Zitronenmelisse: viel mehr als nur ein Teekraut
Lesezeit ca. 5 min

Zitronenmelisse (Melissa officinalis) aus der Familie der Lippenblütler (Labiatae): lindert Angstzustände und beruhigt damit verbundenes Herzrasen.

Botanik der Zitronenmelisse

Die ausdauernde Staude ist anspruchslos und wächst im Topf oder Kräutergarten auch bei Menschen ohne «grünen Daumen» gut. Ursprünglich war die Pflanze rund ums Mittelmeer zu Hause und verbreitete sich von dort aus auch in unsere Regionen. Sie mag eher trockenen oder gar steinigen Boden und selbst Schattenplätze machen ihr nicht viel aus.

Als Zierpflanze erfreut sie unser Auge mehr durch die feinen Blätter als mit ihren kleinen Blüten. Für die Bienen ist das natürlich gerade umgekehrt.

«Sie lieben den Nektar der Zitronenmelisse, weshalb diese auch als Bienenkraut oder als Honigblume bezeichnet wird.»
Judith Dominguez

Den botanischen Namen «Melissa» hat die Pflanze von ihren Besuchern erhalten. Auf Griechisch heisst die Honigbiene nämlich «Melissa». Der Wurzelstock überdauert selbst harte Winter und im Frühling bildet er neue, würzige Blätter.

Zitronenmelisse (Melissa officinalis)

Natürliche Hilfe aus dem Klostergarten

Die Blätter der Zitronenmelisse riechen, wie ihr Name vermuten lässt, nach Zitrone. Deshalb ist der Teeaufguss – kalt oder warm getrunken – ein köstlicher Durstlöscher. Doch in den Blättern der Honigblume steckt sehr viel mehr als nur der feine Duft.

«In der Antike waren die Melissenblätter, Folia Melissae, eine Medizin zur Beruhigung und zum Lösen von Verkrampfungen. Davon wussten schon die Mönche im Mittelalter.»
Judith Dominguez

Bei den Benediktinern oder Karmelitern fehlte die Zitronenmelisse in keinem ihrer Kräutergärten. Laut Überlieferungen war der Anbau in den kalten Regionen Europas anfangs schwierig. Offenbar war die Pflanze noch nicht winterhart, aber mit der Zeit hat sie sich an das Klima gewöhnt.

Und bald darauf kam der «Klosterfrau Melissengeist» in die Regale aller Apotheken: Im Jahre 1792 arbeitete die Ordensfrau Maria Clementine Martin in ihrem Kloster als Krankenschwester. Um ihren Patienten noch besser helfen zu können, setzte sie sich intensiv mit unterschiedlichen Heilmethoden auseinander, unter anderem mit der Wirkung der Melissenextrakte. Doch bald darauf wurde das Kloster wegen der Säkularisierung aufgehoben und Schwester Maria wurde arbeitslos. Aus dieser Not heraus gründete sie 1826 eine eigene Firma und begann ihren «Klostergeist» zu produzieren und zu verkaufen.

Zitronenmelisse hat Wirkung auf die Psyche

Dieses natürliche Medikament wurde bei innerer Unruhe, Schlaflosigkeit, Muskelverspannungen und Erkältungen angewendet. Die Wirkung der Zitronenmelisse auf die Psyche wurde sogar in einer Studie nachgewiesen. Die Forscher nutzten Melissenextrakte in Kapselform und fanden eine signifikante Wirkung gegen Angstgefühle, depressive Verstimmungen und Schlaflosigkeit infolge psychosozialer Belastungen.

Die Ursache dieser Wirkung ist eine Hemmung der GABA- Transaminase, die die Gamma­aminobuttersäure, kurz GABA, abbaut. Durch die Einnahme steigt der GABA-Spiegel. GABA ist einer der wichtigsten Neurotransmitter in unserem Nervensystem. Er hat eine hemmende Wirkung. Je höher unser GABA-Spiegel ist, desto entspannter fühlen wir uns.

Der Extrakt wird in flüssiger Form oder als Kapsel rezeptfrei in Apotheken verkauft.

Zitronenwürze – aromatisch und fein

Die Blätter der Zitronenmelisse enthalten ätherische Öle wie Citral, Citronellol und Linalool, die ihnen den einzigartigen Duft verleihen. Die Mönche aromatisierten damit früher ihre Liköre und Tees. Diese Verwendung ist bis heute beliebt.

Die jungen Zweige und Blätter würzen zudem jeden Salat auf ganz charakteristische Weise. Auch Pilzgerichten geben die Blätter eine feine Zitronennote. Die Zitronenmelisse passt ausserdem als Gewürz gut zu Fischspeisen oder Geflügel.

Wer sich einen gesunden Brotaufstrich selbst herstellen möchte, mischt Quark mit verschiedenen frischen Kräutern, darunter die fein gehackten Blätter der Zitronenmelisse.

Auch Nachspeisen werden gern mit Zitronenmelisse garniert und gewürzt. Besonders beliebt sind Kombinationen mit Erd- und Himbeeren oder Aprikosen.