23. Februar 2021

Sich richtig erholen

Sich richtig erholen
Lesezeit ca. 6 min

Der Mensch hat es geschafft, zum Mond zu fliegen, gefährliche Krankheiten zu besiegen, kunstvolle Bilder zu malen oder schöne Musik zu komponieren. Doch eines scheint er verlernt zu haben: die Kunst des Nichtstuns oder sich richtig zu erholen. Dabei sind schöpferische Pausen wichtig, um kreativ denken und überhaupt etwas leisten zu können.

Erholung für den Geist

Heutzutage hat sich die Arbeitssituation für viele Menschen grundlegend geändert. Mussten sich früher die Menschen von den körperlichen Arbeiten erholen, so sind es heutzutage vor allem die geistigen Anforderungen, die nach Erholung rufen.

Doch wie erholt man sich am besten, wie lädt man seine Akkus wieder auf? Die Ferien sind bekanntlich immer zu kurz. Sollte man da lieber nichts tun, lange schlafen, die Seele baumeln lassen, oder ständig in Bewegung sein, viel Sport machen und immer neue Eindrücke sammeln?

Aktiv oder ausruhen?

Bei vielen Menschen besteht der perfekte Urlaub aus Schlafen, Essen, Baden, Lesen und Nichtstun. Andere mögen es lieber aktiver, gehen wandern, Velo fahren und so weiter. Wie man sich «richtig» erholt, ist, kurz gesagt, von Mensch zu Mensch verschieden. In der noch jungen Erholungsforschung schaut man weniger darauf, was die Leute an Aktivitäten machen, weil eben ein- und dieselbe Aktivität sehr unterschiedlich erlebt werden kann.

Sich richtig erholen

Für die Erholung in den Ferien ist vielmehr ausschlaggebend, was zur eigenen Zufriedenheit beiträgt. Doch diese Formel kann auch zu Konflikten führen, wenn man zum Beispiel mit seiner Familie unterwegs ist. Da braucht es Kompromisse, damit alle auf ihre Rechnung kommen.

«Nirgends strapaziert sich der Mensch mehr als bei der Jagd nach Erholung.»
Laurence Sterne
Britischer Schriftsteller (1713 - 1768)

«Nirgends strapaziert sich der Mensch mehr als bei der Jagd nach Erholung», schrieb der britische Schriftsteller Laurence Sterne bereits im 18. Jahrhundert. Wie wahr, könnte man da heute sagen.

«Ein Urlaub, der erholsam sein soll, sollte möglichst unspektakulär verlaufen», sagt Lutz Hertel, Diplom-Psychologe und führender Wellness-Experte in Deutschland. Verbringt man seine Ferien in der Nähe der Heimat, dann hat man gute Chancen, sich zu entspannen, weil lange Flugreisen und die Umstellung auf eine andere Klimazone entfallen. In fernen Ländern hat man mitunter mit extremen Temperaturen, der Zeitumstellung und fremdem Essen zu kämpfen. Kommen noch Durchfallerkrankungen oder anderes hinzu, dann kann der Stress gross sein und den erwarteten Erholungseffekt schmälern.

Sich richtig erholen

Erholsame und glückliche Ferien

«Aus der Glücksforschung weiss man mittlerweile, dass sich die Freude an den Ferien auf drei Phasen verteilt: die Vorfreude, die Ferien selbst und die Erinnerung daran. Und, was erstaunt, der Urlaub selbst ist nicht einmal das Schönste daran.»
Elisabeth Bürkler

Während den Ferien selbst sind die Menschen oft nur durchschnittlich gelaunt. Schliesslich ist es mit dem Urlaub genauso wie mit vielen anderen Freuden und auch mit vielen Ärgernissen: Die Menschen gewöhnen sich schnell daran.

Tipps für mehr Ferienzufriedenheit

Öfter, aber kürzer

Aus dieser Tatsache könnte man die erste Regel ableiten: Teilen Sie Ihren Urlaub auf. Die Erholung hält nach längeren Ferien nicht automatisch länger an. Machen Sie also nicht nur einmal drei Wochen lang Ferien, sondern sorgen Sie dafür, dass Sie mehrmals im Jahr kurze Ferien haben. So haben Sie besonders viele Tage, in denen Sie sich auf den Urlaub freuen oder sich daran erinnern können.

Mehr Abwechslung

Damit kein Gewöhnungseffekt eintritt, sollte man sich an Regel zwei halten: Machen Sie nicht jeden Tag das Gleiche! Wer immer wieder etwas Neues tut, ohne sich dabei übermässig anzustrengen, gewöhnt sich langsamer an den Urlaub - und behält die Freude länger.

Highlights setzen

Die dritte Regel könnte so aussehen: Wer sich entscheiden muss, ob er sein Geld lieber für zwei zusätzliche Ferientage ausgibt oder für einen Abend im Musical, der sollte sich für das Musical entscheiden. An Highlights erinnern wir uns später viel besser als an immer gleiche Tage am selben Strand. Das Highlight ist umso wichtiger, wenn es am Schluss des Urlaubs liegt.

Guter Schluss

Regel Nummer vier ist sprichwörtlich: Ein guter Schluss ziert alles. Das aussergewöhnliche Sahnehäubchen am Ende der Ferien in Form zum Beispiel eines Fünf-Sterne-Menüs mit Blick aufs Meer bleibt in der Rückschau lange im Gedächtnis.
Sich richtig erholen

Interessanterweise hat die Erholungsforschung auch herausgefunden, dass nicht die Länge der Ferien entscheidend ist, ob man sich erholt fühlt, sondern, wie man die Zeit erlebt hat.

Klug ist es auch, nach den Ferien nicht an einem Montag wieder anzufangen, sondern in der Mitte der Woche, wenn schon bald ein erholsames Wochenende naht. So kann man sich nach der ersten Stressdosis erst einmal ausruhen und die Erholung aus den Ferien in die nächste Woche retten.

Erholung im Alltag

Nicht nur Ferien sind wichtig, sondern auch die Erholung und das Abschalten nach der Arbeit. Man muss selber herausfinden, welche (sportlichen) Aktivitäten einem helfen, nach Feierabend gut abschalten zu können und wie man sie häufiger oder überhaupt in den Alltag integrieren kann. Macht man etwas mit anderen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass man besser abschalten kann.

Und zu guter Letzt noch eine Empfehlung von Wilhelm Busch (1832- 1908): «Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Kultur und Reisen.
Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist’s! Reise, reise!»