14. Mai 2021

Unsere Leber: die Entgiftungszentrale

Unsere Leber: die Entgiftungszentrale
Lesezeit ca. 8 min

Die Leber wiegt rund 1,5 Kilogramm und ist die grösste Drüse im Körper. Sie spielt eine zentrale Rolle im Stoffwechselprozess. Ohne Leber geht gar nichts – sie ist permanent auf Trab und übernimmt neben der Entgiftungsarbeit weitere Aufgaben.

Zentrale Aufgaben

Nährstoffe wie Zucker, Fett und Eiweiss, die mit der Nahrung aufgenommen werden, gelangen vom Darm ins Blut und von dort als Erstes in die Leber, die eine Filterfunktion übernimmt. Gewisse Stoffe werden von ihr extrahiert, umgebaut oder unschädlich gemacht, bevor sie wieder an den Körper abgegeben werden. Einige Stoffe werden in der Leber gespeichert. Prof. Dr. med. Stephan Vavricka, erklärt: «Zu den Giftstoffen, die die Leber umbaut beziehungsweise abbaut, gehören beispielsweise Alkohol und gewisse Medikamente.»

Die Leber übernimmt zentrale Aufgaben im Rahmen der Aufnahme und Verwertung von Nahrungsbestandteilen, wie zum Beispiel Vitaminen. Sie sorgt für die Bereitstellung lebenswichtiger Eiweissstoffe und beeinflusst auch das Immunsystem. Zudem bildet sie Hormone und Gallenflüssigkeit, die die Verdauung fördert, indem sie Fett löslich und damit besser verdaubar macht.

Um festzustellen, ob es der Leber gut geht, stehen heute verschiedene Möglichkeiten zu Verfügung. So können zum Beispiel im Blut die Leberwerte, die sogenannten Transaminasen-Werte, gemessen werden. Eine andere Möglichkeit stellt die Ultraschalluntersuchung dar. Damit lassen sich unter anderem Vernarbungen im Organ erkennen.

Was der Leber schadet

Laut Stephan Vavricka ist die Leber ein einfach gestricktes Organ: «Wenn sie mit zu vielen ungesunden Lebensmitteln wie einem Übermass an Zucker oder Fett geflutet wird und es ihr nicht mehr gut geht, verfettet sie.» Um unnötigen Stress für die Leber zu vermeiden, empfiehlt der Experte, Zucker, Fett und Giftstoffe, wie zum Beispiel Alkohol, mässig zu konsumieren und Medikamente nur dann einzunehmen, wenn sie wirklich notwendig sind.

Unsere Leber: die Entgiftungszentrale

Auch bestimmte Viren, wie zum Beispiel Hepatitis A, B und C, können der Leber schaden. Gegen Hepatitis A und B kann geimpft werden. Hepatitis B und C können zu chronischen Entzündungen in der Leber führen. Mit Hepatitis A stecken sich Betroffene oftmals durch verunreinigte Nahrung in diversen Reisedestinationen an. Hepatitis B wird vor allem beim ungeschützten Geschlechtsverkehr und wie Hepatitis C durch die gemeinsame Nutzung von Spritzen, zum Beispiel beim Drogenkonsum übertragen.

Eine Verfettung der Leber, aber auch übermässiger Alkoholkonsum können zu einer Entzündung der Leber führen. Stephan Vavricka weiss: «Oft kommt es in der Folge zu Vernarbungen im Organ.»

Problem «Fettleber» nimmt zu

Immer mehr Menschen werden mit der Diagnose «Fettleber» konfrontiert. Von einer Fettleber sprechen Fachleute, wenn sich vermehrt Fett in den Leberzellen einlagert. In westlichen Industrienationen leiden etwa 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung an einer nicht-alkoholbedingten Fettlebererkrankung. Der Grund dafür ist die Tatsache, dass in diesen Ländern immer mehr Menschen fettleibig sind. Besonders ungünstig wirkt sich eine Fettansammlung im Bauchbereich, also die Apfelform auf die Leber aus. In den USA sind bereits 50 Prozent der Bevölkerung adipös. Es wird davon ausgegangen, dass etwa die Hälfte aller stark übergewichtigen Menschen von einer Fettleber betroffen sind. Es besteht also eine Korrelation zwischen dem Gewicht und der Verfettung der Leber. Je mehr Fett sich in der Leber ablagert, desto mehr entzündet und vernarbt sie. Aus einer Leberzirrhose kann sich ein Leberzelltumor bilden.

Unsere Leber: die Entgiftungszentrale

Angesprochen darauf, ob der Mensch spürt, wenn die Leber verfettet, erklärt Stephan Vavricka:

«Eine erkrankte Leber tut nicht weh. Die meisten Patienten merken lange nichts. Die Verfettung ruft kaum Symptome hervor.»
Stephan Vavricka

Und wenn Symptome auftreten, sind diese oft unspezifisch. Betroffene haben weniger Appetit und fühlen sich müde und schlapp. Ein Druck im rechten Oberbauch oder ein Völlegefühl kann ebenfalls ein Hinweis sein. Der Experte ergänzt: «Erst bei einer ausgeprägten Fettleber lässt sich das Problem auch im Blut nachweisen. Zudem vergrössert sich das Organ.»

Prävention dank gesundem Lebensstil möglich

Ob jemand an einer Fettleber erkrankt, ist weniger eine Frage der Gene, sondern vielmehr des Lebensstils. Vorbeugend wirken Masshalten beim Alkohol und eine ausgewogene mediterrane Ernährung mit wenig Kohlenhydraten, wenig Fleisch, wenig Wurstwaren, wenig tierischen Fetten, dafür Fisch, viel Gemüse und Salat, vollwertigem Getreide und pflanzlichen Ölen. Besonders ungünstig für die Leber ist der Fruchtzucker, der heute vielen Lebensmitteln als Süssstoff zugesetzt wird. Fruchtzucker tritt zum Beispiel in Müesli, Suppen, Süssgetränken und vielen anderen Produkten auf. Und wie sieht es mit dem Fruchtzucker in Obst aus? Laut Stephan Vavricka stellt der Fruchtzucker in Obst kein Problem dar. Der Fachmann erläutert: «Es ist kaum möglich, so viele Früchte zu essen, dass der Fructose-Konsum ein sehr hohes Niveau erreicht.»

Wer übergewichtig ist, sollte auch seiner Leber zuliebe versuchen, abzunehmen. Sinnvoll sind ausserdem regelmässige Bewegung und der Konsum von Kaffee. Der Leberspezialist weiss: «Studien haben gezeigt, dass sich drei Tassen Kaffee pro Tag positiv auf die Leber auswirken.» Einen günstigen Effekt haben auch Artischocken, Fenchel und Kurkuma.

«Durch eine Umstellung des Lebensstils kann sich eine bereits verfettete Leber regenerieren. Die Vernarbungen verschwinden jedoch nicht mehr.»
Susanna Steimer Miller

Entschlackungs- und Fastenkuren tun der Leber gut

Stephan Vavricka ist ein grosser Fan von Entschlackungs- und Fastenkuren. Er sagt: «Ob jemand nun intermittierend fastet und zum Beispiel nur während acht Stunden am Tag isst oder drei Mal pro Jahr eine mehrtägige oder -wöchige Entschlackungskur macht, spielt keine Rolle. Die Leber profitiert auf jeden Fall davon, weil sie sich so nicht dauernd mit problematischen Stoffen auseinandersetzen muss.» Zudem tue es dem Körper gut, wenn der Insulinspiegel sinken kann. Jeder Mensch muss jedoch selbst herausfinden, welche Art von Entschlackungs- oder Fastenkur zu ihm passt.

Einzigartiges Organ

Die Leber ist das einzige Organ, das nachwächst, wenn ein Teil davon entfernt und zum Beispiel einem Patienten transplantiert wird, der auf eine Spenderleber angewiesen ist. Der Organspender darf also davon ausgehen, dass seine Leber nach der Operation wieder an Grösse zulegt.

Dass die Leber regenerationsfähig ist, wussten übrigens schon die alten Griechen. Der Gott Prometheus wurde gemäss einer Sage von Zeus zur Strafe für sein listiges Verhalten an einen Berg im Kaukasus festgeschmiedet. Dort stattete ihm ein Adler regelmässig einen Besuch ab und frass ihm jedes Mal ein Stück von seiner Leber weg. Diese erneuerte sich aber stets. Letztlich wurde Prometheus von Herakles erlöst, der den Adler abschoss.

Tipps für eine gesunde Leber

  • Ernähren Sie sich ausgewogen. Leberschonend ist die mediterrane Ernährung mit viel Gemüse und Salat, Fisch, Obst, vollwertigem Getreide, pflanzlichen Ölen, wenig Fleisch, wenig tierischen Fetten und wenig Kohlenhydraten.
  • Wasser ist der perfekte Durstlöscher. Verzichten Sie auf Süssgetränke, da viele Fruchtzucker enthalten, der sich ungünstig auf die Leber auswirken kann.
  • Halten Sie Mass beim Alkohol. Gönnen Sie Ihrer Leber alkoholfreie Tage.
  • Lassen Sie sich gegen Hepatitis A und B impfen.
  • Nehmen Sie nur Medikamente ein, die Sie wirklich benötigen. Überschreiten Sie die maximal empfohlene Dosis nicht.
  • Achten Sie auf ein gesundes Körpergewicht.
  • Bleiben Sie in Bewegung. Sport unterstützt den Stoffwechsel und wirkt der Fettleber entgegen.