18. April 2023

Betörende Frühlingsboten

Betörende Frühlingsboten
Lesezeit ca. 6 min
© Bilder: Chantal Derungs, Stiftung Papiliorama

Mit ihrem eleganten Flattertanz zählen sie zu den prachtvollsten Vorboten des Frühlings: Schmetterlinge. Der Bestand vieler heimischer Arten ist allerdings inzwischen rückläufig oder sogar bedroht, weil es immer häufiger an entsprechendem Lebensraum und Nahrungsangebot mangelt. Doch im Garten und auf dem Balkon können wir etwas für die grazilen Geschöpfe tun.

Schmetterlingsarten in der Schweiz und weltweit

Weltweit existieren nachweislich rund 180 000 verschiedene Schmetterlingsarten. Und immer wieder werden neue Spezies entdeckt – vor allem in abgelegenen Gebieten der Tropenwälder. «Teilweise sind sie nur wenige Millimeter gross und sehr unauffällig», erklärt Chantal Derungs, Biologin und Schmetterlingskennerin im Papiliorama.

In der Schweiz leben rund 3 600 Schmetterlingsarten, wobei die meisten davon Nachtfalter sind. Nur knapp über 200 Arten gehören zu den auffälligeren Tagfaltern wie Admiral, Kleiner Fuchs, Schachbrettfalter, Schwalbenschwanz, Tagpfauenauge und Trauermantel.

Gefährdete Tag- und Nachtfalter

Das Erschreckende:

«Bereits die Hälfte der Tagfalterarten in der Schweiz sind gefährdet oder potenziell bedroht, einige Bestände sogar alarmierend stark rückläufig.»
Susanne Lieber

Bei den Nachtfaltern lassen sich ähnliche Rückschlüsse ziehen. Allerdings ist es hier schwieriger, Angaben zu machen, da die Bestände vieler Arten nicht genau erfasst sind. Wie bei den Tagfaltern ist auch bei den Nachtschwärmern häufig das Problem, dass sie sehr spezialisiert und deshalb von ganz bestimmten Pflanzen abhängig sind. Schwinden die Habitate dieser Pflanzen, wirkt sich das unmittelbar auf die Überlebenschancen der eleganten Lufttänzer aus.

Lasst die Gärten, Terrassen und Balkone blühen

Hält man sich vor Augen, dass alle Gärten, Terrassen und Balkone in der Schweiz zusammengerechnet eine wesentlich grössere Fläche ergeben als die Fläche der hiesigen Schutzgebiete insgesamt, wird klar: Jeder kann etwas zum Wohle der Schmetterlinge beitragen. In diesem Zusammenhang ist allerdings wichtig, möglichst auf unterschiedliche und vor allem einheimische Gewächse im Garten zu achten, um Flattertänzern ein reichhaltiges Buffet bieten zu können. Auf grosse Flächen mit englischem Rasen sollte hingegen lieber verzichtet werden, da sie für Schmetterlinge – und übrigens auch die meisten anderen Insekten – quasi eine Wüstenlandschaft darstellen.

Das gilt auch für Pflanzen, die zwar mit üppiger Blütenpracht auf sich aufmerksam machen, aber von weit herkommen. «Viele Menschen meinen, Gutes zu tun, wenn sie viel Blühendes anpflanzen. Sind es jedoch nicht die richtigen einheimischen Pflanzenarten, so sind sie für den Schmetterling oft nutzlos», so die Biologin Chantal Derungs.

Zudem sollte nicht vergessen werden, dass für manche Schmetterlinge nicht nur Blütennektar eine Rolle spielt. Auch von Früchten ernähren sich einige. Im Raupenstadium hingegen braucht es andere Futterpflanzen. Jede Schmetterlingsart ist dabei für die Entwicklung ihrer Raupe auf bestimmte Gewächse angewiesen, beispielsweise Brennnesseln.

«Wer also im Garten das vermeintliche 'Unkraut' einfach mal stehen lässt und Fallobst nicht sofort aufsammelt, leistet einen aktiven Beitrag zum Schutz der Schmetterlinge – und schenkt ihnen kostbaren Lebensraum.»
Susanne Lieber

Sechs heimische Schmetterlingsarten

Admiral

Admiral

Der Admiral – ein vermutlich durch den Klimawandel sesshaft gewordener Wanderfalter – ernährt sich als Raupe ausschliesslich von Brennnesseln. Als erwachsener Schmetterling schätzt er hingegen Fallobst wie beispielsweise Äpfel. Darum sollten im Garten ruhig ein paar heruntergefallene Früchte am Boden liegen bleiben.
Kleiner Fuchs

Kleiner Fuchs

Der Kleine Fuchs ist als Falter recht anpassungsfähig und kann sich vom Nektar vieler verschiedener Pflanzen ernähren, darunter auch von vielen nicht einheimischen Arten. Als Raupe hingegen ist er – wie viele andere Schmetterlinge auch – fast ausschliesslich auf Brennnesseln spezialisiert. Wer also Brennnesseln im Garten nicht akribisch bekämpft, trägt zur Erhaltung vieler Schmetterlingsarten bei. Und hat ganz nebenbei auch selbst etwas davon: Aus Brennnesseln lassen sich beispielsweise Salate, Spinat und Tee zubereiten.
Schachbrettfalter

Schachbrettfalter

Beim Schachbrettfalter handelt es sich um einen Wiesenschmetterling. Im Gegensatz zu anderen Faltern wirft er seine Eier ungezielt während des Flugs über der Wiese ab. Die Raupen ernähren sich entsprechend von verschiedenen Gräsern und freuen sich über grosse Grünflächen, auf denen es wuchern darf.
Schwalbenschwanz

Schwalbenschwanz

Dem Schwalbenschwanz kann man speziell im Gemüsebeet etwas Gutes tun. Denn im Raupenstadium frisst er nebst verschiedenen Wildpflanzen gerne auch Möhrenkraut, Fenchel und Dill. Die Jungpflanzen sollten natürlich möglichst aus Bioanbau stammen und keinesfalls gespritzt werden.
Tagpfauenauge

Tagpfauenauge

Auch das farbenprächtige Tagpfauenauge ist als Raupe auf Brennnesseln spezialisiert. Als ausgewachsenes Tier steht der Blütennektar verschiedener Pflanzen auf dem Ernährungsplan. Der Schmetterling überwintert gerne in hohlen Baumstämmen und Astspalten, aber auch in Kellern und Gebäuderitzen. Da Bauwerke mittlerweile aber immer besser isoliert werden, schwin- den diese Rückzugsmöglichkeiten mehr und mehr.
Trauermantel

Trauermantel

Aufgrund seiner starken Spezialisierung ist die Population des Trauermantels stark rückgängig. Der Tagfalter zählt deshalb zu den gefährdeten Arten. Die Raupen leben vor allem von Birken-, Weiden- und Ulmenblättern. Die erwachsenen Tiere ernähren sich überwiegend von Baumsäften und Fallobst.

Papiliorama

Diese gemeinnützige Stiftung wurde 1988 vom niederländischen Biologen Maarten Bijleveld van Lexmond und seiner Frau Catheline gegründet – mit dem Ziel, Menschen für die Artenvielfalt der Tropenwälder zu sensibilisieren. So können im Schmetterlingshaus des Papilioramas in Kerzers (FR) über 1000 exotische Falter bestaunt werden, und zwar in allen Stadien ihres Lebenszyklus: als Ei, Raupe, Puppe und adulter Schmetterling. Darüber hinaus zeigt das Papiliorama im sogenannten «Chlitierlizäut» auch Falter, die in der Schweiz beheimatet sind und für deren Schutz sich die Stiftung ebenso einsetzt. papiliorama.ch