Davon träumen viele Menschen: über viele Jahre eine stabile, erfüllende Liebesbeziehung zu leben. Wie gelingt es, so lange ein Dream-Team zu bleiben – ohne dass es, mangels vermeintlich besserer Alternativen, ein fauler Kompromiss ist?
Meine erste längere Beziehung hat sechs Jahre gedauert; während der Zeit des Übergangs vom Jugendlichen zum Erwachsenen. Jahr für Jahr staunte ich, dass wir nun schon so lange zusammen waren. Das erste Mal so lange!
Meine vorherigen Beziehungen dauerten jeweils ein paar Monate. Das erste Mal war es nun, dass ich mich auf mein Gegenüber ganz und gar einliess. Auf Widersprüche. Auf das Wagnis, Dinge zu gestehen. Alles war dabei: Romantik und rote Rosen. Ernüchterung und Enttäuschung. Versöhnung, Verlobung.
Zur Hochzeit und zur erträumten Familie hat es nicht gereicht. Mit Matura und Studium entfernten wir uns, obwohl noch immer sehr verbunden. Als ich mich für ein Studienjahr in Italien entschied, wussten wir beide: Das bedeutet das Ende.
Obwohl sich unsere Wege trennten, denke ich dankbar an sie zurück: an die Liebe und Wärme, die sie mir schenkte. Sie half mir, weiter an die lange und grosse Liebe zu glauben.
Denn die lange, die noch längere Liebe – sie kam. Mittlerweile sind es einundzwanzig Jahre. Mehr als zwei ganze Jahrzehnte: So lange lebe ich nun in einer Liebesbeziehung.
Ein Wunder. Denn die Beziehungen, die ich als Kind von aussen miterlebte, vermittelten mir das Gegenteil:
Mein grösster Wunsch ans Leben: eine liebe- und respektvolle Beziehung führen. Faule Kompromisse gehe ich nicht ein. Lieber alleine als schlecht begleitet. Einer miserablen Beziehung ziehe ich das teilweise Unbehagen des Single-Daseins vor.
Wie ist es möglich, so lange beieinander zu sein, miteinander im Leben unterwegs zu sein? Ohne sich auf die Nerven zu gehen? Wie pflegt man liebevollen Umgang miteinander – auch wenn sich Marotten, Ecken, Kanten zeigen? Und der Alltag meist nicht voller Glitzer und Glamour ist? Wie glückt es, dass eine Beziehung nicht chronisch wird: dass man trotz latenter Unzufriedenheit die Beziehung weiterlaufen lässt, nur weil beide Angst vor Einsamkeit haben?
Werner Bartens weiss das. Der deutsche Mediziner und Autor hat sich eingehend mit dem Zauber auseinandergesetzt, der lange Beziehungen ausmacht. Er ist Autor zahlreicher populärer Sachbücher. In zwei davon setzt er sich mit Liebesbeziehungen auseinander: «Was Paare zusammenhält» sowie «Lob der langen Liebe». Seine Bücher haben gemäss eigenen Angaben eine Auflage von einer Million Exemplaren erreicht und sind in vierzehn Sprachen übersetzt worden.
Verflixt ist nicht das siebte Jahr – sondern das vierte, wie Werner Bartens im Interview verrät.
Ab fünf Jahren. Dann spreche ich von langer Liebe. Im negativen Fall von chronischen Beziehungen.
Die eineinhalb Jahre am Anfang einer Beziehung sind meist von einem High an Glücks- und Bindungshormonen geprägt, besonders Oxytocin und Dopamin. Man will ständig beieinander sein. Sich anfassen. Zusammen ins Bett. Die Konzentration dieser wahnsinnig guten Stoffe lässt jedoch kontinuierlich nach.
Meist nach etwa vier Jahren. Dann gehen viele Beziehungen auseinander. Man sollte daher eher vom verflixten vierten statt vom verflixten siebten Jahr sprechen.
Neugierig aufeinander bleiben, sich wirklich für den anderen interessieren. Genügend Freiräume für eigene Interessen lassen.
Dann ist es wichtig, nicht zu mauern und sich nicht zurückzuziehen. Zudem hilft manchmal die akute Freundlichkeitsattacke.
Statt zu schmollen, viel Zuwendung und Aufmerksamkeit für den anderen aufbringen – das wirkt Wunder!
Wenn das imaginäre Beziehungskonto halbwegs ausgeglichen ist. Also wenn keiner das Gefühl hat, dass es immer auf seine Kosten geht. Wenn man heiter und munter zusammen sein und gemeinsam lachen kann. Es also nicht darum geht, Punkte gegeneinander zu sammeln. Dass die kapitalistische Verwertungslogik nicht Einzug gehalten hat, nach dem Motto: Was habe ich davon?
Man macht etwas Schönes, Wohltuendes für den anderen – einfach so.
Und: Wir grinsen und lachen gemeinsam. Sind heiter und munter unterwegs.