Zum Streit kann es sehr schnell kommen. Wird der Ton zunehmend gereizt, sollte man sich um versöhnliche Entspannung bemühen.

Ob Meinungsverschiedenheiten zu einem Scherbenhaufen oder zu neuen Lösungen führen, kann man oft selbst mitbestimmen. Denn nicht immer ist Schweigen tatsächlich Gold.

Familie Zehnder sitzt beim Abendessen. Vater Jan tippt amüsiert in sein Handy, offenbar erheitert ihn eine Nachricht auf dem Display. «Wir sitzen zusammen am Esstisch und du hast nichts Besseres zu tun, als auf dem Handy herumzuspielen», ärgert sich seine Frau. «Was bist du nur für ein miserables Vorbild für deine beiden Kinder», fügt sie empört an. Mit zornesrotem Gesicht packt Jan Zehnder sein Smartphone und verzieht sich in seinen Hobbyraum im Keller. Bis der Familienfrieden wieder einkehrt, wird es einige Tage dauern.

Eine Chance für Lösungen

Wo Menschen gemeinsam wohnen, arbeiten oder ihre Freizeit verbringen, kann es zu Meinungsverschiedenheiten kommen. Gestritten wird etwa um die Dauer der Badezimmerbenützung, um die Fahrweise im Strassenverkehr, um die Ordnung in der Waschküche sowie um den Umgang mit Geld. Wie Untersuchungen ergeben haben, lösen Finanzthemen besonders häufig Meinungsverschiedenheiten aus.

Nun sind Auseinandersetzungen nicht von vornherein negativ, im Idealfall führen sie zu besseren Lösungen. Es gilt aber einiges zu beachten. So wird, wer nie offensiv seinen Standpunkt vertritt, womöglich respektlos behandelt oder ausgenützt.

«Konflikte sind öfters nötig, um Grenzen zu setzen und den eigenen Bedürfnissen Beachtung zu verschaffen.»
Adrian Zeller

Am Arbeitsplatz oder im Verein können schwelende Missstimmungen, die nicht angesprochen werden, lähmend wirken, indem sie die Motivation und den Zusammenhalt untergraben.

Konflikte frühzeitig ansprechen

Die allermeisten Menschen mögen Auseinandersetzungen nicht und versuchen sie zu vermeiden. Die entsprechende Redewendung lautet: «Man schweigt dem Frieden zuliebe.» Doch nicht immer ist «Reden Silber und Schweigen Gold», wie eine andere Redensart besagt. Gelegentlich ist es besser, störendes Verhalten frühzeitig anzusprechen. Wartet man zu lange, können sich aufgestaute Gefühle entladen. Es rutschen leicht Beschimpfungen heraus, die man später bereut.

Nach einer heftigen Schimpftirade ist es oft schwierig, in der Familie, in der Verwandtschaft oder im Arbeitsteam wieder zu einem einigermassen harmonischen Miteinander zurückzufinden.

«Frühzeitig angesprochene Unstimmigkeiten ermöglichen eher ein sachliches Gespräch, bei dem man zu akzeptablen Kompromisslösungen kommt; Verletzungen werden so eher vermieden.»
Adrian Zeller

Wenn der Umgangston zunehmend gereizter wird, sollten die Warnleuchten aufblinken. Man kann den entsprechenden Tonfall direkt ansprechen: «Auf mich macht es den Eindruck, dass du mit etwas sehr unzufrieden bist. Bitte verrate mir, was dich stört.» Auf diese Weise wird die Ursache der Spannungen direkt angesprochen, damit kann man leichter zu einer Lösung kommen. Die Bemerkung: «Auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, sollten wir den Respekt voreinander nicht verlieren. Dein Umgangston stört mich», hilft mit, dass ein Konflikt nicht zu gegenseitigen Gehässigkeiten führt.

Die Sache mit der klaren Kommunikation

Spannungen entstehen vor allem dann, wenn die Interessen der Beteiligten stark voneinander abweichen.

«Laut Fachpersonen aus der Psychologie ist ein häufiger Auslöser für Streitigkeiten die Annahme, die andere Person müsse doch wissen, dass sie sich falsch verhält. Dieses Missverständnis tritt gehäuft bei Menschen auf, die seit längerer Zeit zusammen sind.»
Adrian Zeller

Der Vater nimmt an, dass die Teenager-Tochter im Badezimmer weiss, dass er sich dringend rasieren und duschen muss; er ärgert sich über die Trödelnde. Die kaufmännische Mitarbeiterin ihrerseits geht davon aus, dass ihre Kollegin weiss, dass sie auf die versprochenen Unterlagen wartet. Werden diese Erwartungen nicht erfüllt, kommt es zu Frustrationen. Die Folge sind ein gereizter Tonfall, feindselige Blicke oder kleine Racheaktionen.

Konflikte werden oft durch eine ungenaue Kommunikation angeheizt.

«Die digitalen Medien fördern Unklarheiten. Denn für die präzise Kommunikation sind neben den gesprochenen Worten auch die Stimmlage, die Mimik und die Gestik entscheidend.»
Adrian Zeller

Die angesprochene Person kann so besser einschätzen, ob eine Äusserung freundlich, ironisch oder ungeduldig gemeint ist. Emojis, die in der digitalen Kommunikation Stimmungs- und Gefühlslagen ausdrücken, vermitteln gelegentlich verwirrende Signale. Bei E-Mails, SMS oder auf WhatsApp fasst der/die Empfänger*in eine spassig gemeinte Bemerkung irrtümlich als kritische Anspielung auf. Eine dringende Bitte wird als Wunsch, der gelegentlich erfüllt werden sollte, fehlinterpretiert. Für wichtige oder heikle Themen sollte man den direkten Austausch, eine Videoschaltung oder das Telefongespräch wählen.

Tipps, um Konflikte gekonnt zu lösen

Konflikte laufen häufig nach einem ähnlichen Muster ab: Eine Person äussert Vorwürfe. Der kritisierte Mensch reagiert entweder mit einem Gegenangriff oder mit einer Rechtfertigung. Auseinandersetzungen zielen oft darauf ab, die andere Person zu einer Verhaltensänderung oder zu einem Schuldeingeständnis zu drängen. Dabei schaukeln sich die Wortgefechte immer weiter hoch. Beide hören sich kaum mehr zu, sie wollen ihr Anliegen mit einem zunehmend intensiveren Redeschwall durchsetzen. In der Folge verhärten sich die Fronten, eine Auflösung des Konflikts rückt in weite Ferne.

Eigenes Empfinden erwähnen

Zweckmässiger, als das Gegenüber frontal anzugreifen, ist es, über eigene Empfindungen zu sprechen, beispielsweise: «Ich bin sehr enttäuscht, dass du mein Vertrauen missbraucht hast.» Bei Konflikten sollte man sich möglichst auf die aktuelle Situation beschränken, ein Beispiel: «Du hast mich heute zwei Stunden warten lassen, ich habe mir Sorgen gemacht, ich fürchtete, es sei dir etwas zugestossen. Ich wäre froh gewesen, wenn du mich über die Verspätung informiert hättest.»

Lösungsvorschläge lindern Spannungen

Zielführender als Angriffe sind immer Lösungsvorschläge. Der Satz «Ich bin dankbar, wenn du jeweils den vollen Abfallsack unaufgefordert zum Abfallcontainer bringst» erzielt eine andere Wirkung als die Bemerkung «Braucht der Herr jedes Mal eine extra Einladung zum Entsorgen des vollen Kehrichtsacks?».

Den richtigen Zeitpunkt abwarten

Wichtig ist auch der richtige Zeitpunkt. So ist es gelegentlich besser, wenn man ein Streitgespräch vertagt und stattdessen einen Spaziergang an der frischen Luft unternimmt. Wichtig: Unter Einfluss von Alkohol eskalieren Konflikte leichter, deshalb sollte man nach Wein, Bier oder anderen Drinks keine Streitgespräche beginnen. Auch in Stressphasen sowie nach einem langen, anspruchsvollen Arbeitstag sollte man möglichst keine Meinungsverschiedenheiten austragen. Wenn es Themen zu klären gibt, wartet man besser eine ruhige, entspannte Phase ab.

Das passende Umfeld wählen

Ebenso sollte man das Umfeld passend wählen. Eine Person an einer Team- oder an einer Vorstandssitzung frontal anzugreifen, ist selten eine zielführende Strategie. Die kritisierte Person fühlt sich blossgestellt oder gar gedemütigt. Anstehende Differenzen bespricht man besser separat in kleiner Runde, damit niemand das Gesicht verliert und leichter einer Lösung zustimmen kann.