© Fotos: Manuela Suarez und Bea Lanz

Wie heisst es so schön: «Wer loslässt, hat beide Hände frei.» Ein schöner Gedanke, doch die Umsetzung ist nicht immer einfach. Sie benötigt Disziplin und Durchhaltewillen sowie vielleicht auch die Einsicht, wirklich dranzubleiben. Manchmal ist auch die Unterstützung eines Profis wertvoll.

Beide Hände frei zu haben, tönt sehr gut. Es werden nicht nur die Hände frei, sondern auch der Körper, Geist und die Seele. Loslassen setzt voraus, dass wir vorab aufräumen und ausmisten. Solche Aktionen bringen neue Lebensenergie und viel Freude in unser Leben.

Manuela Suarez sitzt mir mit nötigem Abstand schräg vis-à-vis. Wir tragen beide die vorgeschriebene Maske. Ich finde es schön, dass ich auf der Webseite ihr Gesicht gesehen habe. Einmal mehr wird mir klar, wie wichtig ein Gesicht und die Mimik eines Menschen sind. Durch die Pandemie gehen diese Wahrnehmungen leider gänzlich verloren. Allerdings fallen mir die Augen, die während des ganzen Gesprächs leuchten, extrem auf. Ich spüre, dass meine Interviewpartnerin grosse Freude an ihrer Tätigkeit hat.

Manuela, du befasst dich sehr intensiv mit Feng-Shui. Was fasziniert dich an dieser fernöstlichen Harmonielehre?

Das hat etwas mit meiner persönlichen Geschichte zu tun. 2015 traten bei mir plötzlich grundsätzliche Sinnesfragen auf. Damals, ich war gerade 26 Jahre alt, schüttelte mich eine unerwiderte Liebe so heftig, dass ich mir Gedanken über mein Leben machte. Ich stellte mir die grossen Fragen: Weshalb bin ich da? Mache ich das Richtige? Ich war damals auch mit meiner Arbeit nicht mehr zufrieden. Ich hatte mich für den kaufmännischen Weg entschieden, mich dann im Personalwesen weiterentwickelt und später ein Nachdiplom­studium in Betriebswirtschaft abgeschlossen. Das Ziel war eigentlich, einmal eine Führungsposition zu übernehmen, aber irgendwie fühlte ich mich nicht mehr wohl. Es fühlte sich nicht mehr richtig an.

Das tönt nach Veränderung.

Ich habe mich schon lange mit meinem Zuhause beschäftigt. Ordnung und Klarheit waren mir immer sehr wichtig. Das energetische Arbeiten hat mich immer sehr fasziniert. Ich konnte mir einfach nie vorstellen, in welcher Form ich meine Passion ausleben könnte. Ich suchte nach einer Möglichkeit, mein Wissen auf selbstständiger Basis umzusetzen. Es sollte künftig unbedingt eine Tätigkeit sein, die für Menschen dienlich ist und mich gleichzeitig auch erfüllt. Also besuchte ich ein Feng-Shui Tagesseminar, das mich begeisterte. Ich entschloss mich, die Ausbildung in Angriff zu nehmen – aber wieder kam ein Prüfstein für mich: Nach kurzer Zeit merkte ich, dass diese Ausbildung aus persönlichen Gründen nicht die richtige war. Ich hinterfragte mich und meine Entscheidung wieder. Doch das Feng Shui liess mich nicht los. Ich machte mich erneut auf die Suche nach einer Ausbildungsmöglichkeit. Und stiess so auf die Website meiner zukünftigen Ausbildnerin.

Wie leicht fällt dir persönlich das Ausmisten?

Während meiner Ausbildung wollte ich immer das Gelernte unmittelbar umsetzen. Es fiel mir aber nicht leicht, denn ich merkte, dass es auch bei mir Materielles gibt, das mit negativen Emotionen verbunden ist. Wir sind uns nicht bewusst, dass wir in einer Beziehung zu unserem Besitz stehen. Wir kaufen Dinge in der Hoffnung, dass sie uns glücklich machen. Leider ist es oft nur ein Haschen nach dem Wind. Wenn ich ausmiste, dann sind meine Gedanken immer mit Feng Shui verknüpft und bestimmen so mein Handeln. Ich möchte Platz schaffen für Neues. Unser Zuhause ist ein Spiegel unserer Seele, gleichzeitig aber auch ein Spiegel unserer Träume. Ich möchte die Menschen darauf aufmerksam machen, dass Wünsche und Träume für unser Leben sehr wichtig sind, in der aktuellen Zeit sowieso. Mit meiner Geschichte, die ich erzähle, und meinen Angeboten möchte ich darauf hinweisen, wie wichtig unser Zuhause für uns ist. Meine Tätigkeit erfüllt mich sehr. Ich bin sehr gerne im Austausch mit Menschen und unterstütze sie beim Verwirklichen von Träumen und Wünschen. Die Verknüpfung von «Mensch und Raum» ist sehr spannend.

Warum ist die Magie in den Lebensräumen so wichtig?

Die Magie verbinde ich mit der Lebensenergie, dem sogenannten QI-Fluss. Wenn es uns gelingt, diese Energie in unseren Lebensraum zu bringen, werden sehr viele Dinge möglich. Am Anfang steht das Ausmisten und Platz schaffen für Neues. Wichtig ist, herauszufinden, wo die Lieblingsecken im Zuhause sind und sich die Frage zu stellen: Wo halte ich mich gerne auf und wo weniger gerne? Ebenso sollten wir versuchen herauszufinden, warum es so ist und was diese Erkenntnisse auslöst. In der Regel braucht es gar nicht viel, um eine neue Magie in unser Leben zu bringen.

«Unser Zuhause soll für uns ein Kraftort sein, ein Ort, wo wir uns rundum wohlfühlen.»
Manuela Suarez
Expertin für Feng Shui und Ausmisten

Ausmisten heisst aber nicht, dass wir Raum schaffen, um wieder Neues anzuschaffen?

Beim Ausmisten schaffen wir freien Raum, so wird auch der Geist frei. Bei mir war es früher so, dass ich einen Lebensstil hatte, der sich durch möglichst viele Markenartikel auszeichnete. Eine Form, die darauf abzielte, besonders wahrgenommen zu werden. Beim Ausmisten wurde mir bewusst, dass ich solche Dinge nicht brauche und mir meine Lieblingskleider, die alle miteinander kombinierbar sind, viel wichtiger sind als Markenkleider. Diese Erkenntnis schafft tatsächlich viel Freiraum – auch für unseren Geist. Dann folgen Ideen, die ohne diese Freiräume nicht entstanden wären.

Bevor der Wunsch nach Ausmisten entsteht, wird oft klar, dass auch im Inneren eine Art Ausmisten nötig ist; das heisst, dass es sich nicht nur im Aussen manifestiert, sondern immer auch im Inneren von uns. Ist das so?

Genauso ist es. Ich merke es am besten bei einem nicht aufgeräumten Arbeitsplatz. Das macht mich nervös, ich bin nicht geordnet im Kopf und kann mich nicht konzentrieren. Dann räume ich auf und es geht wieder. Ich komme wieder in den Fluss.

Beim Ausmisten stossen wir auch auf Dinge, die wir loslassen sollten, aber einfach nicht können? Was rätst du in solchen Fällen?

Wir müssen herausfinden, warum das so ist, zum Beispiel bei Geschenken, die wir bekommen haben: Eine nette Geste, die uns Freude bereiten soll, aber nicht immer diesen Zweck erfüllt. Aus Rücksichtnahme auf unser Umfeld behalten wir oftmals diese Gegenstände. Damit können sich sehr blockierende Gedanken verbinden. Von solchen ungeliebten Dingen dürfen und müssen wir uns lösen. Ich tue mich sehr schwer damit, Dinge loszulassen. Ich habe einmal innerhalb eines Jahres zweimal mein Zuhause ausgemistet. Beim ersten Mal wollte ich meine Schatzkiste, die mich seit meiner Kindheit begleitet, ausmisten. Ich war emotional nicht bereit dazu. Beim zweiten Anlauf konnte ich meine Emotionen zulassen. Hätte mich jemand dabei beobachtet, hätte er mich vermutlich als Spinnerin bezeichnet. Es schüttelte mich richtig: Einmal lachte ich und einmal weinte ich. Was ich damit sagen möchte, ist, dass wir uns beim Ausmisten die Zeit nehmen, die wir brauchen und die aufkommenden Emotionen zulassen sollten. Dieser Prozess ist sehr individuell und wichtig.

Träume sind in deiner Arbeit sehr wichtig. Weshalb?

In meiner Tätigkeit rund um Feng-Shui sind mir Träume sehr wichtig. Wir haben verlernt zu träumen. In der Kindheit hatten wir das Gefühl, dass alles möglich sein wird und Träume in Erfüllung gehen werden. Später kommt dann die Ernüchterung. Wir werden zugeschüttet mit Informationen und Erwartungen. So verlieren wir den Bezug zu unseren Träumen. Das kann auch unglücklich machen. Ich war immer eine grosse Träumerin. Jetzt habe ich mir mit meiner aktuellen Tätigkeit tatsächlich einen grossen Traum erfüllt. Ich kann mein Wissen an interessierte Menschen weitergeben. Das macht mich glücklich. Ich kann ihnen aufzeigen, dass vieles möglich wird, wenn wir uns bewusst werden, was wir wirklich wollen oder was zu uns passt. Es können auch kleine Träume sein, die wir verwirklichen.

Foto von Manuela Suarez
© Fotos: Manuela Suarez und Bea Lanz

Wie entscheidend sind die eigenen Gedanken bei diesem Prozess?

Sehr wichtig. Wenn wir beim Ausmisten durch negative Gedanken belastet sind, wird der ganze Prozess unterbrochen. Es ist extrem wichtig, dass wir uns immer bewusst sind, was wir denken. Leider sind die meisten Gedanken, die wir alle täglich haben, negativ. Da wir wie auf eine Art Autopilot gestellt sind, realisieren wir es nicht mehr. Das wirkt sich aber auf uns aus, leider nicht immer positiv. Wir sind das, was wir denken. Oder wir ziehen das an, auf das wir unseren Fokus legen. Wenn es immer negative Gedanken sind, bestimmen diese unser Leben. Deshalb ist es beim Ausmisten auch wichtig, einmal wertfrei sich selbst zu beobachten, was in unserer Gedankenwelt passiert. In diesem Prozess steckt sehr viel mehr, als wir annehmen. Die Gefühle, die das Ausmisten auslöst, sind ein Einblick in die eigene Seele. Deshalb schätze ich es sehr, wenn mir Menschen Einblicke, ja Einlass in ihre sehr verletzliche und persönliche Welt gewähren. Das ist eine grosse Wertschätzung mir gegenüber.

Auf deiner Webseite beschreibst du den Frühlingsputz. Er sollte nicht nur äusserlich, sondern auch rund um unsere Gedanken stattfinden. Was meinst du damit genau?

Vielleicht, dass wir den Frühling nutzen, um unsere Gedanken zu beobachten und uns bewusster werden, welche Kraft sie haben. Ich habe mir folgende Strategie angewöhnt, die mir sehr hilft: Immer, wenn mich ein Gedanke nicht loslässt, schreibe ich ihn auf. Am Ende einer Woche habe ich gemerkt, dass meine Gedanken immer um ähnliche Themen kreisen: Themen, die ich nicht ändern kann. Solche Gedanken benötigen sehr viel Kraft und Energie. Wir dürfen versuchen, Dinge, die wir nicht ändern können, anzunehmen und gleichzeitig auch loszulassen. So kann wieder ein neuer Raum entstehen.

Was liegt dir zum Abschluss dieses Gesprächs besonders am Herzen?

Da, wo wir unseren Fokus hinlegen, dort bekommen wir etwas zurück.

 

Einmal mehr empfinde ich grosses Glück und merke, wie privilegiert ich bin, dass ich beruflich schon so vielen Menschen begegnen durfte, die mich sehr beeindruckt und bereichert haben. Auch Manuela Suarez gehört dazu.

Ich räume weiter auf, das ist klar. Ich räume aber auch bewusster auf und trenne mich von allem, was mich belasten könnte. Das eine oder andere werde ich vielleicht sogar irgendwann vermissen. So geschehen, als ich vor ein paar Jahren Kleider ausgemistet habe. Einen Lieblingspullover habe ich gedankenlos in einen Kleidersack verbannt. Jahre später suchte ich diesen Pullover. Meine Erkenntnis dazu: Sicher hat eine mir fremde Frau irgendwo auf dieser Welt diesen Pullover mit Freude getragen. Ziel erreicht!

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