Sind die Eltern stark, sind es auch die Kinder: Gemäss diesem Motto ermuntert Nancy Glisoni in Kursen, sich mit sich selber auseinanderzusetzen und in der Erziehung Neues auszuprobieren. Sie lädt ein, Ratgeberbücher zur Seite zu legen und auf die innere Stimme zu vertrauen.
Dies hat meiner Ansicht nach mit Scham zu tun: Man schämt sich, wenn es in der Erziehung nicht nach Vorstellung, nach Plan klappt. Denn die Annahme, dass man Erziehung können muss und selber hinkriegt, ist verbreitet.
Erziehungskurse für Hunde sind tatsächlich gefragt. Ich nehme momentan ebenfalls an einem solchen Kurs teil (lacht). Wir haben einen Welpen.
Sie hat meist mit dem eigenen Anspruch zu tun, dass man es besser als die Eltern machen will. Und die haben das ja auch ohne Kurs hingekriegt. Doch die Erkenntnisse über Erziehung haben sich verändert. Es gibt den gesellschaftlichen Konsens, dass ein Klaps auf den Po oder das Kind im Zimmer einzusperren, alles andere als in Ordnung ist. Viele Eltern wollen neue Wege finden.
Ein Obligatorium finde ich nicht sinnvoll. Vielmehr hoffe ich, dass es selbstverständlich wird, einen Vorbereitungskurs für Eltern zu besuchen – wie ja auch Kurse, die auf die Schwangerschaft vorbereiten, salonfähig geworden sind. In einem Elternkurs bereiten sich Paare auf ihre neue Rolle vor: als Mutter, als Vater. Wird man Eltern, können Dinge aus der eigenen Biografie aktuell werden: Wie man seine eigenen Eltern erlebt hat. Was war gut, was will ich auch so machen – was anders?
Genau. Ein Kurs schafft den Raum und Rahmen, sich seiner Bedürfnisse, Vorstellungen, Ansprüche und Werte bewusst zu werden und sie einander mitzuteilen.
Man muss nicht zwingend einen Kurs absolvieren. Ist man offen und bereit, sich zu hinterfragen, Dinge auszuprobieren, sich mit anderen auszutauschen und stets dazuzulernen, ist dies ein gleichwertiger Weg.
Es ist Gold wert zu erfahren, dass auch andere Eltern Knackpunkte haben. Dies relativiert Zweifel an sich selber. Man setzt sich mit sich selber auseinander: Wie und warum gerate ich an Grenzen? Wie gehe ich mit dem Gefühl um, überfordert zu sein? Teile ich meine Bedürfnisse mit? Auf welche Art?
Das Verhalten gegenüber dem Kind ist eng verwoben mit eigenen Mustern, mit eigenen Erfahrungen. Reflektion über sein eigenes Erziehungsverhalten ist eine Auseinandersetzung mit sich selber. Im Austausch mit anderen Eltern und aufgrund der fachlichen Inputs eröffnet sich ein Feld an neuen Möglichkeiten, die man ausprobieren kann. Es gilt, den eigenen stimmigen Weg zu finden.
Nein, das liegt mir fern. Es gibt immer mehrere Möglichkeiten. Die Gruppe erarbeitet zum Beispiel in Rollenspielen Vorschläge. Möglich, dass man zwanzig verschiedene Dinge ausprobiert, bis man das Stimmige findet.
Ein Klassiker ist das Zubettbringen. Eltern wollen zum Beispiel, dass die Kinder ab einer gewissen Zeit schlafen. Doch dies zögert sich um Stunden heraus und ein Elternteil schläft schliesslich neben dem Kind ein. Das ist frustrierend, weil man ja auch Zeit für sich und als Paar möchte.
Wir betrachten die unterschiedlichen Bedürfnisse, auch jene des Kindes nach Nähe und Aufmerksamkeit. Und erarbeiten Vorschläge, wie man den Abend gestalten könnte: mit entsprechenden Ritualen und klarer Kommunikation in Form von Abmachungen.
Es ist wertvoll, als Elternteil mit sich selber in Kontakt zu sein, sich zu spüren und darauf zu achten, dass man nicht auf dem letzten Zacken läuft. Man kann lernen, seine Gefühle wahrzunehmen, anzunehmen. Dazu gehören auch unangenehme wie Wut.
Eine Wutecke einrichten. Mit Boxsack, in den der Betroffene reinhauen kann. Mit Bällen, die Wütige werfen können, um sich abzureagieren. Eine solche Wutecke kann man mit den Kindern gestalten. Sie ist für alle da. So lernen Kinder, dass Wut sein darf und abreagiert werden kann. Und den Eltern tut das auch gut – es verhindert, dass sie unnötig austicken.
Mittlerweile kommen meist Vater und Mutter. Viele Väter sind interessiert, sich in die Erziehung einzubringen. Zudem ist man als Eltern ein Team. Beide sind wichtig, und es ist unerlässlich, dass es zwischen beiden spielt. Darum ist es wichtig, dass sie sich regelmässig für Gespräche und Nähe Zeit nehmen.
Niemand wird als Mutter oder Vater geboren. In diese Rolle wächst jemand hinein, indem er jeden Tag bereit ist, sich auf die Beziehung zum Kind einzulassen und Neues zu lernen.
Es ist wichtig, das Kind dort abzuholen, wo es ist; im Dialog und Austausch mit ihm zu sein. Ihm mit klarer Kommunikation Halt und Orientierung zu geben, nachvollziehbar zu sein. Zentral ist zudem, ihm das Grundgefühl zu vermitteln, dass es angenommen und geliebt wird. Und es Erfahrungen machen lassen, ihm etwas zutrauen. So hat es Vertrauen in sich und in die Welt.
Auch Humor finde ich wichtig. Über sich lachen, dann kann man oft auch mit den Kindern lachen. Oder den Alltag spielerisch angehen, dann wird alles leichter und fröhlicher. Und lässt man die Fünf mal grade sein, macht dies das Leben einfacher.
Wenn gegenseitige Nähe da ist, man im Dialog und Austausch ist, Konflikte benennen und klären kann. Und wenn die Eltern auch im Erwachsenenalter Teil des Lebens eines Kindes bleiben.