Lebensmittelallergien  – das kann gefährlich werden
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Von einer echten Lebensmittelallergie sind etwa fünf Prozent der Schweizer Bevölkerung betroffen. Die Symptome reichen von einem Hautausschlag über ein Anschwellen der Schleimhäute im Mundbereich, Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Atemnot oder gar einem allergischen Schock.

Lebensmittelallergie oder -unverträglichkeit?

Im Falle einer Nahrungs- oder Lebensmittelallergie betrachtet das körpereigene Immunsystem bestimmte Bestandteile der Nahrung als «Feind». Die Folge ist eine überschiessende Reaktion des Immunsystems, die im schlimmsten Fall sogar lebensbedrohlich sein kann.

Im Gegensatz dazu treten Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Intoleranzen sehr viel häufiger auf. Rund 30 Prozent der Bevölkerung verträgt gewisse Lebensmittel nicht. Dies liegt meist daran, dass bestimmte Enzyme im Darm fehlen, wodurch eine geregelte Verdauung verhindert wird. Oft äussern sich Intoleranzen durch Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Durchfall. Das ist zwar unangenehm, aber in der Regel nicht gefährlich.

Häufige Auslöser von Lebensmittelallergien

Die Bestandteile in Nahrungsmitteln, auf die das Immunsystem reagiert (Allergene genannt), sind Eiweisse.

«Grundsätzlich kann daher fast jedes eiweisshaltige Lebensmittel allergische Reaktionen auslösen. Man beobachtet aber, dass gewisse Nahrungsmittel häufiger mit Allergien in Zusammenhang gebracht werden können.»
Christiane Schittny

Während Kinder eher auf Kuhmilch, Hühnereiweiss, Soja, Weizen, Erdnüsse oder Baumnüsse reagieren, sieht es bei Erwachsenen etwas anders aus: Hier kommen häufig sogenannte Kreuzreaktionen vor, die aufgrund einer bestehenden Pollenallergie auftreten. Pollen besitzen sehr ähnliche Eiweissstrukturen wie manche Lebensmittel. Deswegen können zum Beispiel Menschen, die auf Birkenpollen allergisch sind, auch auf Äpfel, Nüsse, manche Steinobstsorten, Sellerie oder Soja reagieren. Andere Allergien bei Erwachsenen können gegen Fisch und Krustentiere, bestimmte Gewürze oder Weizen gerichtet sein.

Sehr unterschiedliche Symptome

Typisch bei echten Lebensmittelallergien ist das rasche Auftreten der Beschwerden nach dem Verzehr. Oft vergehen nur wenige Minuten zwischen dem Kontakt mit den Allergenen und dem Bemerken der ersten Symptome.

«Bei jeder zweiten Nahrungsmittelallergie treten Hautbeschwerden wie Rötungen, Schwellungen, Quaddeln oder Ekzeme auf, die teilweise stark jucken können.»
Christiane Schittny

Seltener sind die Atemwege betroffen: Schnupfen, Niesattacken, Husten und Asthmasymptome können ein Hinweis auf eine Lebensmittelallergie sein.

Manchmal führen allergische Reaktionen auch zu Beschwerden im Mundbereich. Lippen, Gaumen und Zunge schwellen an und jucken. Eher selten leiden die Betroffenen auch unter Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Übelkeit und Erbrechen.

Ein lebensbedrohliches Symptom, das nicht selten bereits durch geringste Mengen an Allergenen hervorgerufen werden kann, ist ein anaphylaktischer oder allergischer Schock.

Anaphylaktischer Schock

Bei einem allergischen oder anaphylaktischen Schock handelt es sich um eine unerwartete und äusserst schwere Reaktion, die am häufigsten im Zusammenhang mit einer Lebensmittelallergie, einem Insektenstich oder der Einnahme eines Medikamentes steht. Blutdruckabfall, Kollaps, Bewusstlosigkeit und Schock führen innerhalb kürzester Zeit zu einer lebensbedrohlichen Situation. Die ersten Symptome sind oft:

  • Juckende Schwellungen der Mundschleimhaut, Lippen, Zunge, Augenlider oder Handinnenflächen.
  • Juckende, rote Quaddeln auf der Haut.
  • Atemwegssymptome wie Atemnot oder Hustenattacken.
  • Schwere Magen-Darm-Symptome wie Bauchkrämpfe oder Erbrechen.
  • Starker Schwindel.

Als Notfallmedikation kommen Adrenalinspritzen, Kortison, Antihistaminika oder Asthmasprays zum Einsatz. Betroffene sollten entsprechende Medikamente immer mit sich tragen. Ein Allergiepass, der Drittpersonen im Notfall Auskunft über eine bestehende Allergie gibt, sowie eine Information an Personen im näheren Umfeld (Lehrpersonen, Arbeitskollegen, Freunde) tragen dazu bei, dass Notfallsituationen schneller erkannt und besser bewältigt werden können.

Oft schwierige Diagnosestellung

Meist ist es gar nicht so einfach, einer Nahrungsmittelallergie auf die Spur zu kommen, denn eine Mahlzeit besteht in der Regel aus vielen verschiedenen Lebensmitteln, die potenziell alle allergen sein könnten. Deshalb stellt eine gründliche Anamnese bezüglich Essgewohnheiten und Symptomen einen wichtigen Schritt in der Diagnosestellung dar. Hilfreich ist das Führen eines möglichst detaillierten Tagebuches, in dem die verzehrten Lebensmittel und das Auftreten von Symptomen notiert werden. So kann man mögliche Zusammenhänge leichter erkennen.

Ein konkreter Verdacht lässt sich durch weitere Untersuchungen und Tests bestätigen. Einerseits stehen dem Arzt oder der Ärztin verschiedene Hauttests zur Verfügung. Der bekannteste unter ihnen ist der Prick-Test: Dabei werden Extrakte der verdächtigen Lebensmittel auf die Haut aufgetragen. Mit einer Lanzette wird die Haut dann leicht angestochen, sodass die Inhaltsstoffe unter die Haut gelangen. Bildet sich nach etwa 15 Minuten eine Quaddel, ist das ein Hinweis auf eine Sensibilisierung. Auch im Blut lassen sich spezifische Antikörper gegen einige Nahrungsmittel nachweisen. Eine kleine Blutprobe wird dafür zur Untersuchung in ein Labor geschickt.

Lebensmittelallergien – das kann gefährlich werden

Behandlung von Lebensmittelallergien

Die konkrete Therapie einer Lebensmittelallergie ist nicht möglich. Die sicherste Methode, einer Allergie auf bestimmte Nahrungsmittel aus dem Weg zu gehen, besteht deshalb darin, die Auslöser möglichst zu meiden und vom Speiseplan zu streichen. Oft ist das aber nicht ganz einfach. Während die häufigsten Allergene in der Zutatenliste von Nahrungsmitteln deklariert und optisch hervorgehoben werden müssen (das sind beispielsweise Eier, Milch, Fische und Krustentiere, Soja- und Getreideprodukte, verschiedene Nussarten, Erdnüsse, Sellerie oder Senf) ist das bei selteneren Allergenen nicht der Fall. Hier muss jeweils die gesamte Zutatenliste von Fertigprodukten durchgelesen werden.

Tipps fürs Auswärtsessen trotz Lebensmittelallergie

Im Restaurant oder bei Einladungen zum Essen stellt eine Lebensmittelallergie immer eine Herausforderung dar. Um allen Beteiligten den Umgang mit der Allergie zu erleichtern, gibt es einige Empfehlungen:

Es ist für Köche im Restaurant sehr hilfreich, wenn sie in schriftlicher Form auf die allergieauslösenden Lebensmittel aufmerksam gemacht werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Im Ausland sollte man diese Informationen in der entsprechenden Landessprache vorlegen können.

Bei Einladungen ist es eine gute Idee, die Gastgeber im Voraus über eine Allergie zu informieren, damit sie bei der Zusammenstellung des Menus Rücksicht nehmen können.

Bei grösseren Partys kann man auch auf potenziell kritische Speisen verzichten und selbst etwas Allergenkonformes mitbringen.