In der Schweiz erkranken pro Jahr rund 6500 Frauen an Brustkrebs. Dank Früherkennung und individueller Behandlungen ist die Heilungsquote in den letzten Jahren stark gestiegen. Im Brustzentrum der Klinik für Gynäkologie am Universitätsspital Zürich erhalten betroffene Frauen neueste Therapien und umfassende Unterstützung.
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung von Frauen in der Schweiz. Rund 6500 Frauen erkranken hierzulande pro Jahr neu, jede achte Frau erhält irgendwann in ihrem Leben die Diagnose Brustkrebs.
sagt Isabell Witzel, Direktorin der Klinik für Gynäkologie am Universitätsspital Zürich (USZ) und Spezialistin für Brustkrebserkrankungen. Sie leitet zudem das zur Klinik gehörende Brustzentrum. Das Team des zertifizierten Brustzentrums besteht aus erfahrenen Spezialistinnen und Spezialisten aus der Gynäkologie. Das Zentrum ist zudem innerhalb des USZ mit verschiedenen Kliniken vernetzt und gehört dem Comprehensive Cancer Center Zürich (CCCZ) an, in dem das klinische Fachwissen und die Expertise der onkologischen Forschung der Universität Zürich gebündelt sind.
«Die regelmässige Selbstuntersuchung kann dazu beitragen, einen Tumor früh zu erkennen», hält Isabell Witzel fest.
Ein tastbarer Knoten oder eine Verhärtung (oft im Bereich der Brustwarze), eine Einziehung oder andere Veränderung bei der Brustwarze oder am Brustwarzenhof, eine Flüssigkeitsabsonderung aus der Brustwarze oder tastbare Lymphknoten in der Achselhöhle.
Einen Knoten zu entdecken, ist für jede Frau beunruhigend. Aber nicht jede Veränderung in der Brust ist bösartig. Es kann sich auch um gutartige Tumore handeln, etwa Fibroadenome. Man sollte eine Veränderung dennoch rasch abklären lassen, um sich Gewissheit zu verschaffen, und vor allem auch Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen.
Viele Frauen zögern jedoch eine Mammografie hinaus, weil sie die Untersuchung als unangenehm und schmerzhaft empfinden. Am USZ wurde deshalb ein Spiral-Computertomographie-Gerät entwickelt. Das sogenannte Mamma-CT erstellt Mammografien ohne Kompression der Brust. Hochmoderne automatisierte Ultraschalluntersuchungen ergänzen die Diagnostik.
Die schnelle und präzise Abklärung von Brustbeschwerden oder -veränderungen ist zentral. «Die Früherkennung ist bei Brustkrebs immer noch der wichtigste Faktor», so Isabell Witzel.
Der Ansatz des Brustzentrums ist die umfassende Versorgung betroffener Patientinnen. Dazu gehören nicht nur individuelle Therapien auf dem neuesten Stand der Forschung. Die Behandlung schliesst auch komplementärmedizinische und psychoonkologische Angebote ein und die Begleitung durch speziell ausgebildete «Breast and Cancer Care Nurses» (BCCN), die die Patientinnen und ihre Angehörigen in allen Belangen beraten und unterstützen (s. Interview).
In einem Tumorboard, einem Zusammenschluss von Spezialistinnen und Spezialisten verschiedener Fachrichtungen, wird für jede einzelne Patientin die auf sie passende, wirksamste und schonendste Behandlung zusammengestellt.
schildert Witzel. Der Vorschlag des Tumorboards wird mit der Patientin eingehend besprochen, bevor sie sich für eine Behandlung entscheidet. Ebenso wie alle weiteren Schritte im Laufe der Therapie.
Das Spektrum der Therapiemethoden ist mittlerweile breit. Die Behandlung richtet sich unter anderem nach der Art beziehungsweise dem Typus des Krebses und danach, ob der Tumor noch örtlich beschränkt ist, ob sich Krebszellen schon in benachbartes Gewebe ausgebreitet haben oder im Körper Ableger, die Metastasen, bestehen. Von der Operation über Chemotherapie, Antihormonbehandlung, medikamentöse Zellwachstumshemmung, Immuntherapie bis zur Bestrahlung setzt das Brustzentrum sämtliche Verfahren ein. «Die Fortschritte in der Forschung und daraus entwickelte neue und ganz spezifische Behandlungsmethoden haben neben der Früherkennung massgeblich dazu beigetragen, dass die Heilungsrate bei Brustkrebs heute so hoch ist», erzählt Isabell Witzel, die neben ihrer Tätigkeit als Ärztin und Klinikdirektorin auch selbst in der Brustkrebsforschung aktiv ist.
Fällt die Diagnose Brustkrebs, fürchten viele Frauen den Verlust ihrer Brust oder beider Brüste durch die Krankheit.
so Witzels Erfahrung. «Unser Ansatz ist, so wenig wie möglich und so viel wie nötig zu operieren.» Der kosmetische Ausgleich kommt schon vor der Operation zur Sprache. Denn der Wiederaufbau ist in vielen Fällen schon während der Operation mit Silikonprothesen oder körpereigenem Gewebe möglich. Wird eigenes Gewebe verwendet, wird die Operation zusammen mit den Spezialist*innen der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie geplant und durchgeführt.
Bei den häufigsten Brustkrebsarten haben die Tumorzellen Andockstellen für die weiblichen Hormone Östrogen und Progesteron. Über diese Rezeptoren regen die Hormone das Wachstum der Tumorzellen an. Mit einer Antihormontherapie kann in diesen Fällen versucht werden, die Wirkung der Hormone zu verhindern und die Tumorzellen so am Wachsen zu hindern. Eingesetzt wird diese Therapie nach abgeschlossener Chemotherapie, begleitend zu anderen Behandlungsmethoden. Die Wirkstoffe werden täglich als Tablette eingenommen oder mittels Spritze monatlich verabreicht und verteilen sich im ganzen Körper. So werden auch Tumorzellen erreicht, die möglicherweise nach einer Operation oder Bestrahlung noch im Körper vorhanden sind.
«Brustkrebs kann jede Frau treffen», hält Isabell Witzel fest. Letztlich braucht es dafür lediglich eine entsprechende Zellveränderung im Brustdrüsengewebe, bei der ursprünglich gesunde Zellen unkontrolliert wachsen und schliesslich zu einem Knoten oder Tumor in der Brust werden.
Es gibt jedoch Faktoren, die ein erhöhtes Risiko mit sich bringen. «Wir wissen, dass bei bis zu einem Drittel der Brustkrebsfälle, die bei Frauen nach den Wechseljahren auftreten, der Lebensstil zur Erkrankung beigetragen hat», so Witzel. «Bewegungsmangel, insbesondere nach den Wechseljahren, Übergewicht, eine fettreiche Ernährung, Rauchen und übermässiger Alkoholkonsum, aber auch die Vorerkrankung Diabetes gelten heute gesichert als Risikofaktoren für Brustkrebs.» Mit einem gesunden Lebensstil könnten Frauen auch aktiv ihr Brustkrebsrisiko senken.
Andere Faktoren können Frauen nicht beeinflussen. So können familiär gehäuft auftretende Fälle von Brustkrebs ein Hinweis auf eine vererbbare genetische Veränderung sein, die das Risiko massiv erhöht, schon in jungen Jahren an Brustkrebs zu erkranken. Dies geht auch mit einer Anfälligkeit für andere Tumorformen einher. Eine genetische Abklärung kann dann angezeigt sein. Das Brustzentrum am USZ bietet dafür eine spezialisierte genetische Beratung an. Stellt sich heraus, dass eine Frau Trägerin der sogenannten «Tumorgene» ist, erhält sie eine auf ihre Situation abgestimmte Beratung sowie Empfehlungen zum weiteren Vorgehen.
Auch nicht beeinflussen lässt sich das zunehmende Brustkrebsrisiko durch das Alter. Das durchschnittliche Alter für eine Brustkrebserkrankung liegt heute bei 64 Jahren.
Auch im Brustgewebe eines Mannes könen sich Tumore bilden, denn das männliche Brustgewebe ist ähnlich aufgebaut wie das weibliche. Brustkrebs bei Männern ist jedoch selten. In der Schweiz erkranken etwa 50 Männer pro Jahr daran, die meisten Betroffenen sind bei der Diagnose über 60 Jahre alt. Die Symptome sind identisch mit denen bei Frauen.
Weitaus häufiger ist bei Männern eine gutartige Anschwellung und Vergrösserung der männlichen Brust (Gynäkomastie). Ursache ist ein hormonelles Ungleichgewicht. Diese hormonellen Veränderungen können jedoch das Risiko erhöhen, an Brustkrebs zu erkranken. Eine Gynäkomastie und andere Symptome sollten deshalb abgeklärt werden.
Ans Brustzentrum des USZ werden auch spezielle Fälle zugewiesen, so etwa Frauen, bei denen während einer Schwangerschaft Brustkrebs festgestellt wird. Dank der Erfahrung im Brustzentrum und der engen Vernetzung mit den anderen Fachbereichen im USZ kann das Zentrum betroffenen Frauen auch Therapien während der Schwangerschaft und die Behandlung über die Geburt hinweg ermöglichen.
«Als Klinik und Zentrum eines Universitätsspitals behandeln wir nach den neuesten Erkenntnissen der Forschung und tragen mit unseren eigenen Forschungsprojekten zum Fortschritt bei», erzählt Isabell Witzel. Neben laufenden Studien zum automatisierten Ultraschall verfolgt eine weitere Studie das Ziel, Tumorzellen bei fortgeschrittenem Brustkrebs im Blut zu erkennen. Zudem sind klinische Studien zu Therapien in Vorbereitung. «Dank unserer Nähe zur Forschung», so Witzel, «können wir unseren Patientinnen im Rahmen von Studien so auch die neuesten Therapien anbieten.»
Katja Werffeli ist «Breast und Cancer Care Nurse» (BCCN) am Brustzentrum USZ. Gemeinsam mit zwei Kolleginnen betreut sie Frauen mit Brustkrebs und gynäkologischen Tumorerkrankungen.
Wir begleiten Patientinnen und Angehörige, wenn Entscheidungen zur Diagnose oder Therapie anstehen. Zudem unterstüt zen wir vor der Operation und während der Nachbehandlung; beispielsweise bei der Auswahl eines gut sitzenden BH. Bei medikamentösen Therapien steht die pflegerische Beratung bei Nebenwirkungen im Vordergrund oder auch das Angebot der Ohr-Akupunktur.
Wir versuchen, die Betroffenen und deren Familien mit notwendigen und konkreten Informationen zu versorgen. Die Frauen haben viele Fragen rund um den Alltag und die Zukunft. Dafür bleibt häufig wenig Zeit bei einem Arztgespräch. Die Tätigkeit der BCCN ist deshalb für die Patientinnen, ihre Familien, aber auch als Teil des interdisziplinären Behandlungsteams wichtig und hilfreich.
Es gibt verschiedene Arten von Chemotherapien. Die einen führen zu Haarausfall, die anderen nicht. Bei drohendem Haarverlust bieten wir nebst einer ausführlichen Beratung die Möglichkeit einer Kopfhautkühlung. Dieses Angebot wird geschätzt, weil der allfällige Verlust der Haare reduziert werden kann.