in ganz Europa, auch in Bern. Vier Jahre zuvor, nach dem Tod des da- maligen Immobilienbesitzers, dem Ratsherrn Hans Frisching, verkaufte seine Witwe das Gebäude an die Stadt. Warum es vier Jahre dauerte, bis diese hier die «Deutsche Apotheke» eröffnete, kann ich Ihnen nicht sagen. Heutzutage fungieren wir als Rathaus Apotheke vorwiegend als Dienstleistungsunternehmen und somit als erste Anlaufstelle, wenn es um gesundheitliche Erstabklärungen geht.
Jean Monier war der erste Rathaus Apotheker und stellte mit seinen Rezepturen eigene Arzneimittel her. Drei Jahre später, im Jahr 1574, ereilte ihn der Tod unerwartet. Ob dieser auf eine Quecksilbervergiftung zurückzuführen ist, ist nicht erwiesen. Was die Namensgebung angeht, kann ich nichts Genaueres sagen. Allerdings bestand nicht unweit der deutschen Apotheke eine welsche Apotheke. Dank der zentralen Lage musste die Konkurrenz aber kaum gefürchtet werden. Trotzdem war wohl der Wunsch nach Abgrenzung Grund für die damalige Bezeichnung.
Samuel Wyttenbach (1650–1724) aus der Wyttenbach-Dynastie gab den Bau eines Eckhauses im Barockstil in Auftrag. 1824 kam unter Carl Friedrich Morell eine neue Einrichtung hinzu, die heute noch in Gebrauch ist. Erwähnenswert ist der Rundbogen mit venezianischem Fenster an der Frontseite. Auch die Holzvertäfelung der Fenster geht in diese Zeit der Neugotik zurück und ist ein weiteres Zeugnis unserer geschichtsträchtigen Entwicklung.
Das Museum ist chronologisch geordnet. Darin befinden sich Gegenstände, die teils aus eigenem Bestand Einzug ins Museum fanden. Teilweise stammen sie aus Auflösungen verschiedener Apotheken oder es sind Zukäufe, die ich von Zeit zu Zeit tätige. Wer hierherkommt, kann sich auf eine Zeitreise durch die Jahrhunderte begeben und die Entwicklung von Behältnissen wie Flaschen, Töpfen oder Mörsern, aber auch von technischen Geräten wie Apothekerwaagen bewundern. Zudem gibt es Informationen über das Gebäude, die Pharmazie im Allgemeinen und zur Entwicklung des Apothekerberufs.
Der Beruf des Apothekers galt ursprünglich als klassischer Lehrberuf. Früher waren wir noch Hersteller verschiedener Arzneimittel. Wenn Sie während unserer Anfänge um 1571 Apotheker werden wollten, mussten Sie Lateinkenntnisse vorweisen und nach abgeschlossener Lehrzeit und Jahren der Wanderschaft verschiedene Prüfungen ablegen. Erst danach wären Sie berechtigt gewesen, Ihre eigene Apotheke zu eröffnen. Die Lehrzeit betrug zu der Zeit drei bis fünf Jahre. Im 15. Jahrhundert war der Beruf des Apothekers in der Gesellschaft nicht hoch angesehen.
Das änderte sich im 16. Jahrhundert durch die Entwicklung der Naturwissenschaften und dem Besuch der Hochschulen ab dem 19. Jahrhundert. Die ersten Apotheken-Verordnungen entstanden, durch die es den Apothekern untersagt wurde, Diagnosen zu stellen. Im Umkehrschluss durften Ärzte keine Medikamente abgeben. Die Vorschriften zur Herstellung und Abgabe von Arzneimitteln waren im Arzneibuch geregelt. Ebenso wenig durfte der Apotheker eine Droge durch eine andere ersetzen.
Heute umfasst der Beruf Apotheker*in ein Hochschulstudium von fünf Jahren und entwickelt sich immer mehr vom Arzneihersteller und Logistiker zum Gesundheits-Dienstleister. Diesen Wandel haben wir nach meiner Auffassung der industriellen Herstellung von Arzneimitteln zu verdanken. Eine wichtige Aufgabe, welche uns in der heutigen Zeit als Apotheker*innen zunehmend übertragen wird, ist die der medizinischen Grundversorgung, das heisst: Erkennung und Behandlung häufiger Gesundheitsstörungen.
Neben einer Führung durch das Museum gab es einen Festakt, der unter strengsten Corona-Massnahmen durchgeführt wurde. Zudem produzierten wir einen filmischen Rückblick zur Geschichte und gaben anlässlich des Jubiläums eine Festschrift heraus. Für unsere Kunden und Geschäftspartner gab es einen Tag der offenen Tür. Unsere Schaufensterauslagen haben wir dem Anlass entsprechend dekoriert.
Das Feuer in mir lodert jeden Tag aufs Neue. Es ist ein spannender, abwechslungsreicher Beruf; der gesunde Mix aus Naturwissenschaften, Medizin und Unternehmertum, der mich seit 1994 antreibt. Zudem bin ich davon überzeugt, dass wir nicht trotz, sondern da allen Innovationen den Spagat zwischen Historie und modernem Berufsbild hinbekomm haben und darauf stolz sein können.
Es erfüllt mich mit einer gewissen Ehrfurcht und überträgt mir Verantwortung. Ich verspür eine Fürsorgepflicht gegenüber meinen Mitarbeitenden und natürlich auch gegenüber der Apotheke. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, die geschichtsträchtige Apotheke nich verkommen zu lassen und demzufolge in eine überlebensfähige Zukunft zu führen. Daneb geht es auch darum, möglichst viel des histo rischen Bestands zu erhalten.
Zudem befinde ich mich auf den «letzten Metern zur Pension». Es wäre schön, wenn ich das Zepter an eine*n Nachfolger*in übergeb könnte, der/die die älteste noch bestehende Apotheke der Schweiz als solche am Leben erhält.
Tatsächlich war unsere Apotheke Mitte des 19. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert hinein eine homöopathische Apotheke und auch als solche deklariert.
Heute ist die Vielfalt an homöopathischen Mitteln und Tinkturen eher in unserem Museum verewigt. Wir sind jetzt als universelle Apotheke bekannt.
Ein wichtiger Aspekt ist sicher der, dass früher die Arbeit im Vergleich zum Material günstig war. Heute ist es umgekehrt. Dazu kommt das zunehmende Preisdumping. Demzufolge steht der Aufwand selbst produzierter Heilmittel heutzutage in keinem Verhältnis zu den Tarifen, die wir als Apotheker*innen verlangen können.
Ein weiterer wesentlicher Grund für eine derartige Entwicklung sind die Ärztinnen und Ärzte: Während diese früher noch lernten, Magistralrezepturen zu verordnen, weiss heute kaum noch eine*r, wie das vonstattengeht. Einerseits ist es sicher dem Lauf der Zeit zu verdanken; andererseits finde ich es durchaus schade. Es ist neben einer Fertigkeit auch eine Qualität des Handwerks der Pharmazie, welche zunehmend verloren gehen.
Hier sind wir genau an dem Punkt, den ich vorhin angesprochen habe. Dank der modernen Technik ist der Logistiker nicht mehr abhängig von einer Apotheke vor Ort. Die Aufgabe der Apotheke als Grundversorger, die neben der Kundenberatung und -betreuung auch eine Dienstleistung an den Patienten erbringt, kann eine Online-Apotheke keineswegs vollumfänglich erfüllen. Unbestritten kann die Logistik rationalisiert werden; ich bin aber fest davon überzeugt, dass eine Online-Apotheke einer handelsüblichen Apotheke niemals das Wasser reichen kann. Demzufolge mache ich mir um die Zukunft der Vor-Ort-Apotheken keine Sorgen.
Indem ich neben meinem Beruf weitere abwechslungsreiche Tätigkeiten pflege: Zum einen bin ich Mitglied eines Gesangsvereins, zum anderen pflege ich Freundschaften und entschleunige, indem ich mein Arbeitspensum Schritt für Schritt reduziere.
Bedingt durch eine Schulteroperation ist mein letzter Arztbesuch nicht allzu lange her. Er diente der Nachkontrolle. Sonst fühle ich mich gesund.
In folgendem Punkt stimme ich Ihnen zu: Das Thema der ausgewogenen Ernährung erhält zunehmende Aufmerksamkeit. Wer denkt, durch einseitige Ernährung gesund bleiben zu können, verfällt meiner Meinung nach einem Irrglauben. Ich bin kein Verfechter einer einseitigen Ernährung, wie beispielsweise der veganen. Wenn Menschen auf Nahrungsergänzungsmittel oder Zusatzpräparate zurückgreifen müssen, um wichtige Nährstoffe zu erhalten, kann diese Ernährungsform aus meiner Sicht nicht förderlich sein. In unseren Beratungen zum Thema Ernährung empfehlen wir unseren Kund*innen stets die ausgewogene Variante.
Meiner Auffassung nach besteht die ausgewogene Ernährung unter anderem aus Proteinen, langsam verwertbaren Kohlenhydraten und wenig Zucker.