Die persönliche Wertehaltung ist der rote Faden beim Ausfüllen der Patientenverfügung. Die Beraterin des SRK hilft mit den richtigen Fragen. © SRK / Ruben Ung

Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) bietet eine Patientenverfügung zum selbst Ausfüllen an. Ein Beratungsgespräch lohnt sich jedoch. Ein Selbsterfahrungsbericht über den begleiteten Weg, den eigenen Willen festzuhalten.

In zwei Tagen werde ich zusammen mit einer Beraterin vom SRK-Kantonalverband in meiner Nähe meine Patientenverfügung erstellen. Zur Vorbereitung soll ich mir Notizen zu meiner persönlichen Werthaltung machen. Dazu habe ich Unterlagen erhalten. Ich schreibe munter drauflos, was meine Motivation ist. Dann wird es schwieriger. Es fällt mir nicht leicht, meine Gedanken in Worte zu fassen.
Ich lese die Wegleitung. Da sie verständlich die einzelnen Punkte erklärt, finde ich wieder in den Schreibfluss zurück. Trotzdem frage ich mich bei jeder Formulierung: Drücke ich mich unklar oder zu extrem aus? Nach dem ersten Teil wird mir bewusst, dass ich Mühe habe, die Detailfragen allein zu beantworten. Entsprechend gespannt bin ich auf das Beratungsgespräch.

Persönliche Werthaltung – der rote Faden

Ich fühle mich von Beginn weg gut aufgehoben beim SRK Kanton Bern. Die 59-jährige Beraterin hat einen Lehrgang besucht, um sich das Fachwissen anzueignen. Nach ihren einleitenden Worten wird mir klar, worum es wirklich geht: «Ihre persönliche Werthaltung ist der rote Faden. Er zieht sich durch alle Detailfragen und sorgt dafür, dass Ihre Patientenverfügung keine Widersprüche enthält.» Die Werthaltung soll aufzeigen, «warum» ich eine medizinische Massnahme befürworte oder ablehne.

Beratung und Entlastung

Während des ganzen Gesprächs verspüre ich keinen Hauch von Beklemmung. Im Gegenteil, es gibt sogar einen Grund zu lachen. Dann, wenn ich mich nicht entscheiden kann und immer wieder mal «Entscheid durch Bevollmächtigte» ankreuzen will. Meine Beraterin erinnert mich an meine ursprüngliche Motivation: Die Angehörigen sollen entlastet sein. Stimmt, recht hat sie. Folgen wir wieder «dem roten Faden» – entscheiden muss ich. Auch mein fragender, hilfesuchender Blick bleibt erfolglos.

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Die Beraterin hält alle meine Entscheide schriftlich fest.

Kontrollfunktion: Widersprüche vermeiden

Komme ich jedoch gänzlich von meiner ursprünglichen Wertehaltung ab, gibt sie mir einen Hinweis. In diesem Sinn hat die Beraterin eine Kontrollfunktion und stellt sicher, dass letztlich auch das medizinische Fachpersonal keine widersprüchlichen Aussagen findet. Denn solche könnten falsch ausgelegt werden.
Die Beraterin hält alle meine Entscheide schriftlich fest und schickt mir die Patientenverfügung fertig zum Unterschreiben nach Hause. Nun kann ich das Dokument selbst aufbewahren oder geschützt beim SRK hinterlegen. Die Hinterlegung beim SRK stellt sicher, dass im Ernstfall die medizinischen Fachpersonen jederzeit darauf zugreifen können.

Aktuell und sicher hinterlegt

Jede hinterlegte Patientenverfügung wird von einer Fachperson auf Verständlichkeit und formelle Vollständigkeit überprüft; und ich erhalte alle zwei Jahre eine Aufforderung, die Verfügung den aktuellen Umständen anzupassen. So kann ich im Notfall nicht nur sicher sein, dass die Verfügung rasch zur Hand ist, sondern auch, dass sie verständlich formuliert ist.

Und die Organspende?

Eine Patientenverfügung klärt auch die Frage der Organspende und regelt, wer im Spital Auskunft und Zutritt erhält. Für nicht Verheiratete ist dies eine rechtlich gute Lösung, um eine bestimmte Person zu bevollmächtigen.

Es ist nie zu früh, sich mit dem Leben und seinem Lebensende auseinanderzusetzen. Wir wissen nie, wann es dafür zu spät sein könnte. Und schliesslich ist es, ist wie mit jeder Pendenz, die wir von der Liste als «erledigt» streichen dürfen: Es ist ein gutes Gefühl.

Tanja Reusser

Sprechen Sie mit Ihren Nächsten

In einer Patientenverfügung können Sie festhalten, welchen medizinischen Massnahmen Sie zustimmen, wenn Sie nicht mehr urteilsfähig sein sollten. Dabei helfen Gespräche mit Angehörigen und Fachpersonen sowie das Niederschreiben des persönlichen Willens. Wir beantworten die derzeit häufigsten Fragen.

Wann wird die Patientenverfügung berücksichtigt?

Die Verfügung kommt nur zum Einsatz, wenn Entscheide zur medizinischen Behandlung anstehen und Sie selber Ihren Willen dazu nicht mehr äussern können. Eine Patientenverfügung kann die Entscheidungsfindung für die vertretungsberechtigte Person und das medizinische Behandlungsteam erleichtern und hilft, Sie gemäss Ihrem persönlichen Willen zu behandeln.

Ich habe noch keine Patientenverfügung. Wie gehe ich vor?

Die Auseinandersetzung mit Ihren Wünschen und Bedürfnissen im Hinblick auf eine medizinische Behandlung ist generell empfehlenswert. Wichtig dabei ist das Gespräch mit den Angehörigen. Wenn Sie eine Patientenverfügung erstellen möchten, finden Sie Vorlage und Wegleitung dazu im Internet oder in der Vorsorgemappe des SRK. Das SRK bietet auch Beratungen zur Erstellung einer Patientenverfügung an.

Worauf muss ich beim Verfassen einer Patientenverfügung achten?

Die Entscheidung für oder gegen bestimmte medizinische Massnahmen für den Fall, dass man nicht mehr urteilsfähig ist, sollte allgemein gefällt werden, und nicht für eine einzelne Krankheit. Zudem sollten Sie festhalten, welche Gründe sie dazu bewogen haben, sich in einer solchen Situation für oder gegen bestimmte Massnahmen zu entscheiden (persönliche Werte).

Warum braucht es eine vertretungsberechtigte Person?

Wenn Sie urteilsunfähig sind, trifft die vertretungsberechtigte Person an Ihrer Stelle die medizinischen Entscheidungen. Damit sie dies tun kann, hat diese Person das Recht, über Ihren Zustand, die Behandlungsmöglichkeiten und die Risiken informiert zu werden. Wenn eine Patientenverfügung existiert, hat diese Person dafür zu sorgen, dass der von Ihnen festgehaltene Wille respektiert wird.

Bewahren Sie Ihre Patientenverfügung an einem Ort auf, an dem sie leicht auffindbar ist. Mit einer Hinterlegung beim SRK stellen Sie sicher, dass sie rund um die Uhr, auch an Feiertagen, verfügbar ist. Sie können sie auch der vertretungsberechtigten Person anvertrauen oder ihr mitteilen, wo sie diese finden kann.

Produktfoto der SRK-Vorsorgemappe

Vorsorgemappe mit allen Vorsorgedokumenten

Ob Sie sich beraten lassen, oder ob Sie sich zuerst selbst informieren und mit den Vorlagen eigene Überlegungen anstellen wollen – in der Vorsorgemappe des Schweizerischen Roten Kreuz finden Sie die nötigen Informationen.

Damit es so kommt, wie Sie es möchten:

vorsorge.redcross.ch