Der Duft gebratener Maronen, der durch die Gassen zieht, ist ein untrügliches Zeichen, dass die kalte Jahreszeit vor der Türe steht. Was gibt es Schöneres, als die feinen Kastanien zu geniessen und sich an der Tüte die Hände zu wärmen.

Gesunde Früchte und Blätter

Dabei tut man auch der Gesundheit Gutes; denn Kastanien enthalten viel Kalium und Magnesium, B-Vitamine, die Vitamine C und E und Folsäure. Sie wirken im Körper basenüberschüssig, helfen also gegen die weit verbreitete Körperübersäuerung.

Doch nicht nur die Früchte halten uns gesund, die Blätter der Edelkastanie sind im Mittelmeerraum ein bewährtes Hausmittel bei Halsschmerzen, Atemwegserkrankungen, Keuchhusten, Durchfall und Hautinfektionen. Als Wirkstoffe kennt man Gerbstoffe, Flavonoide, Sitosterole, Triterpene, Chinasäuren, Vitamin C.

«Neueste Studien zeigen, dass Blattextrakte antibakterielle Wirkung haben, ja sogar zuverlässig multiresistente Staphylokokken hemmen, die als Spitalkeime so gefürchtet sind.»
Ursula Glauser-Spahni

Dabei tötet der Extrakt die Bakterien nicht ab, hindert sie aber daran, miteinander zu kommunizieren und ihre gefährlichen Giftstoffe zu bilden. Die Edelkastanie entwaffnet die mikrobiellen Bösewichte sozusagen.

Botanik

Die Edelkastanie (Castanea sativa) stammt aus der Familie der Buchengewächse und ist trotz des ähnlichen Namens nicht mit der Rosskastanie verwandt. Ihre Heimat liegt in Kleinasien; die Römer brachten sie vor mehr als 2000 Jahren nach Mitteleuropa.

Die Edelkastanie wächst nicht besonders hoch, rund 25 Meter, aber die ausladende Krone und der dicke, im Alter oft hohle Stamm, machen sie zu einer eindrücklichen Baumpersönlichkeit. Im Alter kann die Krone brechen, was aber für die vitale Pflanze noch lange nicht das Ende bedeutet: aus der Basis treiben neue Stämmchen und entwickeln sich wieder zu stattlichen Bäumen.

Auch ökologisch ist die Kastanie wertvoll, sie beherbergt viele Insekten, aber auch seltene Flechten und Moose. Sie wurde übrigens zum Baum des Jahres 2018 gewählt, was gut passt, erträgt sie doch problemlos Hitze und Trockenheit. Die Edelkastanie ist ein Baum voll Licht und Schatten. Ihre dunkelgrünen Blätter und die knorrige Wuchsform lassen sie auf den ersten Blick ernst erscheinen. Die glänzenden, dunklen Blattoberseiten spiegeln jedoch das einfallende Licht. Zusammen mit den hellen Blattunterseiten ergeben sich wunderbare Licht-Dunkel-Effekte, wenn der Wind durch die Blätter der Edelkastanie streicht.

Im Frühsommer verleihen die perlenweissen Blütenkätzchen, im Herbst die lichtgrünen Fruchtigel dem Baum eine heitere Note. Die nahrhaften Nüsse sitzen gut geschützt in den stachelbewehrten Fruchtbechern. Aber in der Reife, wenn sie zu Boden fallen, bricht die Stachelschale auf und die Edelkastanie lässt andere Lebewesen am Überfluss teilhaben.

Brot der Armen

Die älteste Edelkastanie – und vermutlich der einst weltweit dickste Baum – steht am Fuss des Ätna; ihr Alter wird auf 2000 Jahre geschätzt! Ende des 18. Jahrhunderts hatte sie einen Umfang von 60 Metern, heute sind noch drei Stämme übrig. Sie trägt sogar einen Namen: die «Kastanie der hundert Pferde». Der Legende nach soll nämlich die Königin von Aragona samt ihren hundert Reitern bei einem Gewitter Schutz unter der riesigen Krone gefunden haben.

Edelkastanien tragen jedes Jahr Früchte und bildeten damit eine verlässliche Nahrungsgrundlage für die Bergbevölkerung. Getrocknet oder als Mehl sind die Kastanien mindestens zwei Jahre haltbar.

Anfang des 20. Jahrhunderts waren allein im Tessin noch 150 verschiedene Sorten bekannt. Die Nutzung war klar geregelt: der Waldbesitzer erntete im November, danach gehörten die restlichen Früchte den Armen.

«Die stacheligen Fruchtbecher enthalten fast immer drei Kastanien; die Legende sagt, dass die erste für den Besitzer bestimmt sei, die zweite für den Bauern, der die Bäume pflegt, und die dritte für die Armen.»
Ursula Glauser-Spahni
Edelkastanien

Für mehr Vitalität und Energie

Der englische Arzt Dr. Edward Bach erkannte in der Edelkastanie ein Mittel für seine Blütentherapie. Die Blütenessenz des Baumes, der niemals aufgibt, sich immer wieder aus sich selbst erneuert und der eine unglaubliche Vitalität besitzt, gibt in Zeiten grösster seelischer Not Durchhaltevermögen und verleiht neuen Lebensmut und Vertrauen – ein Licht in der seelischen Nacht.

Die Gemmotherapie verwendet die Essenz aus den Knospen, sie bringt im Organismus gestaute Energien wieder zum Fliessen. Die Nieren gelten in der traditionell chinesischen Medizin als Wurzel der Lebensenergie. Wenn das Nieren-Yang als «Feuer der Lebenspforte» schwach ist, stockt der Wasserkreislauf im Körper.

«Die Knospenessenz der Edelkastanie facht das Nierenfeuer an und bringt den Wasserkreislauf wieder in Schwung. Das Lymphsystem wird entstaut; Ödeme, die durch eine schlechte Lymphzirkulation bedingt sind, werden abgebaut.»
Ursula Glauser-Spahni

Bei Bronchitis, Husten und Keuchhusten hilft die Knospenessenz, den Schleim zu verflüssigen und abzuhusten. Die Essenz hilft ebenfalls bei Rückenschwäche und Hexenschuss (Lumbago); denn diese sind Zeichen schwacher Nierenenergie. Und nicht zuletzt gibt die Edelkastanie jedem Patienten mehr Vitalität und Energie.