Dass wir alle manchmal Angst verspüren, ist völlig normal. Hätten wir keine Angst, wäre unser Leben gefährlich, denn ein gesunder Respekt vor gewissen Situationen kann uns vor manch Unheil bewahren. Bei zu viel Angst spricht man von einer Angststörung.

Gesunde Angst

Wir schnallen uns im Auto an, tragen Schutzmasken gegen das Corona-Virus, halten uns von Gefahrenquellen fern, schliessen nachts die Wohnung ab und wagen uns bei einem Unwetter nicht vor die Haustür. Das alles sind Massnahmen, die Sinn machen; denn wir wollen uns ja nicht unnötig in Gefahr bringen. Die Angst vor schlimmen Folgen eines Fehlverhaltens ist in diesen Fällen sicherlich ein guter Ratgeber.

Manche Menschen fürchten sich aber ständig: Zum Beispiel vor Krankheiten, anderen Menschen, eigenem Versagen, engen Räumen, Spinnen oder Prüfungen. Solche Angsterkrankungen können für die Betroffenen sehr belastend sein.

Wann ist Angst krankhaft?

Die Grenze zwischen normaler und krankhafter Angst ist gleitend. Wenn aber ständige Ängste das tägliche Leben negativ beeinflussen, besteht Handlungsbedarf. Wo die Lebensqualität leidet, Freundschaften und Beziehungen in die Brüche gehen, die eigene Gesundheit und die Psyche Schaden nehmen und Ängste mit Alkohol oder Tabletten in Schach gehalten werden müssen, ist der Fall klar: Es handelt sich um eine Angststörung.

«Wenn krankhafte Angst nicht behandelt wird, kann sie sich verselbstständigen. Die Betroffenen bekommen dann Angst vor der Angst und können darauf in gewissen Situationen unter anderem mit Panikattacken reagieren.»
Christiane Schittny

Diese äussern sich durch körperliche und psychische Symptome: Herzrasen, Atemnot, weiche Knie, Schwitzen, Zittern, Übelkeit und die Angst zu sterben, die Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden sind Beispiele dafür.

Wie entsteht Angst?

Verschiedene Faktoren können dazu beitragen, Angststörungen zu entwickeln. Ein Auslöser kann eine Reaktion auf persönlichen Stress sein, der beispielsweise auf traumatische Erlebnisse zurückzuführen ist. Wenn man sich der Situation nicht gewachsen fühlt und nicht weiss, wie man damit umgehen soll, können sich Ängste entwickeln, die in ähnlichen Situationen immer wieder aufflammen. Hier spielen auch das Umfeld, die erbliche Veranlagung und die psychische Belastbarkeit eine Rolle.

Ganz objektiv können auch Erkrankungen, bestimmte Medikamente und Drogen grosse Ängste auslösen: Menschen, die zum Beispiel unter Herzrhythmusstörungen, Atemnot, hohem Fieber, starken Schmerzen oder unheilbaren Krankheiten leiden, können Existenzängste entwickeln. Der Konsum von Alkohol, Aufputschmitteln, Kokain, Koffein oder Kortikosteroiden kann ebenfalls Angstgefühle auslösen, genau wie umgekehrt auch der Entzug von Alkohol, Beruhigungsmitteln  oder Drogen.

Diagnose und Ursachenfindung

In erster Linie ist es wichtig, eine sorgfältige Diagnose stellen zu lassen.

«Nur wenn der Grund der Angststörung bekannt ist, kann die Erkrankung gezielt und effektiv behandelt werden.»
Christiane Schittny

Wenn zum Beispiel eine körperliche Ursache der Angsterkrankung zugrunde liegt, kann diese oft spezifisch behandelt werden und die Angstzustände können auf diese Weise behoben oder mindestens gemildert werden. Auch wenn festgestellt wird, dass ein bestimmtes Medikament oder Suchtmittel die Ursache ist, können ein Absetzen oder eine Entziehungskur unter professioneller Aufsicht zum Erfolg führen.

Angsstörung medikamentös behandeln

Andernfalls kann der Arzt auch spezifische Medikamente einsetzen, die gegen die Ängste wirken. Benzodiazepine wirken erregungs- und angstlösend, beruhigend, schlaffördernd und muskelentspannend. Ihr Nachteil ist, dass sie, wenn sie unsachgemäss eingenommen werden, zu einer psychischen und physischen Abhängigkeit führen können. Das ist ein Grund dafür, weshalb heute eher Antidepressiva eingesetzt werden. Ihre Wirkung ist ebenfalls sehr gut, doch sie besitzen kaum Abhängigkeitspotential.

Kognitive Verhaltenstherapie gegen Ängste

Dies ist eine Form der Psychotherapie, bei der der Patient lernt, seine Ängste einzuordnen und zu verstehen, welche Denkabläufe seiner Angst zugrunde liegen. Durch die bewusste, stufenweise Konfrontation mit den angstauslösenden Situationen lernt die betroffene Person, dass sie ihre Angst in den Griff bekommen und mit der Zeit immer besser und selbstbewusster damit umgehen kann. Auch Patienten mit sehr starken Symptomen können auf diese Art meist erfolgreich behandelt werden.