Pflanzenknospen
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Knospen sind prallvoll mit gesunden Pflanzenstoffen. Das erkannte der Begründer der Gemmotherapie, wie die Knospenmedizin genannt wird.

Hoch konzentrierte Wirkstoffe

Die Knospen von Pflanzen werden auch Augen oder lateinisch «Gemma» genannt. Botanisch gesehen ist die Knospe der jugendliche Zustand eines Sprosses. Es gibt Blatt-, Blüten- oder Tragknospen. Allen Knospen gemeinsam ist, dass die Pflanze sich an dieser Stelle weiterentwickelt und wächst. Durch derbe Hüllblätter gut geschützt überwintern sie und öffnen sich im Frühling. Aus ihnen wachsen neue Blätter und Blüten, die in der Knospe bereits winzig klein angelegt sind. Im Knospengewebe teilen sich die Zellen und sind deshalb besonders reich an wirksamen Inhaltsstoffen. Wie bei den menschlichen Stammzellen sind in der Knospe alle Gene aktiv.

«In diesem embryonalen Pflanzengewebe stecken Pflanzenhormone, Chlorophyll, ätherische Öle, Schleim- und Gerbstoffe, Saponine, Vitamine, Mineralstoffe und Flavonoide. Diese hoch konzentrierten Wirkstoffe können wir sowohl in der Küche als auch in der Naturmedizin nutzen.»
Judith Dominguez

Essbare Knospen

Die wohl bekannteste essbare Knospe ist die Kaper. Allerdings ist sie roh verzehrt bitter und ungeniessbar. Schmackhaft wird sie erst durch das Fermentieren in Salzlake oder Essig.

Mit einheimischen eingelegten Blütenknospen können wir die Kapern auf gesunde Art ersetzen. Es eignen sich die Blütenknospen des Gänseblümchens, vom Bärlauch, Löwenzahn, von der Kapuzinerkresse oder jeder anderen essbaren Blüte.

Gewisse einheimische Baumknospen sind jedoch auch roh geniessbar. Diejenige der Pappel zum Beispiel. Da die Knospen prallvoll mit hochwertigen Inhaltsstoffen sind, benötigen wir diese nur in kleinen Mengen.

Ein feines, gesundes Dessert lässt sich mit Avocado, Bananen, Milch und einem Teelöffel Pappelknospen zubereiten: Alle Zutaten bis auf die Knospen fein mixen, bis eine Creme entsteht und diese dann mit den Knospen garnieren.

Grüner Salat lässt sich mit Gänseblümchenknospen verschönern, sie schmecken angenehm nussig.

Beim Spazieren und Wandern kann man Knospen direkt vom Baum knabbern. Man sollte sie allerdings gut kauen, damit die Inhaltsstoffe freigesetzt werden. Zum Knabbern eignen sich Lindenknospen sowie jene vom Brombeerstrauch, dem Ahorn oder der Birke. Jede Knospe schmeckt anders, teils süss, teils herb. Wichtig ist, dass wir pro Baum oder Strauch nur wenige Knospen ernten, denn die Pflanze braucht diese für ihr Wachstum.

Knospenmedizin

Die Inhaltsstoffe der Knospen gelten als antibakteriell, kräftigend, entgiftend und wundheilend.

Das erkannte der Begründer der Gemmotherapie, wie die Knospenmedizin genannt wird. Der belgische Arzt Pol Henry entwickelte in den Fünfzigerjahren mithilfe der Knospen eine neue Arzneiform, die heute offiziell zugelassen ist. Die Herstellung der Produkte aus Knospen, jungen Trieben und Wurzelspitzen ist eine Mazeration: Die Pflanzenteile werden kalt in eine Glycerin-Alkohol-Mischung eingelegt, um so die Inhaltsstoffe schonend herauszulösen.

Das natürliche Medikament wird als Extrakt im Handel angeboten.

Die Extrakte werden entweder als Tropfen mit Wasser verdünnt und täglich zwei- bis dreimal getrunken oder in Form eines Mundsprays direkt auf die Mundschleimhaut aufgesprüht. Für die Behandlung von Gelenken oder der Haut können sie auch äusserlich angewendet werden.

Die Wirkung dieser jungen Medizin ist wissenschaftlich noch nicht nachgewiesen worden. Da die Extrakte kaum Nebenwirkungen haben und nicht schädlich sind, spricht nichts gegen deren Einnahme. Man kann sie zudem ohne Bedenken als Ergänzung zusammen mit anderen Medikamenten einnehmen. Sie eignen sich besonders gut zur Behandlung von Kindern.

Die Seitenknospen der Brombeere lindern Altersbeschwerden der Gelenke, aber auch chronische Bronchitis und Zahnfleischentzündungen. Der Feigenbaum wirkt beruhigend und ist vor allem stressgeplagten Menschen zu empfehlen. Die Esche lindert Gicht und hilft bei der Gewichtsreduktion. Bei Schlafstörungen wirkt die Silberlinde entspannend. Ungefähr fünfzig Knospenarten sind bisher in der Gemmotherapie mit ihrer Wirkungsweise beschrieben worden.