Ihren ersten Aufenthalt in einem Eisloch im Winter Anfang 2021 wird Lea Kusano nie vergessen: «Es war im zugefrorenen Schwarzsee und einfach mega», schwärmt die 43-jährige Bernerin.
Eiskaltes Wasser war aber für die dreifache Mutter nichts Neues: «Eisbaden und Winterschwimmen mache ich jetzt seit rund neun Jahren und habe darin viel Erfahrung.» Für Kusano ist nicht die Wassertemperatur entscheidend, ob sie reingeht, sondern «das Gefühl muss stimmen und ich muss mich fit fühlen». Sie kenne ihren Körper sehr gut und wisse, wie sie auf welche Umstände reagiere, sagt die Kommunikationsleiterin einer grossen Rechtskanzlei:
Lea Kusano fühlt sich übrigens im kalten Wasser so gut, dass sie am ersten Februarwochenende im rumänischen Oradea bei den ersten Europameisterschaften im Eisschwimmen die Farben der Schweiz vertrat. Sie selbst holte im weniger als 5 Grad kalten Wasser keine Medaille, «da mischten sogar ehemalige Olympiasieger*innen mit». Dennoch gab es für die Schweiz Edelmetall: Adrian Alejandro Wittwer erschwamm Bronze über 50 m Brust und Bianca Vescovi Silber über 100 m Brust sowie Bronze über 50 m Brust.
Wie kam aber Lea Kusano zu ihrem speziellen Hobby und was hat es ihr bislang gebracht? Die «Schweizer Hausapotheke» fragte nach:
Wasser gab es für mich schon immer. Das ist einfach mein Element. Ich wuchs nahe an der Aare auf und meine Mutter machte aktiv Wassersport. Ich bin seit Baby am Wasser.
Ich war vor rund neun Jahren in einer sehr schwierigen und belastenden Lebensphase. Dann las ich im «Magazin», der Beilage des «Tages-Anzeigers», eine Reportage von Christof Gertsch über eine Apnoe-Eistaucherin. Ich fühlte mich davon sofort getriggert.
Eine Nachbarin wollte eine Ausbildung zur Instruktorin in der Wim-Hof-Technik absolvieren (Anm. d. Red.: Wim Hof ist ein niederländischer Extremsportler. Die von ihm erfundene Atemtechnik soll dabei helfen, durch Eisbaden den Körper, aber vor allem die eigene Widerstandskraft zu stärken). Für diese Ausbildung suchte sie Schüler*innen, und ich kam so unter ihrer Betreuung zu meinem ersten Bad im eiskalten Aarewasser im Winter.
Grundsätzlich fühle ich mich im Wasser immer gut. Dort bin ich entspannt, egal ob warm oder kalt. Wenn es aber eisig ist, bin ich in diesem Moment komplett bei mir und nur auf die Atmung fokussiert.
Am Anfang ja. Doch heute ist es ein Automatismus.
Sich bewusst auf das Ausatmen konzentrieren. Das Einatmen passiert automatisch, das Ausatmen nicht. Ich sage: langsam und lang ausatmen. Dies ist die eigentliche Herausforderung beim Eisbaden. Die Atmung anzupassen, dauert jeweils vielleicht anderthalb Minuten, dann hat sich der Körper an die Situation gewöhnt.
Nein. Mir gelang es, meine Emotionen zu überlisten, indem ich mir verinnerlichte, dass ich in den zwei Minuten im eiskalten Wasser nicht sterben werde. Auch nicht dann, wenn ich den Atem für zwei Minuten anhalte.
Nein, nein. Ich bezog diese Möglichkeit nicht bewusst und objektiv in Betracht, sondern dieses Gefühl der Angst war einfach eine normale Reaktion. Aber klar, man muss sich immer des Risikos bewusst sein. Das Wasser ist sehr kalt und etwa eine Hypothermie, also eine gefährliche Unterkühlung, ist immer möglich.
Ohne eine Adaption an die Temperaturen darf man nie gleichzeitig Kopf und Körper im Wasser haben. Aber nicht die Wassertemperatur ist entscheidend, sondern der Wind. Darum sollte Bekleidung für danach immer parat sein. Ferner sollte man nie alleine und ungesichert sein.
Die wichtigste positive Auswirkung ist mein persönliches Wohlbefinden.
So bin ich heute selbst in extrem stressigen Situationen sehr viel ruhiger. Und schliesslich ist alles, was mental gesund ist, auch für den Körper gut.