Das Kauen der Betelnuss ist in Asien verbreitet und der Handel ein Milliardengeschäft. Die Betelnuss ist aber nicht nur Genussmittel, sondern auch heilende und heilige Substanz.

Wer durch Indien oder Südostasien reist, begegnet immer wieder freundlich lächelnden Gesichtern. Mitunter erschrickt man aber ob der roten Zähne, die dabei entblösst werden. Einige stecken in einem Rest von Zahnfleisch, andere sind lediglich noch Stümpfe. Diese Menschen kauen Betelnüsse. Etwa ein Zehntel der Weltbevölkerung konsumiert den Samen der orangeroten Steinfrucht der Betelpalme regelmässig. Menschen in Ostafrika oder Pakistan schwören genauso auf die stimulierende Wirkung der Nuss wie in Indien, Südostasien oder Papua-Neuguinea.

Die Betelpalme ist eine alte und edle Kulturpflanze und wird etwa 25 Meter hoch. In Indien beispielsweise säumt sie vielerorts Paläste und Parkanlagen.

Anregende Wirkung

Betelbissen heisst das Päckchen, das sich die Leute in die Backe schieben. Es besteht aus einem Mix von kleingeschnittenen Betelnüssen, Gewürzen wie Anis, Kurkuma, Ingwer, Kardamom, Koriander, Muskat und/oder Zimt und Tabak. Die Zutaten werden in Betelpfefferblätter gerollt. Der Betelpfeffer ist eine Kletterpflanze und nicht mit der Betelpalme verwandt. Die frischen Blätter enthalten ätherische Öle, die den bitteren Geschmack der Betelnuss mildern. Vorab werden sie mit wenig gelöschtem Kalk bestrichen, der während dem Kauen anregende Alkaloide freisetzt.

«Die Mischung wirkt stimulierend, fördert die Verdauung, stillt Hunger und Durst; lässt aber bei regelmässigem Genuss das Zahnfleisch schrumpfen und die Zähne ausfallen. Auch stumpfen mit der Zeit die Geschmacksnerven ab.»
Angela Bernetta

Und der Mix regt die Speichelproduktion an, färbt diesen rot. Deshalb spucken die Betelkauer ständig in alle Himmelsrichtungen. In Städten wie Mumbai oder Rangun kleben reihum blutrote Flecken auf den Strassen und an den Hauswänden. Dies geht bisweilen so weit, dass die lokalen Behörden Schilder anbringen, welche die Spuckenden zur Disziplin ermahnen. Es nützt nicht viel. Betelnussflecken kleben nun auch an den Ordnungstafeln.

Hohes Abhängigkeitsrisiko

Nicht erst seit gestern warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor einer möglichen Abhängigkeit, die der regelmässige Konsum von Betelbissen mit sich bringen kann. Dennoch oder vermutlich deshalb ist der Handel mit denselben ein Milliardengeschäft. Die stimulierende Substanz wird legal an Marktständen entlang der Strassen oder in Shops angeboten. In Taiwan setzt man gar auf Neonlicht und halbnackte Mädchen, sogenannte Betelnuss-Schönheiten, um Kunden anzulocken. Auch verweist die WHO auf ernsthafte Folgekrankheiten wie Mundhöhlenkrebs, die der Genuss nach sich ziehen kann. Studien zufolge scheint insbesondere das mit Tabak versetzte Produkt gesundheitsgefährdend. Verantwortliche in Ländern mit einem hohen Konsum fordern deshalb vermehrt eine systematische Aufklärung der Risiken.

Die Kehrseite der Nuss

Den frühen Konsum von Betelpäckchen legen Fragmente von Betelnüssen nahe, die Archäologen im Nordwesten von Thailand ausgegraben haben. Demzufolge scheint es wahrscheinlich, dass die Substanz bereits vor mehreren tausend Jahren konsumiert wurde.

Betelnüsse kennt man in Asien aber nicht nur als Genussmittel. Man sagt ihnen auch eine heilige und heilende Wirkung nach. Auch wird die Palme symbolisch als Ganesha verehrt, ein beliebter hinduistischer Gott mit Elefantenkopf, der für Erfolg und Wohlstand steht. Die Blüten der Betelpalme gehören zu den zeremoniellen Opferblumen der Hindus.

«Im Ayurveda, der traditionellen indischen Heilkunde, wendet man die Betelnuss bei Verdauungsstörungen und einem lädierten Nervenkostüm an.»
Angela Bernetta

Der Absud wird als kräftigendes Mittel gegen allerlei Beschwerden oder als Aphrodisiakum eingesetzt. Auch die chinesische und kambodschanische Medizin kennt die Substanz und setzt sie ähnlich ein. Im Iran wird sie, angereichert mit Zucker und Koriander, zur Einleitung der Geburt abgegeben. Und es wird berichtet, dass malaiische Zauberer und Giftmörder eine Mischung aus Nuss und Opium nutzen, um ihre Opfer zu betäuben und auszurauben.