20. Januar 2023

Spürnasen im Schnee

Spürnasen im Schnee
Lesezeit ca. 4 min

Weshalb speziell ausgebildete Lawinenhunde sich zusammen mit ihrem Führer so gut für die Suche nach Verschütteten eignen, erklärt Marcel Meier aus Einsiedeln.

Warum ist der Hund der ideale Helfer, um Lawinenverschüttete zu suchen?

Spürnasen im Schnee

Aufgrund seines ausgeprägten Geruchsinns ist er für die Aufgabe prädestiniert. Er ist in der Lage, den Geruch eines Menschen zu er­ schnüffeln, der sich unter einer fünf Meter dicken Schneeschicht befindet. Hunde verfügen über 220 Millionen Riechzellen, Men­schen nur über fünf Millionen. Je länger die Schnauze des Hundes ist, desto besser ist seine Riechfähigkeit. Der Hund atmet pro Minute etwa 300 Mal ein und aus. Innerhalb einer halben bis zwei Sekunden erkennt er einen Duft und geht diesem nach. Ein weiterer Vorteil des Hundes: Er lässt sich gut im Helikopter, auf dem Skilift oder auf dem Rücken zum Unglücksort transportieren.

Eignet sich jede Hunderasse für diese Aufgabe?

Ideal sind Hunde, die gut auf Menschen und Artgenossen sozialisiert sind. Ein Lawinen­suchhund muss wetterfest, belastbar, aus­ dauernd, selbstbewusst, lauffreudig und auf­merksam sein. Er muss gerne suchen. Und eine gewisse Körpergrösse ist ebenfalls ein Muss: Ein Rauhaardackel würde aufgrund seines Körperbaus an der Aufgabe scheitern. In der Schweiz sind vor allem Labradore, Deutsche und Belgische Schäferhunde sowie die Retrieverart Toller als Lawinensuchhunde tätig. Im Moment sind 150 Hunde einsatz­ bereit.

Warum werden Lawinensuchhunde immer zusammen mit ihrem/ihrer Halter*in ausgebildet?

Die Beziehung zwischen Halter*in und Tier ist sehr wichtig. Während der Hund sein Handwerk erlernt, wird der/die Hundeführer*in bergtechnisch und in Erster Hilfe ausgebildet. Die beiden funktionieren als Team. Es gibt nur wenige Lawinensuchhunde, die mit einer fremden Person nach Verschütteten suchen würden.

Wie läuft ein Einsatz ab?

Via App werden Hundeführer*innen in der Region des Unglücks alarmiert. Sind sie ein­ satzbereit, werden sie mit ihrem Hund vom Helikopter abgeholt. Zur eigenen Sicherheit machen wir immer einen Überflug der Unfall­stelle und suchen nach Gegenständen wie Handschuhen oder Skis, die Hinweise geben könnten. Ist eine Landung möglich, beginnt der Hund sofort mit der Suche.

Wie lange dauert es, bis der Hund anzeigt und wie gross sind die Überlebenschancen?

Es kommt auf die Schneebeschaffenheit an. Bei Pulverschnee kann der Hund die Fährte oft schon nach wenigen Minuten aufnehmen. Bei kompaktem Schnee dauert es länger, bis die Duftmoleküle an die Oberfläche steigen. Die Chancen, lebend gerettet zu werden, sin­ken bereits nach 15 Minuten auf 50 Prozent. Wir haben aber auch schon nach eineinhalb Stunden Verschüttete lebend geborgen. Ent­scheidend ist, ob es Verschütteten gelingt, eine Atemhöhle zu schaffen.

Tipps: Schutz vor Lawinen

Lawinenunfälle geschehen meist abseits der gesicherten Piste. Um das Risiko eines Unfalls möglichst tief zu halten, empfiehlt das Institut für Lawinenfor­schung in Davos allen, die sich abseits der Piste im Schnee bewegen:

  • Besuchen Sie einen Lawinenkurs für Schneesportler*innen (z.B. SAC, Berg­sportschulen).
  • Informieren Sie sich über die aktuelle Lawinengefahr.
  • Rüsten Sie sich richtig aus (Lawinen­suchgerät, Schaufel, Sonde).
  • Beobachten Sie das Gelände.
  • Verhalten Sie sich entsprechend den Verhältnissen.
  • Geraten Sie in eine Lawine, lassen Sie die Stöcke los, lösen den Lawinen­-Air­bag aus (falls vorhanden) und versuchen, sich mit voller Kraft an der Oberfläche zu halten. Kurz vor dem Stillstand neh­men Sie die Hände vors Gesicht, um die Atemwege möglichst freizuhalten.