Dass Pflanzen als Heilmittel verwendet werden, ist eine uralte Praxis. Trotz den im Chemielabor produzierten Medikamenten findet die Phytotherapie, auch Pflanzenheilkunde genannt, gerade heute regen Zuspruch. Ursachenforschung mit einem Experten.

Herr Birnstiel, wie verlief die Entwicklung der Phytotherapie, also die Verwendung von Pflanzen als Heilmittel?

Wohl für die meisten auf Chemie basierenden Medikamente gibt es Vorbilder in der Natur. Diese werden mit Blick auf eine möglichst kostengünstige und effiziente Produktion im Labor synthetisch nachgeahmt. Schon vor langer Zeit, namentlich in Asien, aber dann etwa ab dem frühen Mittelalter auch bei uns, wurde die Phytotherapie bereits systematisch angewandt.

Wie kam es eigentlich dazu, Pflanzen als Heilmittel einzusetzen?

In vielen Kulturen auf der ganzen Welt wurden Pflanzen für medizinische Zwecke verwendet, lange bevor diese Wirkung durch moderne Forschung bestätigt wurde. Gelehrte wie etwa Geistliche zerrieben Kräuter aller Art in Mörsern und vermischten sie zu spezifischen Wirkungen.

Phytotherapie scheint aktuell neuen Zulauf zu finden, oder?

Das ist korrekt.

«Einen gewissen Einfluss darauf scheint zuletzt auch die Corona-Krise genommen zu haben. Dadurch wurden viele noch umwelt- und gesundheitsbewusster. Naturprodukte erhielten einen neuen Aufschwung.»
Matthias Birnstiel

Wo liegt der Hauptunterschied zwischen den Naturprodukten und den Medikamenten aus dem Labor?

Synthetisch im Labor produzierte Medikamente sind vielfach für unseren Körper ein Fremdstoff, was zu Nebenwirkungen führen kann. Gewiss kann auch bei einem Phytoarzneimittel ein Wirkstoff nicht verträglich sein, doch die sehr selten auftretenden Nebenwirkungen sind zumeist nicht schwerwiegend.

Was für eine Rolle spielt hier die Beschaffenheit eines Medikaments?

Ein synthetisch hergestelltes Medikament ist viel reiner. Dadurch werden die Wirkstoffe vom Körper direkt und ungefiltert aufgenommen, was für den Organismus nicht immer gut verträglich ist.

«Bei einer Phytotherapie wirkt keine Monosubstanz, sondern dieses Mittel weist einen Cocktail an verschiedensten Substanzen auf. Es ist im Vergleich zum Laborprodukt nicht pur, was seine Verträglichkeit verbessert.»
Matthias Birnstiel

Gewürze spielen im Zusammenhang mit der Phytotherapie eine zentrale Rolle, weshalb?

Bekanntlich ist eigentlich jedes Gewürz aus einer Pflanze. Und so ist auch der therapeutische Hintergrund gegeben. Viele Gewürze haben aufgrund ihrer natürlichen chemischen Verbindungen Wirkungen auf die Gesundheit. So enthält etwa Kurkuma Curcumin, das entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften hat. Ferner weist Knoblauch antimikrobielle Eigenschaften auf. Oder Ingwer ist für seine Wirkung gegen Übelkeit bekannt.

Sie sind bei der Chrisana GmbH fachtechnischer Leiter. Diese Firma führt Natur- und Gesundheitsprodukte, darunter Zintona, ein auf Ingwer basierendes Produkt.

Genau. Zintona ist ein von der Swissmedic zugelassenes Phytoarzneimittel, an dem wir für die Schweiz die exklusiven Vertriebsrechte haben. Mit der gemahlenen Ingwerwurzel als Wirkstoff hilft es gegen Verdauungsstörungen, Magenbeschwerden sowie Reisekrankheit, die sogenannte Kinetose. Gerade die Wirkung gegen Schwindel, Übelkeit und Erbrechen nach einer vorbeugenden Einnahme vor einer Flug- oder Seereise ist erwiesen. Es ist zwar bereits seit rund 40 Jahren in der Schweiz erhältlich, doch zum Beispiel in diesem Sommer erzielten wir damit in der Reisesaison Rekordumsätze.

 

Martin Mäder