In der Schweiz erkranken laut der Krebsliga rund 4500 Menschen jedes Jahr neu an Lungenkrebs. Im folgenden Interview erklärt Prof. Dr. med. Miklos Pless, was Betroffene über die Behandlungsoptionen bei dieser Tumorart wissen müssen.

Wie entsteht Lungenkrebs?

In 90 Prozent der Fälle wird Lungenkrebs durch Rauchen verursacht. Fünf Prozent der Patienten erkranken aufgrund von Passivrauchen. Diese Zahl hat seit der Einführung des Rauchverbots am Arbeitsplatz, in Restaurants und im öffentlichen Verkehr abgenommen. Selten spielen Asbest oder Radon eine Rolle bei der Entstehung dieser Krebsart. Es gibt aber auch Menschen, bei denen keiner dieser Risikofaktoren vorliegt, sie haben einfach Pech.

Wie macht sich Lungenkrebs bemerkbar?

Das Problem bei diesem Krebs ist die Tatsache, dass der Tumor meist lange keine Symptome verursacht und deshalb erst spät entdeckt wird. Weder der Krebs noch die Lunge verursachen im Frühstadium Schmerzen. Ein mögliches Symptom ist Husten, aber Raucher, die ohnehin häufig husten müssen, bemerken diese Zeichen meist nicht und gehen oft erst dann zum Arzt, wenn der Tumor bereits Ableger gebildet hat. Bei 40 Prozent der von Lungenkrebs betroffenen Menschen sind bei der Diagnosestellung leider bereits Metastasen im Körper vorhanden.

Wann empfehlen Sie eine Arztkonsultation?

Zeichen für Lungenkrebs können vermehrtes oder verändertes Husten, Bluthusten, Atemnot, Gewichtsverlust und Schmerzen sein, die zum Beispiel auftreten können, wenn sich der Tumor ins Brustfell ausgedehnt oder in den Knochen Ableger gebildet hat.

Bei Menschen, die schon seit längerer Zeit oder viel rauchen, wird heute ein Lungenscreening zur Früherkennung mit einer Computertomographie erwogen. Diese Abklärung wird im Moment noch nicht von den Krankenkassen bezahlt. Wichtig ist, dass das Screening von einem Rauchentwöhnungsprogramm begleitet wird. Wir wissen, dass das Risiko für Lungenkrebs nach einem Rauchstopp schnell abnimmt.

Mittels einer Lungenspiegelung entnimmt man Gewebe aus der Lunge und untersucht dieses auf Tumorzellen. Mit einem Computertomogramm lässt sich die Ausdehnung des Tumors feststellen und ob Ableger vorliegen. Besonders gut sieht man Ableger mit einem sogenannten PET-Computertomogramm.

Welche Möglichkeiten zur Behandlung von Lungenkrebs gibt es heute?

Die Behandlung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ist ein Tumor noch klein und sind keine Ableger vorhanden, kann er operativ entfernt werden. In diesem Fall ist eine Heilung möglich. Wenn eine Operation keine Option ist, weil zum Beispiel die Lungenfunktion schlecht ist, wird der Tumor bestrahlt, sofern er noch keine Metastasen gebildet hat. Auch in diesem Fall besteht Hoffnung auf Heilung. Ist der Tumor in der Lunge weit fortgeschritten, ohne dass Ableger festgestellt wurden, werden Bestrahlung und Chemotherapie kombiniert. Ziel ist auch hier die Heilung.

Wie sieht es aus, wenn sich bereits Metastasen gebildet haben?

Auch hier gibt es verschiedene Behandlungsoptionen. Viele Patienten mit Metastasen erhalten eine Behandlung mit einer Chemotherapie, um den Tumor möglichst in Schach zu halten. Heute wird die Chemotherapie sehr häufig mit einer Immuntherapie ergänzt, dadurch werden die Resultate deutlich besser. Zirka 15 Prozent aller Patienten mit Metastasen, meistens Nichtraucher, haben eine Mutation. Diese Patientengruppe profitiert von zielgerichteten, sehr wirksamen Therapien gegen diese Mutationen.

Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit den Alternativen zu den Chemotherapien gemacht?

Die zielgerichtete Therapie, die meist in Tablettenform verabreicht wird, ist deutlich besser verträglich als die Chemotherapie. Auch die Immuntherapie ist in der Regel gut verträglich. Sie führt dazu, dass das Immunsystem Krebszellen erkennt und diese angreift. In seltenen Fällen kann das Immunsystem aber auch gesundes Gewebe angreifen und zum Beispiel auf der Haut zu Juckreiz führen. Schwere Nebenwirkungen, die man gut mit Cortison behandeln kann, sind selten. Bei Menschen, die auf die Therapie ansprechen, verlängert sich das Überleben nachhaltig. Früher überlebten Lungenkrebspatienten mit Metastasen im Schnitt nur gerade zehn Monate. Dank dieser neuen Behandlung leben manche Patienten drei bis fünf Jahre nach der Diagnose bei guter Lebensqualität.