Allein der kleine Rundgang durch die Produktionsstätten vor dem Interview zeigt eindrücklich, dass es hier nicht nur «um ein wenig Beschäftigung» geht: Die Stiftung Brändi bietet von Ateliers über qualifizierte Ausbildungen und unterschiedlichste Arbeitsplätze bis zu verschiedenen Wohnformen alles, um Menschen mit vorwiegend geistiger oder psychischer Beeinträchtigung ein erfülltes Leben zu ermöglichen.
In der Zentralschweiz ist Brändi sehr bekannt, die Stiftung ist ein Begriff in der Gesellschaft. Und auch wenn ich mich an meine Kindheit zurückerinnere: Schon da hat man Brändi selbstverständlich gekannt.
Aber Sie haben recht, Brändi Dog, das Spiel, ist es, was uns in der ganzen Schweiz bekanntgemacht hat; und wahrscheinlich gibt es immer noch viele Menschen, die dessen Hintergrund nicht kennen.
Ja, das Spiel ist zweifellos unser bestverkauftes Eigenprodukt. Ein weiterer beliebter Artikel ist der Brändi Grill: leicht und portabel, einfach zusammen- und auseinanderzubauen; und damit ideal für unterwegs, etwa auf Wanderungen.
Ich kann Ihnen das nicht exakt historisch belegen. Tatsache ist, dass der Standort Horw – rund 100 Meter von da, wo wir jetzt sitzen – der erste Standort der Stiftung Brändi war. Das Gebiet, der Boden dort hiess Brändi. Wie es zu der Bezeichnung gekommen ist, dafür gibt es zwei Versionen, die mündlich überliefert sind: Die eine ist, dass der Bauernhof, der dort gestanden hat, mehrmals abgebrannt ist: daher Brändi Hof. Die andere Variante besagt, dass der auf dem Hof wohnende Bauer spielsüchtig und hoch verschuldet war: der Geprellte bzw. der Gebrannte, «de Brännti» und schliesslich Brändi. Jedenfalls handelt es sich sicher um einen Flurnamen, nicht um ein Geschlecht.
Unser Angebot richtet sich vorwiegend an Menschen mit geistiger oder psychischer Beeinträchtigung. Also einerseits Personen mit Beeinträchtigungen wie etwa der Trisomie 21 (Down-Syndrom) oder Hirnverletzungen. Andererseits können das auch ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung), eine Autismus-Spektrum-Störung (ASS) oder Verhaltensauffälligkeiten sein. Das lässt sich auch nicht immer so klar abgrenzen.
Nein, das gehört nicht zu unserer Kernkompetenz. Vereinzelt kann das mal vorkommen, aber es ist kein fixes Angebot und ist im Allgemeinen nachgelagert an spezialisierte Angebote.
Ja, wir haben neun Standorte im Kanton Luzern mit insgesamt 1100 geschützten Arbeitsplätzen. Dazu kommen rund 700 Fachkräfte in der Betreuung und Administration; und ausserdem noch rund 280 Jugendliche in Ausbildung. Manche dieser Personen arbeiten bei uns, in unseren Unternehmen; viele sind aber auch extern, beispielsweise im Personalverleih, oder absolvieren eine Ausbildung im allgemeinen Arbeitsmarkt.
Verteilt auf sechs Wohnhäuser sind es 340 Plätze, in der Regel an den gleichen Standorten wie unsere produzierenden Unternehmen; aber auch externe Wohnformen.
Da gibt es verschiedene Wege und man muss auch unterscheiden, um welchen Bereich es sich handelt. Grundsätzlich wählen Menschen, die bei uns arbeiten, ihren Arbeitsplatz selbst aus. Voraussetzung dafür ist eine Kostenübernahmegarantie der IV (Invalidenversicherung). Weiter gibt es Heilpädagogische Schulen, wo Menschen mit Beeinträchtigung ihre Schulbildung durchlaufen und anschliessend einen geschützten Arbeitsplatz brauchen, weil sie nicht genügend Ressourcen für eine Ausbildung mitbringen.
Auch da sind es einerseits die Sonderschulen, die Ausbildungsplätze suchen; und andererseits Sozialämter und Sozialberatungszentren, die sich kümmern bzw. Unterstützung bieten. Dabei gibt es integrativ und separativ geschulte Schulabsolvierende, die basierend auf einer IV-Abklärung bzw. IV-Verfügung einen Ausbildungsplatz suchen via Schnuppern, Vorlehre oder Praktika. Dies kann bei uns intern stattfinden oder im allgemeinen Arbeitsmarkt via Supported Education.
Das ist abhängig davon, wo die Menschen arbeiten und wohnen möchten. Basis ist ebenfalls eine Kostenübernahmegarantie der IV. Aber natürlich gibt es auch eine starke Wechselwirkung: Wenn eine Person schon bei der Stiftung Brändi arbeitet, liegt es für sie nahe (im wahrsten Sinn des Wortes), auch dort zu wohnen – und umgekehrt.
Für Jugendliche bieten wir ein spezielles Wohnangebot «Wohnen in Ausbildung» an: Es richtet sich an junge Menschen, die etwa aus einem schwierigen sozialen Umfeld kommen und so bei uns wohnen, die Ausbildung absolvieren und die Berufsschule besuchen können. Das ermöglicht eine umfassende Betreuung und Begleitung; es können aber auch nur einzelne Elemente davon in Anspruch genommen werden.
Ja. Die Anzahl unserer geschützten Arbeitsplätze ist im Kantonalen Leistungsauftrag festgelegt und seit Jahren stabil. Bei den Ausbildungsplätzen für Jugendliche ist die Tendenz steigend, und zwar sowohl auf Angebots- wie auf Nachfrageseite; das geht sozusagen Hand in Hand.
Das Angebot geht von handwerklichen Tätigkeiten über den kaufmännischen Bereich bis hin zu Gärtnerei, Gastronomie und Druckereiarbeiten. Im Bereich Logistik haben wir ein Online-Versandzentrum, wo wir Dienstleistungen wie Lagerhaltung, Versand und Rechnungsstellung für Onlineshops anbieten.
Dort werden sie auch noch weiter begleitet und gefördert, so weit und so intensiv wie nötig. Fördern und fordern, darum geht’s; und dazu brauchen wir auch qualitativ hochstehende Arbeit. Zum Glück können wir dabei auf viele langjährige Auftraggeber zählen.
Menschen, die bei uns arbeiten, sind fähig, selbständig anreisen und arbeiten zu können. Wenn sie im Verlaufe der Zeit Ressourcen abbauen oder weniger belastbar werden, gibt es Zwischenangebote wie beispielsweise die «Tagesstruktur» oder niederschwellige, kreative Arbeiten in Werkgruppen.
Wir müssen immer am Ball bleiben, sonst würden wir den Anschluss verlieren und bei den Ausbildungen nicht mehr aktuell bleiben. Die Digitalisierung ist ein grosses Thema: In unserem Logistikzentrum beispielsweise sind die Mitarbeitenden nur noch mit Tablets unterwegs, ohne Papier und Stift.
Es gibt beides, denn wir haben auch eine interne Berufsschule, die vor drei Jahren neu gebaut worden und vollständig ausgerüstet ist. In der internen Schule kann der Leistungsdruck etwas reduziert und – dank der kleineren Klassen – die Betreuung entsprechend intensiviert werden.
Lernende, die eine klassische EFZ- oder EBA-Ausbildung absolvieren, besuchen die öffentliche Berufsschule. Sie profitieren von gezieltem Förderunterricht, der in unserer eigenen Berufsschule angeboten wird. Bei den zweijährigen Praktikerausbildungen PrA INSOS werden die allgemeinen Fächer in unserer Berufsschule unterrichtet, während der Fachunterricht direkt beim Arbeitsplatz erfolgt. Damit kann man auch Menschen mit weniger Ressourcen eine Ausbildung ermöglichen.
Ein Vorteil unserer Grösse ist es, dass wir zwischen den Ausbildungsstufen eine gewisse Durchlässigkeit anbieten und damit auch auf die Entwicklung, Entfaltung der Lernenden eingehen können.
Bei diesen Menschen geht es darum, den Druck zu reduzieren, den sie im ersten Arbeitsmarkt hätten; soziale Teilhabe und eine Tagesstruktur sind weitere wichtige Punkte. Insbesondere bei Personen mit psychischer Beeinträchtigung fehlt es oft an Konstanz; dies versuchen wir auszugleichen. Wie den meisten ist es auch Menschen mit Beeinträchtigung wichtig, einen sinnvollen Beitrag leisten zu können für die Gesellschaft.
… und gewinnen zunehmend an Bedeutung. Wir bieten nicht «einfach nur» Zimmer an, sondern haben auch Leute, die allein und in eigenen Wohnungen leben – mit mehr oder weniger Begleitung – und viele Aussenwohngruppen, die von uns betreut werden.
Entsprechend haben wir eine Wohnschule, wo nicht nur Waschen und Kochen auf dem Stundenplan stehen, sondern auch Themen wie Sozialkompetenz, Finanzen, Versicherungen und andere mehr.
Etwas mehr als 50 Prozent unseres Budgets erwirtschaften wir selbst mit den Erträgen aus unseren Dienstleistungen und unserem Wohnangebot. Die andere Hälfte setzt sich zusammen aus Beiträgen der IV für unsere beruflichen Massnahmen sowie Beiträgen des Kantons und der Gemeinden. Unser Gesamtbudget beträgt fürs aktuelle Jahr rund 96 Mio. CHF.
Sicher unsere Grösse, die Breite und die Stabilität unseres Angebots: Wir bieten viel – und dies nicht nur im Bereich der Arbeit und Ausbildung, sondern auch beim Wohnen. Ein weiteres Plus ist unsere Nähe zum lokalen Gewerbe, zur Industrie; natürlich auch sehr standortbezogen.
Vor allem die Tendenz zu ambulanten Angeboten. Insbesondere junge Menschen mit Beeinträchtigung wollen vermehrt selbständig oder in Wohngruppen wohnen. Oder sie wollen im allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein und «gecoached» werden.
Vom Personalverleih über Ausbildungsplätze bis zum Sprung in den ersten Arbeitsmarkt: Wir sind auf die Unterstützung der Wirtschaft angewiesen, die solche Arbeitsplätze schafft. Oft hören wir, das sei zwar wirtschaftlich ein «Nullsummenspiel» – aber eine Bereicherung für jedes Team.
Spielernatur oder Grillmeister*in? Die Stiftung Brändi stellt den Leser*innen der Schweizer Hausapotheke je ein Brändi Dog Spiel und einen Brändi Grill zur Verfügung.
Sind Sie interessiert? Dann schicken Sie eine E-Mail mit Ihrem Namen und der Adresse an service@schweizerhausapotheke.ch. Betreff: Spielernatur (für das Spiel) bzw. Grillmeisterin (für den Grill); Einsendeschluss: 30. Juni 2023