Der Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache in der Schweiz. Wie er sich äussert und warum schnelles Handeln so wichtig ist, erklärt Prof. Leo Bonati, Chefarzt und Medizinischer Direktor der Reha Rheinfelden.
Bei einem Schlaganfall kommt es zu einer akuten Störung der Hirndurchblutung, die zu einem Ausfall der Hirnfunktionen führt. In 85 Prozent der Fälle wird eine Arterie durch ein Blutgerinnsel verstopft. Das Hirn wird in der Folge zu wenig mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Seltener steckt hinter dem Schlaganfall eine Hirnblutung, das heisst, Blut tritt ins Hirngewebe aus oder sammelt sich zwischen der Hirnoberfläche und der Hirnhaut an.
Jedes Jahr sind zwischen 16000 und 17000 Patientinnen und Patienten davon betroffen.
Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter und verdoppelt sich ab 55 alle 10 Jahre. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Für den Schlaganfall gibt es drei häufige Ursachen.
So kann es zum Beispiel im Herz zur Bildung von Blutgerinnseln kommen, welche im Blutstrom mitschwimmen und dann eine Hirnarterie verschliessen. Dies kann beispielsweise beim Vorhofflimmern, einer Herzrhythmusstörung, auftreten.
Durch Cholesterinablagerungen kann eine Einengung der Halsschlagader oder anderer Arterien verursacht werden.
Als dritte Ursache können sich mikroskopisch kleine Hirnarterien direkt verschliessen. Daneben existiert jedoch eine Vielzahl weiterer möglicher Ursachen für den Schlaganfall.
Bluthochdruck gehört neben hohem Cholesterin, Diabetes, Alkoholkonsum, Rauchen, Übergewicht und dem Schlafapnoe-Syndrom zu den wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren. Das Alter ist der wichtigste nicht beeinflussbare Risikofaktor, und die Gene spielen ebenfalls eine Rolle. Wenn in einer Familie jemand in jüngerem Alter einen Schlaganfall erlitten hat, ist das Risiko für die Nachkommen erhöht. Dafür sind verschiedene Gene verantwortlich, die oft im Zusammenhang mit Bluthochdruck und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen.
Die Symptome hängen davon ab, wo die Durchblutung im Hirn gestört ist. Zeichen für einen Schlaganfall sind plötzliche Lähmungserscheinungen auf einer Körperhälfte. Diese können auch nur ein Bein, einen Arm oder eine Gesichtshälfte betreffen. Eine plötzliche Störung der Berührungsempfindlichkeit auf einer Körperhälfte, Sprach- und Sprechstörungen, plötzlicher Schwindel mit Gehstörungen und plötzliche Sehstörungen wie Doppelbilder oder einseitige Erblindung können ebenfalls Symptome eines Schlaganfalls sein.
Man sollte sofort den Rettungsdienst unter 144 alarmieren. So kann sichergestellt werden, dass Patientinnen und Patienten bei Verdacht auf einen Schlaganfall in ein spezialisiertes Zentrum gebracht werden. Der Zeitfaktor beeinflusst die Prognose sehr stark. Auf keinen Fall sollte man sich bei Anzeichen für einen Schlaganfall zuerst zum Hausarzt begeben oder selbst die nächste Notfallstation aufsuchen, denn nicht alle Spitäler sind in der Lage, die Akutbehandlung durchzuführen. Bis zum Eintreffen des Rettungsdiensts soll man keine Medikamente einnehmen und sich am besten hinlegen.
Die Prognose hängt davon ab, wie rasch eine verschlossene Arterie wieder geöffnet oder die Ursache einer Blutung im Hirn behandelt werden kann.
Ohne rechtzeitige Behandlung können die oben erwähnten Symptome wie Sprachstörungen, Lähmungen, Gangstörung oder gar eine Gehunfähigkeit bestehen bleiben und die Selbstständigkeit im Alltag einschränken.
Der Schlaganfall ist die häufigste Ursache für eine erworbene Behinderung im Erwachsenenalter. Nach Alzheimer ist der Schlaganfall zudem die zweithäufigste Ursache für Demenz.
Ein Schlaganfall kann zu Bewegungsmangel oder Immobilität führen, die das Risiko für Thrombosen erhöhen. Gleichgewichtsstörungen erhöhen das Risiko für Stürze und Verletzungen. Schluckstörungen können zu Lungenentzündungen führen. Diese Folgeprobleme können tödlich enden.
Während der Akutbehandlung wird versucht, die verschlossene Hirnarterie möglichst schnell zu eröffnen. Das geschieht mit starken Blutverdünnern, die venös verabreicht werden. Bei grösseren Blutgerinnseln wird ein Katheter über die Leistenarterie bis zum Verschluss geschoben, wo das Gerinnsel gelöst oder herausgezogen wird. Diese Massnahmen kann man jedoch nur in den ersten Stunden nach dem Ereignis einsetzen. Heute hat sich der Zeitraum, in der eine solche Behandlung möglich ist, zwar vergrössert; dennoch bleibt es essenziell, möglichst schnell mit einer Behandlung zu beginnen.
Steckt hinter einem Hirnschlag eine Blutung, muss der Blutdruck möglichst schnell gesenkt werden. Die Wirkung von blutverdünnenden Medikamenten muss aufgehoben werden. Vielversprechende Ergebnisse zeigt gemäss ersten Daten auch ein minimalinvasiver, neurochirurgischer Eingriff, bei dem die Blutansammlung abgesaugt wird. Auch bei dieser Massnahme spielt der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle.
Die Behandlung hängt von den Symptomen ab. Mit Physiotherapie lässt sich das Gleichgewicht, die Gehfähigkeit und die Kraft verbessern. Im Rahmen eines Forschungsprojektes erhalten unsere Patientinnen und Patienten eine App mit einem massgeschneiderten Programm. Damit können sie die Übungen nach dem Klinikaufenthalt zu Hause weiterführen.
Bei Sprech- und Schluckstörungen kann die Logopädie weiterhelfen. Die ergotherapeutische Behandlung verbessert die Feinmotorik und erhöht die Chance auf eine Rückkehr in den Alltag mit dem gezielten Training alltagsrelevanter Funktionen. Neuropsychologische Abklärungen und Behandlungsmassnahmen brauchen vor allem Patientinnen und Patienten, die Mühe mit dem Gedächtnis und der Konzentration haben. Dies ist unter anderem auch sehr wichtig für die Wiedereingliederung in den Beruf.
Da ein Schlaganfall in der Regel aus heiterem Himmel kommt, brauchen viele Betroffene auch Unterstützung durch die klinische Psychologie. Diese kann ihnen helfen, die Krankheit zu bewältigen und mit den Einschränkungen umzugehen. Unser Sozialdienst organisiert die Nachbetreuung und unterstützt, wenn es um Anpassungen und Beratungen zu Hause, an einem Übergangsort oder im Beruf geht.
In unserer Klinik in Rheinfelden und in unserem ambulanten Behandlungszentrum Reha City am Bahnhof Basel bieten wir viele weitere Tagesklinikangebote und ambulante Therapien an, die auf die Einschränkungen der Betroffenen zugeschnitten sind und zu einer nachhaltigen Erholung unserer Patientinnen und Patienten nach dem Klinikaufenthalt beitragen.
Zugrunde gegangene Hirnzellen können nicht wieder funktionsfähig gemacht werden. Vielmehr ist es während der Rehabilitation aber durch gezieltes Training der wesentlichen Fähigkeiten möglich, den Aufbau neuer Verbindungen zwischen intakten Hirnarealen zu fördern. Diese übernehmen dann teilweise die verlorenen Funktionen. Diese Anpassungsfähigkeit des Gehirns bildet zusammen mit einer gezielten Rehabilitationsbehandlung die Grundlage für die Erholung nach einem Schlaganfall.
Das ist sehr individuell. Bei einem leichteren Schlaganfall können zwei bis drei Wochen ausreichen. In schwereren Fällen kann es bis zu einem halben Jahr dauern. Nach drei Monaten erholen sich 30 Prozent der Betroffenen komplett, 40 Prozent haben noch Symptome und gewisse Einschränkungen, können ihren Alltag aber selbstständig bewältigen, 20 Prozent leiden an einer mittelschweren bis schweren Behinderung und 10 Prozent versterben.