Beim Langlaufen wird der Körper bewegt und der Geist kommt zur Ruhe. Eine Liebeserklärung an die einst als bieder geltende Volkssportart.

Leise knirscht der Schnee, wenn die Stockspitzen ihn leicht berühren, abwechselnd links und rechts, gleichmässig gleiten dazu die Langlaufski in der akkurat gespurten Loipe nach vorne. Ansonsten ist neben dem eigenen Atem und einigen wenigen Umgebungsgeräuschen nichts zu hören. Die Loipe zieht vorbei an verschneiten Tannen, weiter zu einsamen Holzhüttchen. In der Ferne verschwinden die Hotels und Ferienwohnungen des Bergorts.

«Fernab von überfüllten Skipisten und Hüttengaudi hat Langlaufen etwas Meditatives; der Körper ist in Bewegung und der Geist kommt zur Ruhe.»
Manuela Donati

Wachsendes Interesse

In den letzten Jahren hat sich das Image der einst als bieder geltenden Sportart grundlegend geändert: Volksläufe wie beispielsweise der Engadiner Skimarathon werden immer beliebter. 2018, bei der 50. Austragung, musste die Registrierung bei 14 200 Anmeldungen gar erstmals in der Geschichte geschlossen werden, wie es auf der Website heisst. Immer häufiger bewegen sich auch junge Menschen auf den Loipen; und spätestens im ersten Winter der Covid-Pandemie wurde Langlaufen von vielen Wintersportlerinnen und -sportlern als Möglichkeit entdeckt, Menschenansammlungen und enge Gondeln zu meiden. Das belegen auch die Verkaufszahlen des Schweizer Langlaufpasses: Über 15 000 Pässe mehr als im Vorjahr wurden im Winter 2020/2021 gemäss der Langlauf-Dachorganisation «Loipen Schweiz» gesamtschweizerisch verkauft – Tageskarten und lokale Abonnemente nicht eingerechnet.

«Für einen Betrag, mit dem in vielen grösseren Skigebieten gerade mal zwei Tageskarten erhältlich sind, kann mit dem Schweizer Langlaufpass die ganze Saison Sport betrieben werden.»
Manuela Donati

Der Pass kostet 160 Franken und gilt auf einem flächen­deckenden Loipennetz von rund 5500 Kilometern in der ganzen Schweiz. «In den letzten sechs, sieben Jahren haben wir ein wachsendes Interesse am Langlaufsport wahrgenommen», sagt Mariette Brunner, Präsidentin von Loipen Schweiz. Die Pandemie und die beiden schneereichen letzten Winter hätten für einen zusätzlichen Auftrieb gesorgt – und, «wenn der Schnee diese Saison bald kommt, ist eine Trendwende nicht zu erwarten.» Und natürlich besetzt ein vierfacher Olympia-Gewinner wie Dario Cologna den Sport zusätzlich mit einem positiven Image.

Wer hat’s erfunden?

Der Skilanglauf hat seine Wurzeln in Skandinavien. Sowohl Schweden als auch Finnland wollen beide im Besitz des ältesten Langlaufskis sein; beide Länder haben Exemplare in Museen, die älter als 2500 Jahre sein sollen.

Auch ausserhalb von Skandinavien banden sich Urvölker Bretter unter die Füsse, um sich im Schnee zu bewegen, wie Höhlenzeichnungen und Ritzungen auf Steinen belegen.

Während in Norwegen schon Anfang des 19. Jahrhunderts erste Langlaufrennen stattfanden, wurde die Sportart in den zentraleuropäischen Alpenländern erst Mitte des 20. Jahrhunderts richtig entdeckt und praktiziert. 1924 wurde Langlaufen in das Programm der Olympischen Winterspiele aufgenommen.

Sportart mit vielen Vorteilen

Langlaufen hat viele Pluspunkte, oder, um es mit den Worten von Präsidentin Mariette Brunner zu sagen: «Langlaufen hat für alle etwas, es gibt Loipen mit verschiedenen Niveaus und zwei Stilarten.» Viele würden den Langlaufsport auch als Ergänzung zu Velofahren nutzen, um im Winter fit zu bleiben.

So ist Langlaufen auch für Einsteiger*innen einfach auszuführen und hat viele positive Auswirkungen auf die Gesundheit:

«Von den Beinen über das Gesäss und den ganzen Oberkörper – beim Langlaufen werden rund 90 Prozent der Muskeln im Körper aktiviert.»
Manuela Donati

Da Tempo und Intensität, beispielsweise durch Steigung der Piste, selbst gewählt werden können, gilt Langlaufen als «sanfte» Sportart – trotzdem werden bis zu 900 Kilokalorien pro Stunde verbrannt. Bei geringem Verletzungsrisiko fördert Langlaufen Ausdauer und Koordination gleichermassen, aktiviert den Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System.

Ein weiterer Pluspunkt: Im Vergleich mit anderen Wintersportarten ist Langlaufen günstig. Sowohl Miete als auch Kauf von Ski und Schuhen sind billiger als bei Pistenski oder Snowboards, dasselbe gilt für die Sportbekleidung.

Zwei Laufstile

Unterschieden wird zwischen den zwei Laufstilen «Klassisch» und «Skating». Für Einsteiger*innen ist die klassische Technik ideal: Dabei sind die Ski parallel in der Loipe, mittels Diagonalschritt im Geh- oder Lauftempo bewegen sich die Sportlerinnen und Sportler vorwärts. «Einsteiger können gut mit einer Art ‹Langlauf-Wandern› beginnen», gibt Mariette Brunner als Tipp. «Sie bewegen sich mit Ski und Stöcken in der Loipe und kommen so langsam ins Gleitgefühl.»

Langlaufen, die wiederentdeckte Trendsportart

Schneller und dynamischer ist die Skating-Technik: Mit ähnlichen Bewegungen wie beim Schlittschuhfahren wird ausserhalb der Loipen auf einer festen Piste geskatet. Für diese Technik wird mehr Ausdauer und Beinkraft benötigt, weshalb sich vor allem erfahrene und sportliche Langläufer*innen daran wagen. «Beim Skating braucht man durch die Gewichtsverlagerung von links auf rechts eine gute Balance. Mit Alpinski- oder Schlittschuh-Erfahrung ist das aber gut machbar», sagt Mariette Brunner.

Wer ganz die Einsamkeit der Natur sucht, der kann mit kürzeren und breiteren Langlaufski auch im Tiefschnee, also ausserhalb der gemachten Loipen und Pisten, unterwegs sein. Diese als «Querfeld-Langlauf» bekannte Skating-Variante wird hauptsächlich in Skandinavien, Tschechien und Frankreich betrieben.

Tipps für Einsteiger*innen

Wer sich nun diesen Winter zum ersten Mal im Langlaufen versuchen will, sollte vor dem Start auf der Loipe einige grundlegende Punkte beachten: Grösse und Gewicht bestimmen die Wahl der Ski, das Können deren Breite. Schmale Ski sind leichter und schneller, allerdings ist es schwieriger, auf ihnen die Balance zu halten. Die Länge der Stöcke wird entsprechend der Körpergrösse eingestellt. Die richtige Höhe der Stöcke ist zentral, beeinflussen doch zu kurze oder zu hohe Stöcke massgeblich das Fahrverhalten und -vergnügen. Bevor eine unpassende Ausrüstung die Freude am Wintersport trübt, bieten sich deshalb eine Beratung im Sportgeschäft sowie ein Einsteigerkurs an.

Langlaufen, die wiederentdeckte Trendsportart

Was viele Freizeitsportler*innen nicht wissen: Auch beim Langlaufen gibt es «Verkehrsregeln». Diese Verhaltensregeln für die Loipen sind bei den meisten Gebieten auf Infotafeln in den Langlaufzentren und an den Loipen zu finden. So gilt auf den Loipen der Rechtsvortritt, bei mehrspurigen Loipen wird auf der äussersten Spur gelaufen. Wer überholen will, kann das von links und rechts, bei Gegenverkehr gilt es, nach rechts auszuweichen. Wer von oben kommt, hat Vortritt. Ein grosszügig gewählter Abstand zu anderen Langläuferinnen und -läufern verhindert Auffahrunfälle. Damit die Stöcke andere Läufer*innen nicht verletzen, bleiben sie beim Kreuzen oder Überholen eng am Körper.

Wichtig ist auch die richtige Bekleidung. Da man beim Langlaufen meistens in Bewegung ist, sind atmungsaktive Kleider ideal; das «Zwiebelprinzip» oder eine warme und leichte Daunenjacke schützen den Körper bei Pausen. Windundurchlässige und wasserfeste Kleidung hält bei jedem Winterwetter warm und trocken. Sonnencreme und eine Thermoskanne mit warmem Tee oder einem isotonischen Getränk gehören natürlich auch in den im Langlaufzentrum deponierten Rucksack.

Ab auf die Bretter! Den Langlaufpass sowie weitere Informationen zum Langlaufsport finden Sie unter

langlauf.ch