Die inverse Endoprothetik hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu einer Standardversorgung beim künstlichen Gelenkersatz der Schulter etabliert. Obwohl die Ergebnisse der anatomischen Endoprothesen bei korrekter Indikationsstellung exzellent sind, stellt bei diesem Endoprothesentyp im Langzeitverlauf die Pfannenlockerung weiterhin ein ungelöstes Problem dar.
Die hervorragenden Resultate der inversen Endoprothese haben dazu geführt, dass seit einigen Jahren mehr inverse als anatomische Schulterendoprothesen implantiert werden, Tendenz weiterhin steigend.
Eine sorgfältige präoperative Analyse und Operationsplanung sowie langjährige Erfahrung in der Schulterendoprothetik sind Voraussetzungen für die erfolgreiche Behandlung.
Durch das «Vertauschen» von Pfanne und Kugel kommt es zu einer stabilen Verlagerung des Drehzentrums und damit zu einer erhöhten Vorspannung des Deltamuskels. Während die ersten Entwicklungen noch von Fehlschlägen mit hohen Lockerungsraten gekennzeichnet waren, so hat die inverse Endoprothese seit der Einführung des «Grammont-Konzepts» (Medialisierung und Kaudalisierung des Drehzentrums) einen Siegeszug angetreten.
Das Konzept der inversen Endoprothese kompensiert dabei den Verlust von Sehnen bzw. den Zustand einer insuffizienten Rotatorenmanschette und ermöglicht wieder ein aktives Anheben des Armes.
Heutzutage sind die Indikationen der inversen Endoprothese relativ klar definiert, die Langzeitergebnisse bekannt und mögliche Komplikationen überwiegend erfolgreich zu behandeln.
Die inverse Endoprothese ist dabei eine hervorragende Therapieoption für irreparable Rotatorenmanschettenrisse, fortgeschrittene Defektarthropathien und primäre Arthrosen in Bezug auf Schmerzreduktion, Funktions- und Bewegungsverbesserung. Auch in der primären Frakturversorgung, der Revisions- und Tumorchirurgie profitieren Patientinnen und Patienten wesentlich von dieser Therapieform. In Abhängigkeit der zugrundeliegenden Erkrankung wurden Standzeiten von über 90 Prozent nach 10 Jahren dokumentiert. Auch wenn Bewegungsumfänge und Kraft nach ca. 8 Jahren etwas nachlassen, bleibt die Patientenzufriedenheit unverändert hoch.
Diese ermutigenden Langzeitresultate haben auch dazu beigetragen, dass zunehmend jüngeren Patientinnen und Patienten inverse Endoprothesen implantiert werden. Die besten funktionellen Ergebnisse erreichen jene mit irreparablen Rotatorenmanschettenrissen, Defektarthropathien und primären Omarthrosen, während Patientinnen und Patienten nach Revisionen und den Folgen aufgrund von Frakturen schlechtere Resultate aufweisen.
Virtuelle Technologien und neue Implantat-Entwicklungen finden gegenwärtig bereits breitflächig Anwendung, mit dem Ziel, die klinischen und radiologischen Ergebnisse nachhaltig weiter zu verbessern und zugleich die Standzeiten zu verlängern. Aufgrund der Einschränkungen von Standardröntgenbildern und zweidimensionalen CT-Aufnahmen im Rahmen der präoperativen Planung findet die 3D-Bildgebung zunehmend Anwendung.
Komplexe Deformitäten der Schulterpfanne und des Oberarmkopfes können damit genauer und zuverlässiger dargestellt werden. Mithilfe von 3D-Planungssystemen kann der Operateur zudem das zu verwendende Implantat auswählen, die optimale Platzierung festlegen und den zu erwartenden Bewegungsumfang im Vorfeld einschätzen.
In den letzten Jahren wurden zudem die Designs und Konfigurationen der Implantate modifiziert, um die Funktion zu verbessern, Komplikationen zu reduzieren und Knochen sparender vorzugehen. Eine Lateralisierung auf Pfannen- und Oberarmseite wurde beschrieben, um die Rotationsbewegungen zu verbessern und das Anschlagen der Endoprothese am Schulterblatthals («Notching») zu verringern.
Dieses Konzept der bipolaren Lateralisation führt zu hervorragenden klinischen Ergebnissen, niedrigen Komplikationsraten und geringen Raten von radiographischem «Notching». Zusätzlich ermöglichen augmentierte Implantate («full-wedge» Basisplatten) eine einfache Korrektur beziehungsweise Rekonstruktion von Knochenverlusten auf der Pfannenseite.
Heutzutage ist die inverse Endoprothese aus dem Alltag der Schulterchirurgie nicht mehr wegzudenken. Die klinischen Ergebnisse sind hervorragend und reproduzierbar, die Standzeiten beeindruckend. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die verbesserte präoperative Planung und die modernen Weiterentwicklungen die Ergebnisse nachhaltig positiv beeinflussen werden.