Viele Menschen hierzulande schlafen regelmässig schlecht. Philipp Valko, Facharzt für Neurologie und Schlafmedizin am Zentrum für Schlaf- und Stressmedizin der Klinik Hirslanden in Zürich, erklärt, wieso das so ist, und was man gegen Schlafstörungen machen kann.
Gründe, wieso Menschen schlecht schlafen, gibt es viele. Stress im Alltag oder ein Schicksalsschlag können Schlafstörungen genauso begünstigen wie ein Schlafapnoe- oder ein Restless-Legs-Syndrom, also eine chronische Erkrankung.
Jein. Zum einen gibt es körperliche und zum anderen psychophysiologische Ursachen, die am häufigsten Schlafstörungen verursachen.
Wer etwa unter Prüfungsstress leidet oder eine akute Trennung durchlebt, schläft häufig schlecht. Bei vielen Menschen legt sich die Schlafstörung nach einer schwierigen Phase wieder. Aber nicht bei allen.
Betroffene liegen nachts wach, ihre Gedanken kreisen zunehmend in einer negativen Spirale und belasten emotional, da man etwa die Folgen der Schlaflosigkeit tags darauf fürchtet.
Daneben sind Schlafstörungen auch bei den meisten psychiatrischen Krankheiten sehr häufig.
Genau. Stichwort Schlafstress. Sobald man sich zu sehr mit dem eigenen Schlaf beschäftigt, nimmt das Unheil seinen Lauf.
Absolut.
Schlafmediziner*innen behandeln Schlafstörungen nach Möglichkeit nicht mit Schlafmitteln. Liegt ein Notfall oder eine akute Stresssituation wie ein Todesfall vor, der Schlaflosigkeit über mehrere Nächte nach sich zieht, kann die Einnahme eines Schlafmittels, etwa ein Benzodiazepin zur Überbrückung der schwierigsten Phase, während ein bis zwei Wochen verantwortet werden.
Ergeben die Abklärungen keine körperlichen Ursachen wie eine Schafapnoe, also eine Erkrankung, bei der die Atmung während des Schlafs wiederholt kurzzeitig aussetzt, oder eine Schlaf-Wach-Rhythmusstörung, behandeln wir Patient*innen, die an Schlafstress leiden, mit einer kognitiven Verhaltenstherapie. Dabei begegnet man schlechtem Schlaf mit einer guten Schlafhygiene wie regelmässige Aufsteh- und Schlafenszeiten, wenig essen, rauchen, trinken oder Sport treiben am Abend und sich rund zwei Stunden vor dem Schlafengehen vom Blaulicht der Bildschirme verabschieden. Dieses Licht unterdrückt nämlich die Produktion von Melatonin, das am Abend ansteigt und uns müde macht.
Nachts können Entspannungs- und Atemtechniken oder die progressive Muskelentspannung nach Jacobson Einschlafhilfe sein.
Bei Menschen, die das Selbstvertrauen in die eigene Schlafkompetenz verloren haben, kann eine Schlafrestriktion helfen. Dabei wird die Schlafzeit des Patienten/der Patientin jeweils von Woche zu Woche durch ein Schlaffenster festgelegt – etwa von 24 bis 6 Uhr. Diese Zeit darf der/die Schlafgestörte im Bett verbringen. In der übrigen Zeit darf er/sie sich weder ins Bett legen noch tagsüber schlafen.
Neben der kognitiven Verhaltenstherapie, der Schlafrestriktion, Medikamenten und der Behandlung von chronischen Erkrankungen gibt es viele Mittel gegen Schlafstörungen, die aber nicht evidenzbasiert sind. Man kann Kräutertees trinken, die Ernährung umstellen oder warme Socken im Bett tragen. Einer Studie zufolge soll dies den Einschlafprozess begünstigen. Hypnose, Ayurveda oder Aktivierungsmassnahmen wie tagsüber mehr Sport treiben, Biofeedback, Yoga, Homöopathie oder Akupunktur können wirken. Zu diesen alternativen Methoden liegen allerdings keine aussagekräftigen Studien vor.