Es braucht nicht viel, um sich einen grünen Kraftort zu schaffen. Hat man das Potenzial seines Balkons erstmal erkannt, ist bereits der wichtigste Schritt getan. Wer dann beherzt ans Werk geht, kann es zwischen Blüten und Blattwerk finden: das Paradies!
Die Nähe zur Natur tut gut, körperlich wie seelisch. Der Blick ins Grüne entspannt und erdet, lässt Alltagssorgen verblassen. Immer mehr Menschen haben Sehnsucht nach Mutter Natur. Kein Wunder, liegen Waldbaden und Gärtnern im Trend. Allerdings ist der nächste Wald manchmal fern. Und längst nicht jeder hat das Glück, einen eigenen Garten zu besitzen.
Was viele aber haben, ist ein kleiner Balkon. Schaut man sich in den Städten allerdings um, muss man oft leider feststellen: Etliche Balkone fristen ein Dasein in grünloser Tristesse und werden zur Abstellfläche von Gerümpel degradiert. Dabei hat selbst ein Zwei-Quadratmeter-Balkon das Potenzial zum Paradies. Und wer will darauf schon verzichten?
Will man aus seinem Balkon einen lebendig grünen Kraftort machen, muss man zunächst den Tatsachen ins Auge sehen: Nicht jeder Begrünungswunsch lässt sich erfüllen.
Wenn Bepflanzung und Möblierung fertig sind, dann nichts wie los mit dem «Kraft tanken im Privatparadies». Doch: Einfach nur dasitzen und nichts tun? Damit sind viele von uns völlig überfordert. Die (digitale) Ablenkung im Alltag ist mittlerweile unser ständiger Begleiter: Hier ein Klingeln, da ein Piepsen … und schon springen wir auf. Aber sind wir mal ehrlich: Den Stress machen wir uns häufig selbst. Wer Entspannung und innere Balance sucht, sollte sich regelmässig Auszeiten gönnen – und auch den Müssiggang auf dem Balkon kultivieren!
Längst ist wissenschaftlich bewiesen, dass das Beobachten von Fischen im Aquarium einen positiven und beruhigenden Einfluss auf unseren Körper hat. Unter anderem wird dabei der Blutdruck gesenkt. Warum sollte das beim Abtauchen in den Mikrokosmos auf dem Balkon anders sein? Statt Fische beobachtet man eben Insekten – und das sogar an der frischen Luft.
Wer sich auf das Abenteuer «grünes Balkonien» einlässt und ganz genau hinschaut, dem tun sich wahre Wunderwelten auf. Der Natur im Rhythmus der Jahreszeiten zuzusehen, ist und bleibt ein Faszinosum. Flora und Fauna bringen einfach Erstaunliches hervor. Und je näher man heranzoomt, desto fantastischer wird diese Welt.
Die wahre Schönheit liegt dabei oftmals im Detail, zum Beispiel in Blumensamen. Wer sich die Mühe macht, nach der Blüte Samen zu sammeln, wird erstaunt sein ob der Vielfalt der Winzlinge, in denen das Leben programmiert ist. Das Sammeln hat übrigens nicht nur den Vorteil, dass man im nächsten Jahr wieder selbst säen kann. Lichtgeschützt in Tütchen verpackt und in einen Briefumschlag gesteckt, sind sie ein wunderbares Geschenk für Freunde.
Mein eigener Balkon – Südseite, mitten in der Stadt – ist gerade mal zweieinhalb Quadratmeter gross. Wahrlich nicht viel, könnte man meinen. Aber Sie werden erstaunt sein, wie viele Pflanzenarten bei mir gedeihen: nicht fünf, nicht zehn, über 20! Das ist sozusagen mein persönlicher Beitrag zur Biodiversität. Das meiste wächst in Kästen, die an einer schmiedeeisernen Brüstung hängen. Einiges gedeiht aber auch in Töpfen direkt auf dem Boden.
So manche winterharte Pflanze begleitet mich mittlerweile seit Jahren. Darunter ein Weisser Lavendel, eine Nelke in Pink und die Montbretie mit leuchtend roten Blüten. Edelwicke, Pfirsichsalbei und Elfenspiegel gehören ebenfalls zu meinem Standardsortiment. Sie duften einfach betörend! Genauso wie mein Löwenmäulchen, das (zumindest für mich) so herrlich nach Kaugummi – nach Kindheitserinnerung – riecht.
Im letzten Sommer zog erstmals eine schwarzäugige Susanne auf meinen Balkon. Ehrlich gestanden habe ich die orange blühende Kletterpflanze nur ihres Namens wegen gekauft. Den haben wir schliesslich gemeinsam. Sie gedieh prächtig und erwies sich als Glücksgriff, in doppeltem Sinn: Mir bot sie eine ununterbrochene Blütenpracht, den Insekten an der Hauswand eine beachtliche Fläche als Nektarquelle und Unterschlupf. Entsprechend tummelte sich dort vieles, was kreucht und fleucht: Bienen, Hummeln, Schwebfliegen, Gammaeulen (Nachtfalter), Kleine Füchse (Schmetterlinge), Ohrenkneifer, Marienkäfer …
Je mehr man Insekten beobachtet und über sie weiss, desto verbundener fühlt man sich ihnen. Wenn sich zum Beispiel eine Biene mühsam in die Blüte des Schlangenkopfs zwängt, möchte man ihr fast dabei helfen. Ein Kraftakt, der aber nur sichtbar wird, wenn man die Nähe nicht scheut. Ein Balkon liefert zig solch kleiner und grosser Geschichten. Und sensibilisiert dafür, was wir in der Hektik des Alltags sonst nicht wahrnehmen. Zum Beispiel den «Wind», den die Blaue Holzbiene macht, wenn sie mit sattem Sound vorbeifliegt. Ein riesiger Brummer mit schwarzem Pelz und schimmernd blauen Flügeln.
Am meisten haben es mir die grasgrünen Heupferde angetan. Zum einen hielten sie den Pflanzen die Blattläuse vom Leib, zum anderen waren sie (standort-)treue Gesellen. Das ganze Jahr über habe ich verfolgt, was sie so treiben. Sofern ich sie überhaupt ausfindig machen konnte, denn trotz ihrer Grösse (rund 6 cm lang) sind sie Meister der Tarnung. Wenn man jedoch ihre Gewohnheiten kennt, kommt man ihnen schnell auf die Schliche: Die Blätter der Duftnessel, so stellte sich heraus, waren ihr Lieblingsort, um abzuhängen und zu chillen. Dabei zuzuschauen, war wiederum für mich Entspannung pur. Mal ehrlich, wer braucht da noch ein Aquarium?