Während der Pandemie haben Angst- und Panikstörungen zugenommen. Oft zögern Betroffene, sich rechtzeitig Hilfe zu holen. Die Atemtherapie zeigt Auswege aus der Not.
Ihren blauen, aufblasbaren Ball hat Stefanie immer in der Handtasche. Er unterstützt sie im Alltag, zuhause, bei der Arbeit und in der Freizeit. Und er gibt ihr das zurück, was sie vor ein paar Monaten noch hatte: ihre Lebensfreude.
Vor einigen Wochen landete Stefanie in der Notfallpraxis.
Zum Glück konnte die Ärztin sie beruhigen – zumindest halbwegs. Die Symptome seien typisch für eine Panikattacke, meinte sie; und gab ihr ein Medikament zur Entspannung.
Der anschliessende Termin beim Hausarzt brachte eine Angst- und Panikstörung zutage, die eine Therapie nötig machte. Der Arzt empfahl eine Körpertherapie, da diese Art der Unterstützung seiner Meinung nach die nachhaltigsten Resultate zeige.
Stefanie war skeptisch. Sie hatte bereits eine psychotherapeutische Therapie hinter sich und mochte sich nicht auf eine weitere einlassen. Ihre beste Freundin aber wusste von einer Atem- und Körpertherapeutin, bei der sie vor einem Jahr wegen einer Schlafstörung in Behandlung gewesen war. Diese hatte ihr sehr geholfen und ihr ein ganz neues Körpergefühl vermittelt. Also entschloss sich Stefanie, es mit Atemtherapie zu versuchen.
Der erste Termin sorgte für eine Überraschung. Nach einem kurzen Gespräch, in welchem die Therapeutin Stefanie nach ihren Erlebnissen und Symptomen befragte, bat sie ihre Klientin, im Stehen eine Übung zu machen. Zuerst wollte sie wissen, wie Stefanie die eigene Atmung wahrnehme. «Eine seltsame Frage», dachte die 42-Jährige und versuchte, ihren Atem zu beobachten. Spontan beschrieb sie, was sie empfand. Dabei fiel ihr auf, dass sich die Brust in schnellem Rhythmus hob und senkte, der Bauchraum aber wie abgeschnitten war.
Die Therapeutin holte einen Ball und legte ihn Stefanie unter die Achsel. Sie leitete sie an, Bezug mit dem Ball aufzunehmen, zu spüren, wie er sich an ihren Körper schmiegte, und ihn sanft zu bewegen. Stefanie schloss die Augen – und liess sich ganz auf die Bewegung ein. Es folgten weitere Übungen mit dem Ball. Stefanie wurde immer lockerer – und bemerkte auf einmal, dass sich auch ihr Atem vertieft und wieder stärker Richtung Bauch bewegt hatte. So fühlte sich das Leben endlich wieder besser an!
Fälle wie der von Stefanie sind keine Seltenheit. Gerade in der Zeit der Pandemie haben Angst- und Panikstörungen zugenommen. Der Druck der einschränkenden Massnahmen, das stundenlange Tragen der Masken, die Angst um die Zukunft: Dies alles führte dazu, dass vielen Menschen der Atem stockte.
Nicht nur sie finden in der Atem- und Körpertherapie konkrete Hilfe im Alltag. Auch Menschen mit spezifischen Atemwegserkrankungen, Schlafapnoe, diffusen Krankheitsbildern oder traumatischen Erfahrungen unterstützt die eidgenössisch anerkannte Methode der Komplementärtherapie auf ganzheitliche Art und Weise darin, über den Atem wieder Zugang zu ihrem Körper und zu ihren Ressourcen zu finden.