Der Säure-Basen-Haushalt in unserem Körper ist ein komplexes System. Die Ernährungsberaterin Dr. Nina Schweigert aus Kilchberg erklärt im folgenden Interview, wie er funktioniert und weshalb basenbildende Nahrungsmittel unserem Körper guttun.
Ob ein Nahrungsmittel im Körper sauer oder basisch verstoffwechselt wird, hängt nicht von der Empfindung auf der Zunge ab. Die Zitrone schmeckt zwar sauer, gehört aber – wie alle Früchte und Gemüse – zu den Basenbildnern. Unter anderem macht ein hoher Kaliumgehalt Nahrungsmittel basisch.
Der Säure-Basen-Haushalt ist ein Regulationssystem, das die Aufgabe hat, das Verhältnis von Säuren und Basen im Körper in sehr engen Grenzen konstant zu halten. Idealerweise sollte der pH-Wert in unserem Blut um 7,4 liegen. Ein konstanter pH-Wert ist wichtig, weil Stoffwechselreaktionen davon abhängig sind und die daran beteiligten Enzyme nur in diesem pH-Bereich optimal funktionieren.
Ja, wenn der pH-Wert im Blut unter 7,36 sinkt, spricht man von einer Übersäuerung, in der Fachsprache auch Azidose genannt. Bei Werten über 7,44 liegt eine Untersäuerung, eine Alkalose, vor. pH-Werte zwischen 7,36 und 7,44 haben keine Folgen für den Organismus; Werte ausserhalb dieses Toleranzbereiches weisen auf eine schwere Erkrankung hin, zum Beispiel auf einen Diabetes mellitus. Störungen im Säure-Basen-Haushalt können sich lebensbedrohlich auswirken. Allerdings muss man auch wissen, dass wir allein mit der Ernährung keine Übersäuerung des Blutes auslösen können, wenn keine Krankheit vorliegt. Schwankungen innerhalb des Toleranzbereiches treten ständig auf. Damit sie sich aber in Grenzen halten, gibt es im Körper verschiedene Puffersysteme. Dazu gehören der Gasaustausch in den Lungen bei der Atmung, die Ausscheidungsmechanismen der Nieren und das Puffersystem des Blutes.
Der pH-Wert des Urins lässt sich einfach und schnell zu Hause mit Teststreifen aus der Apotheke oder Drogerie messen. Dieser Wert sagt jedoch nichts über den pH-Wert des Blutes aus. Nur Extremwerte – also zum Beispiel ein pH-Wert im Urin unter 5 – können auf eine Übersäuerung im Blut hinweisen. Leider findet man im Internet immer wieder Seiten, die behaupten, dass sich eine Übersäuerung des Blutes mit Hilfe von Urinteststreifen feststellen lässt.
Die Diagnose einer Übersäuerung geschieht ausschliesslich über eine Blutanalyse. Da die Nahrungszufuhr oder eine intensive Atmung, zum Beispiel beim Sport, den pH-Wert des Blutes – innerhalb des Toleranzbereiches, der zwischen pH 7,36 und 7,44 liegt – beeinflussen, hat eine einzelne Messung nur wenig Aussagekraft. Man bräuchte eine ganze Messreihe, um festzustellen, ob der pH-Wert des Blutes ständig unter dem Sollwert von 7,4 liegt.
Im Gegensatz zum Blut ist es möglich, dass es durch einen hohen Konsum von Fleisch, Milchprodukten und Getreide zu einer Übersäuerung des Gewebes kommt.
Hier gilt zu beachten, dass diese Krankheiten auch andere Ursachen haben können.
Eine Übersäuerung des Gewebes kann auch zu einem Verlust an Knochenmasse, zu brüchigen Haaren und Nägeln und Verdauungsstörungen wie Sodbrennen führen. Eine Übersäuerung kann aber auch durch Durchfälle gefördert werden, weil dabei Alkalimetalle ausgeschieden werden, die im Körper eine Pufferfunktion haben. Weitere Faktoren sind Diabetes und Fasten. Heute sind viele Menschen auch übersäuert, weil sie gestresst durchs Leben gehen.
Ja, dazu gehört eine niedrige Zufuhr von mineralstoffreichen und basisch wirkenden Lebensmitteln. Ein Mangel an Mineralstoffen und Elektrolyten begünstigt die Übersäuerung. Auch die Flüssigkeitszufuhr und das Alter spielen eine Rolle. Wer wenig trinkt, scheidet vermindert Säure aus. Bei älteren Menschen reduziert sich die Säureausscheidung über die Nieren.
In der Vergangenheit war man überzeugt, dass die Haut bei einem pH-Wert von etwa 5,5 die beste Schutzbarriere gegen Bakterien und Viren bildet. Doch warum liegt ein Ungeborenes während neun Monaten im Fruchtwasser, dessen pH-Wert 8 beträgt? Ein basisches Milieu kann also für die Haut nicht schlecht sein. Ganz im Gegenteil, Experten in Sachen Basenkosmetik sind sich einig, dass sich der Feuchtigkeitsausgleich der Haut mit basischer Kosmetik besser reguliere. Sie sind überzeugt, dass basische Körperpflege Säuren neutralisiert, die über die Haut ausgeschieden werden; und auf die Haut beruhigend, mild, ausgleichend und erneuernd wirkt.
Wenig Bewegung oder kaum Sport können zu einer Übersäuerung führen. Wenn wir uns zu wenig bewegen, scheiden wir zu wenig Säure aus. Bei Sportlern kann sich allerdings Milchsäure im Gewebe ansammeln.
Am besten gelingt dies mit einer Ernährungsumstellung und notfalls mit der Einnahme von basenbildenden Mineralstoffsalzen. Zink- und manganhaltige Basenmischungen haben neben der basischen Wirkung auch die Fähigkeit, Enzyme im Körper zu aktivieren, die in der Lage sind, den Säure-Basen-Haushalt zu regulieren.
Alle Obst- und Gemüsesorten wirken basenbildend. Zu den besten Basenbildnern gehören getrocknete Feigen, Weintrauben, Spinat und Petersilie. Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte, Milchprodukte ausser Kefir und Molke und Getreide ausser Quinoa sind Säurebildner. Die meisten Menschen essen mehr Säure- als Basenbildner.
Tierisches Eiweiss: Fleisch, Fisch, Wurst, Meeresfrüchte, verarbeitete Milch und Milchprodukte
Alle Gemüsesorten, inkl. Kartoffeln
Obst und Gemüse sollten auf unserem Speiseplan überwiegen oder zumindest immer dazugehören. Ideal ist es, wenn die Hälfte des Tellers mit Gemüse und Salat belegt ist.
Ja, wer mehr basenbildende Nahrungsmittel konsumiert, nimmt automatisch mehr Obst und Gemüse zu sich, die vergleichsweise wenig Kalorien enthalten.