Die winterharte Staude kennen wir alle aus den Gemüsegärten und als Zutat für Kuchen oder Konfitüre. Doch wie sein botanischer Name verrät, ist der Rhabarber ein ganz besonderes Gewächs.

Exotische Herkunft

Man könnte denken, der Rhabarber wuchs schon immer in heimischen Bauerngärten und sei bodenständig traditionell. Doch wie sein botanischer Name verrät, ist der Rhabarber ein ganz besonderes Gewächs.

Die winterharte Rhabarberstaude (Rheum rhabarbarum) stammt aus der Familie der Knöterichgewächse (Polygonaceae). Rheum heisst im Mittelhochdeutschen die Wurzel und rhabarbarum ist von den Barbaren abgeleitet. In der Antike nannten die Griechen alles Fremdländische barbarisch. Tatsächlich kam die Gemüsepflanze erst im 18. Jahrhundert zu uns nach Europa und ist somit ein Exot. Ursprünglich wuchsen Rhabarbern nur auf dem Himalaja. Im Mittelalter gelangten die Wurzeln als Importwaren zu den berühmten arabischen Medizinern und diese verwendeten sie als Arzneimittel.

Neue Sorten

Das Treiben und Nutzen der Blattstiele ist also eine eher moderne Erfindung. Die Pflanze braucht im Frühling Dunkelheit, weshalb die Gärtner ihnen ein lichtundurchlässiges Gefäss überstülpen. Darunter ist es zudem warm und die Stängel beginnen schon bald in die Höhe zu spriessen. Die so gebleichten Blattstängel enthalten weniger Oxalsäure und Bitterstoffe.

«Je näher der Sommer rückt, desto mehr Oxalsäure lagert die Pflanze jedoch ein. Deshalb haben die Bäuerinnen den Rhabarber nur bis zum Johannistag, dem 24. Juni, geerntet. Die neuern Sorten sind milder und besonders die Rötlichen enthalten weniger schädliche Oxalsäure.»
Judith Dominguez

Die damit zubereiteten Speisen haben ausserdem eine hübsche Farbnote.

Heilmittel aus dem Tibet

Die Rhabarberwurzel wird bis heute als Heilmittel verwendet, allerdings meist von der rheum officinale, der Medizinrhabarber. Sie hat eine abführende Wirkung. Da sie ausserdem entzündungshemmend wirkt, ist sie in gewissen natürlichen Heilmitteln gegen Fieberblasen enthalten.

Der sibirische Rhabarber rhaponticum enthält natürliche Östrogene und wirkt deshalb lindernd gegen Wechseljahrbeschwerden. Extrakte werden in der Naturmedizin zudem als Mittel gegen Entzündungen der Mundschleimhaut oder des Zahnfleisches empfohlen.

Giftige Blätter

Während die Wurzeln als Heilmittel Verwendung finden, sind die Blätter schon fast als giftig zu bezeichnen. In ihnen speichert die Pflanze nämlich grosse Mengen Oxalsäure. Diese Säure kommt zwar in vielen Pflanzen, die wir essen oder als Tee trinken vor, jedoch in sehr geringen Mengen. In grösseren Mengen ist sie gesundheitsschädlich. Oxalsäure behindert im Darm die Aufnahme von Eisen und sollte deshalb bei Eisenmangel oder entsprechenden Behandlungen möglichst wenig eingenommen werden. Bei regelmässiger Einnahme grösserer Mengen Oxalsäure können sich Nierensteine, so genannte Oxalatsteine, bilden.

In der Tiermedizin ist jedoch Oxalsäure äusserst nützlich. Sie wirkt zum Beispiel gegen Varroamilben, die bevorzugt Bienen befallen. Die Imker träufeln im Spätherbst eine oxalsäurehaltige Zuckerlösung auf die Bienenwaben. Diese kann auch zum Reinigen von Kristall und gegen Rostflecken verwendet werden.

Gemüse oder Frucht, süss oder salzig

Genau genommen sind die Rhabarberstängel ein Gemüse, obwohl sie meist wie eine Frucht zu Kompott oder Konfitüre verarbeitet werden.

Vor der Zubereitung sollten die Stängel immer gründlich geschält werden, denn auch in der Schale befinden sich grössere Mengen Oxalsäure. Wird das süsssaure Gemüse ausserdem blanchiert, kann weitere gelöste Säure mit dem Kochwasser weggeschüttet werden.

Und weil die Rhabarberstängel auch gern die Zähne angreifen, sollte mit dem Putzen der Zähne nach deren Verzehr mindestens eine halbe Stunde gewartet werden.

Die Stängel werden vor allem als Zutat für Süssspeisen verwendet, auf fruchtigen Wähen, Joghurts oder Kuchen. Auch als Getränke wie Sirup, spritzigen Schorles oder Cocktails. Weniger bekannt ist die salzige Zubereitung. Der Stängel passt gut zu Käse- oder Flammkuchen, Rucolasalat und harmoniert sogar mit Lammfleisch oder Fisch.