17. November 2020

Rheumatoide Arthritis: Herausforderung für Arzt und Patient gemeistert

Rheumatoide Arthritis: Herausforderung für Arzt und Patient gemeistert
Lesezeit ca. 10 min

Rheumatoide Arthritis (RA) – auch chronische Polyarthritis genannt – ist eine entzündliche rheumatische Erkrankung, die vor allem die Gelenke betrifft. Unbehandelt führt die unheilbare Krankheit zu Gelenkzerstörung und massiv eingeschränkter Beweglichkeit.

Wenn konventionelle Behandlungsansätze nicht erfolgreich sind, kann heute mit modernen Therapiemethoden und einer guten Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Patienten eine Ruhe der Erkrankung (Remission) und eine gute Lebensqualität erreicht werden.
Dr. Jean-Jacques Volken und zwei seiner Patienten erzählen von ihren Erfahrungen und wie sie zusammen die Herausforderung RA gemeistert haben.

«Wichtig ist zuhören, informieren und für die Patienten da sein.»
Dr. Jean-Jacques Volken

Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis hat sich im Verlauf der letzten zehn Jahre sehr verändert. Was war für Sie das Wichtigste?

Dr. Jean-Jacques Volken: Anfangs der Zweitausenderjahre gab es mit der Verfügbarkeit der sogenannten biologischen Medikamente eine Revolution bei der Behandlung der RA. Diese komplexen Proteine aus Zellproduktionen sind häufig Antikörper, die sich gegen die hauptsächlichen Entzündungsverursacher der RA richten. Vor dieser bahnbrechenden Entwicklung konnten wir nur konventionelle Medikamente einsetzen, deren Wirksamkeit limitiert war. Seit zehn Jahren sind nun zusätzliche biologische Therapien und auch sogenannte kleine Moleküle zu unserem Behandlungsrepertoire hinzugekommen. Dadurch wurde die Remission, also das Bremsen oder Stoppen der Erkrankung, zum Behandlungsziel. Und dieses ist dann erreicht, wenn weder Patient noch Arzt etwas von der Krankheit merken.

Welches sind heute die Herausforderungen in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis?

Die RA ist eine schwerwiegende, chronisch entzündliche rheumatische Erkrankung mit erhöhter Morbidität und Sterblichkeit; ähnlich, wie sie auch bei Diabetes vorliegen. Sie betrifft zirka ein Prozent der Schweizer Bevölkerung, also 85000 Menschen. Von den chronischen entzündlichen rheumatischen Erkrankungen wie RA, Psoriasis-Arthritis oder Morbus Bechterew sind 2,5 bis 3 Prozent der Einwohner dieses Landes betroffen, das sind über 200 000 Personen. Diese Krankheiten sind aktuell nicht heilbar. Mit den neuen Behandlungen kam das Ziel Remission in den Fokus, aber: Zirka 40 bis 50 Prozent der Patienten erreichen dieses Ziel nicht. Bei diesen Betroffenen müssen die behandelnden Rheumatologen alles tun, um eine niedrige Krankheitsaktivität zu erreichen.

Was ist für Sie und Ihre Patienten im Gespräch rund um die RA wichtig?

Wichtig ist, gut zuzuhören und den Patienten über seine Erkrankung und seine Begleiterkrankungen — wie beispielsweise Arteriosklerose — zu informieren. Auch Lebensstandard, Ernährung und Gewicht müssen thematisiert werden. Essentiell ist zudem der Verzicht auf Tabak, welcher einen negativen Effekt auf die Krankheit und ihren Verlauf hat. Patienten müssen alle Fragen stellen können, die sie haben, und ihre Ärztin oder ihr Arzt muss erreichbar sein, wenn die Krankheit sich verschlechtert, beispielsweise bei entzündlichen Schüben.

Welche Aspekte der Therapie sind für Ihre Patienten am wichtigsten? Und stimmen diese Aspekte mit Ihren therapeutischen Entscheidungen überein?

Die Wahl der Behandlung ist eine gemeinsame Entscheidung von Ärztin oder Arzt, welche die Therapie empfehlen, und der Patienten. Bei der modernen RA-Behandlung stehen Infusionen, wöchentliche, zweiwöchentliche oder gar vierwöchentliche Injektionen unter die Haut sowie Tabletten zur Verfügung. So können also für Patienten, die keine Infusionen oder Spritzen möchten, Tabletten verschrieben werden. Ein Teil der Patienten bevorzugt, dass die Ärztin, der Arzt alle Entscheidungen fällt, andere sind proaktiv, informieren sich im Internet und sind bereit, sich selbst die Spritzen zu verabreichen. Der Beruf von Patienten oder die Freizeitbeschäftigung müssen bei der Therapiewahl ebenfalls berücksichtigt werden. Sogar die Reisetätigkeit spielt eine Rolle, denn die meisten biologischen Medikamente müssen kühl gelagert werden. Für Rheumatologen hingegen sind Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments wichtige Aspekte der Behandlungswahl.

Dr. Jean-Jacques Volken

Dr. Jean-Jacques Volken ist erfahrener Rheumatologe in Siders und Präsident der Vereinigung der Rheumatologen des Kantons Wallis. Er behandelt seit über 25 Jahren Patienten mit RA.
Spez. FMH in Allgemeiner Innerer Medizin und RHEUMATOLOGIE, Manuelle Medizin SAMM, Interventionelle Schmerztherapie SSIPM.

Was erwarten Ihre Patienten heutzutage von einer Therapie? Hat sich dies in den letzten Jahren verändert?

Die Patienten wollen keine Schmerzen mehr haben, keine Müdigkeit mehr und einen besseren Schlaf, mehr Leistungsfähigkeit bei der Arbeit und zu Hause; und nicht zuletzt auch möglichst geringe Beeinträchtigungen. Ihre Haltung gegenüber der Krankheit hat sich dabei verändert, die meisten informieren sich im Internet, bei Doktor Google, über erhältliche Behandlungsoptionen.

Welches waren für Sie die grössten Errungenschaften?

Dank den neuen Medikamenten schaffen wir es vielfach, dass Patienten eine niedrige Krankheitsaktivität aufweisen oder gar eine Remission erreichen. Vor der Verfügbarkeit der biologischen Medikamente waren die meisten Patienten nach einigen Jahren nicht mehr arbeitsfähig und auf eine IV-Rente angewiesen. Heute sehen wir nur noch selten Gelenkschädigungen an Händen oder an Füssen oder groteske Deformationen. Die Rheumatologen haben gelernt, die Krankheit mit den modernen Therapieoptionen erfolgreicher zu behandeln und besser mit ihren Nebenwirkungen umzugehen, wie beispielsweise gehäufte Infekte. Wichtig ist auch die Vorbeugung einer Tuberkulose etc.

Was ist Ihrer Meinung nach das Ziel einer optimalen Therapie, und wie kann dies erreicht werden?

Die Europäische Fachgesellschaft für Rheumatologie EULAR und die Amerikanische Fachgesellschaft für Rheumatologie ACR haben als Behandlungsziel die klinische Remission definiert. Dies ist nur mit modernen Behandlungsoptionen möglich und oft benötigt man eine Kombination verschiedener Medikamente. Auch das Vertrauen von Patienten in ihre behandelnden Ärzte und ihre Mitarbeit sind essenziell! Zudem braucht es auch physio- oder ergotherapeutische Ansätze, um die Mobilität und die Kraft zu bewahren und die Funktionalität zu verbessern.

Und was bedeutet das Erreichen dieses Ziels für den Patienten in seinem Alltag?

Um das Ziel zu erreichen, müssen Patienten ihre Medikamente wie verschrieben einnehmen, die Ratschläge bezüglich ihres Lebensstils berücksichtigen — also auf Ernährung, Gewicht und tägliche Bewegung achten —, mit dem Rauchen aufhören und Alkohol in grossen Mengen vermeiden. Es ist auch wichtig, die regelmässigen Blutuntersuchungen und radiologischen Kontrollen durchzuführen und akute Probleme wie Nebenwirkungen von Medikamenten oder entzündliche Schübe sofort zu melden.

Was bedeutet für Sie eine erfolgreiche Therapie?

Patienten und Ärzte sind zufrieden mit der Behandlung und dem Verlauf der Erkrankung. Die Patienten spüren die Symptome der Krankheit nicht mehr oder nur selten. Zudem ist ein fast normales Leben möglich: Zur Arbeit gehen, ein blühendes soziales und persönliches Leben führen und Freizeitbeschäftigungen nachgehen.

«Ich habe eine Krankheit, ich bin nicht krank.»
Joëlle G.
Joëlle Galloni

Joëlle G. (30) erhielt vor sieben Jahren, nachdem sie den Jakobsweg gegangen war und starke Schmerzen hatte, die Diagnose RA. Zuerst glaubte man, ihre Schmerzen rühren von der grossen Belastung der 2200 Kilometer langen Strecke her. Nachdem Medikamente und Physiotherapie keinen Erfolg brachten, wurden weitere Abklärungen gemacht und die richtige Diagnose gestellt. Heute spielt sie in der Nationalliga B Basketball und trainiert dreimal pro Woche.
Und sie ging auf eine weitere mehrwöchige Wanderung.

Nach der Diagnose wurde ich zuerst mit konventionellen Therapieoptionen behandelt. Diese zeigten jedoch keine ausreichende Wirkung, und ich musste immer noch am Morgen und am Abend Entzündungshemmer einnehmen, damit ich mich überhaupt bewegen konnte. Zum Glück konnte ich zusammen mit dem Arzt die für mich optimale Therapie finden; heute geht es mir deutlich besser.

Für mich war es sehr wichtig, dass ich bei der Therapiewahl mitentscheiden konnte. Ich wollte so wenig Medikamente nehmen wie möglich, aber so viele wie nötig. Ich habe eine Therapie mit Spritzen gewählt. Das passt mir besser. Wenn ich allerdings auf Reisen bin, wechsle ich auf Tabletten, das ist logistisch einfacher.

Ich konnte nach der Diagnose zu Fuss von Nürnberg nach Rom marschieren, eine Strecke von 1800 km – absolut schmerzfrei. Das war ein sehr eindrückliches Erlebnis.

«Immer offenbleiben, über die Krankheit reden und sich nie komplett zurückziehen.»
Gilbert Bregy
Gilbert Bregy

Gilbert Bregy (54) brauchte vor der Diagnose RA wegen der Morgensteifigkeit zwei bis drei Stunden, bevor er sich richtig bewegen und zur Arbeit gehen konnte. Als Schichtarbeiter war dies insbesondere bei Frühschichten sehr schwierig. Da er in dieser Zeit auch einen Bandscheibenvorfall erlitt, wurde die Behandlung zuerst darauf ausgerichtet. Aber auch nach der Operation verbesserten sich die Symptome nicht und weitere Abklärungen mussten gemacht werden. Heute wird Gilbert Bregy richtig behandelt, ist sehr zufrieden und hat eine gute Lebensqualität. Er arbeitet 100 Prozent und ist begeisterter Mountainbiker.

An manchen Tagen habe ich gar keine Symptome, an anderen Tagen dauert es am Morgen wieder etwas, bis ich mich bewegen kann. Auch musste ich lernen, mich nicht zu stark unter Druck zu setzen. Dinge, die ich früher in einem Tag erledigt habe, dauern jetzt vielleicht zwei bis drei Tage. Aber es geht mir heute gut und ich bin sehr zufrieden, dass ich immer noch 100 Prozent arbeiten und Sport machen kann.

Am Anfang, gleich nach der Diagnose, ist für mich eine Welt zusammengebrochen. Dann habe ich angefangen, mit meiner Familie, mit Freunden und auch mit meinem Arzt zu sprechen. Er hat mir alles erklärt und mich beraten. Das hat mir bei der Bewältigung der Krankheit geholfen. Immer offen bleiben und reden ist sehr wichtig.

An erster Stelle stand für mich immer, dass ich meine Beweglichkeit bewahren und arbeiten kann. Auch dass ich wieder Sport machen und an den Wochenenden etwas mit meiner Familie unternehmen kann, ist für mich essentiell.

Dieser Beitrag entstand mit finanzieller Unterstützung von AbbVie AG, Cham.
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